# taz.de -- Kramp-Karrenbauers Vorstoß: Profilierungsversuch per SMS
       
       > CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer will eine Schutzzone in Nordsyrien
       > errichten. SPD und internationale Partner sind irritiert.
       
 (IMG) Bild: Annegret Kramp-Karrenbauers „SMS-Diplomatie“ kam bei Heiko Maas nicht gut an
       
       BERLIN taz/afp | Dienstagmittag, Pressekonferenz im Auswärtigen Amt, ein
       Routinetermin. Heiko Maas lobt die florierenden Beziehungen mit Litauen,
       dessen Außenminister Antanas Linkevičius neben ihm freundlich nickt.
       
       Doch Aufmerksamkeit erregt etwas anderes: der spektakuläre Vorschlag der
       CDU-Chefin und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, eine
       Sicherheitszone in Nordsyrien einzurichten. Sie hat Maas am Vortag per SMS
       darüber informiert – ungewöhnlich, immerhin geht es um den Kernbereich des
       Außenministers. „Von SMS-Diplomatie halte ich wenig“, sagt Maas, ohne eine
       Miene zu verziehen.
       
       Der Außenminister betont die „hohen Hürden für eine internationale
       Initiative“. Zu Kramp-Karrenbauers Idee „erreichen uns seit gestern doch
       einige Fragen unserer Verbündeten“. Die Nato-Partner seien einigermaßen
       irritiert, was dieser Vorschlag genau zu bedeuten habe. SPD-Fraktionschef
       Rolf Mützenich wird später noch deutlicher. Wenn unsere Partner „ganz
       aufgeregt im Auswärtigen Amt anrufen“, sei das „nicht gut“.
       
       Noch schärfer kommentiert die Grünen-Außenpolitikerin Franziska Brantner
       den Vorschlag. „Frau Kramp-Karrenbauer will sich offenbar vor allem selbst
       wichtig machen. Ehrlich gesagt wirft der Vorschlag mehr Fragen auf, als er
       Antworten gibt“, sagt die Oppositionsabgeordnete der taz.
       
       ## Ineffektiver Alleingang
       
       Am Montagabend präsentierte Kramp-Karrenbauer ihren Vorschlag parallel in
       drei Fernsehinterviews. In Nordsyrien, „in dem Gebiet, in das die Türkei
       einmarschiert ist“, solle eine internationale Schutzzone entstehen.
       Russland und die Türkei sollen in die Planungen einbezogen werden. Im
       Rahmen des am Donnerstag anstehenden Nato-Treffens wolle sie darüber mit
       den Partnerstaaten beraten. Konkreter wird die Verteidigungsministerin
       bislang nicht.
       
       Vor allem aber: Abgestimmt hat sie ihren Vorschlag mit kaum jemandem.
       Mützenich zufolge hat man am Sonntagabend beim Koalitionsausschuss eine
       Stunde über Nordsyrien gesprochen – ohne dass die CDU-Chefin ein Wort über
       ihre Pläne verlor. Offenbar hat sie nicht einmal die Schwesterpartei CSU
       vorab informiert.
       
       Die Irritation war offenbar so groß, dass es am Rande der
       Fraktionssitzungen beider Koalitionspartner am Dienstag zu einem
       kurzfristigen Treffen mit Außenminister Maas, Finanzminister Olaf Scholz
       (SPD), Kramp-Karrenbauer und Merkel kam. In der CDU/CSU-Fraktionssitzung
       äußerte sich Merkel dann positiv. Die Idee sei es „allemal wert, dass man
       versucht, sie umzusetzen“, sagte sie laut Teilnehmer*innen. „Wir haben die
       Pflicht, Lösungen für die Krise zu suchen.“ Dennoch bleibt die Vermutung:
       Handelt es sich um einen Profilierungsversuch Akks?
       
       In dieser Woche ist die Verteidigungsministerin seit hundert Tagen im Amt,
       es ist Zeit für die ersten Bilanzen. Große Schnitzer hatte sich
       Kramp-Karrenbauer in den ersten drei Monaten zwar nicht geleistet. Aktiv
       profilieren konnte sie sich bisher aber auch nicht. Für eine Frau, die
       Kanzlerkandidatin werden möchte, aber [1][in der eigenen Partei umstritten]
       ist und in Umfragen schlecht dasteht, ist das möglicherweise zu wenig.
       
       Ob sie sich aber mit dem Syrien-Vorstoß einen Gefallen getan hat?
       VertreterInnen der Union stehen ihr am Dienstag zwar pflichtbewusst bei.
       Fraktionschef Ralph Brinkhaus nennt den Vorschlag „gut und richtig“, Horst
       Seehofer nennt ihn „positiv“. Dass sie mit ihrem Solotrip die SPD verärgert
       hat, könnte sich aber noch rächen.
       
       Am Donnerstag steht im Bundestag eine namentliche Abstimmung über die
       Verlängerung des Anti-IS-Einsatzes der Bundeswehr im Irak und in Syrien auf
       dem Programm. SPD-Fraktionschef Mützenich wollte den noch vor ein paar
       Monaten am liebsten beenden, ließ sich dann auf eine Verlängerung ein.
       
       Wenn die CDU-Chefin nun „ganz neue Ideen“ habe, so der SPD-Fraktionschef,
       dann könne man die Verlängerung des Anti-IS-Einsatzes erst mal wieder von
       der Tagesordnung streichen. Er klingt wie ein Oppositionspolitiker, der
       mokant die Schwächen der Regierung ausleuchtet.
       
       22 Oct 2019
       
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