# taz.de -- Niedersachsens Verfassungsschutz: AfD als Prüffall eingestuft
       
       > Der Verfassungsschutz behandelt die AfD in Niedersachsen offenbar als
       > Prüffall. Am Donnerstag sickerte die Information aus dem Landtag durch.
       
 (IMG) Bild: Extremisten gebe es in der AfD nicht, sagt AfDler Klaus Wichmann. Identitäre schon
       
       Hamburg taz | Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) hat die AfD in
       Niedersachsen offenbar als Prüffall eingestuft. Dies soll der Präsident des
       LfV, Bernhard Witthaut, dem zuständigen Parlamentsausschuss in
       vertraulicher Sitzung mitgeteilt haben, berichtet der NDR. Am Donnerstag
       sickerte die Information aus dem Landtag durch.
       
       Die neue Einstufung der AfD wollte das Amt weder bestätigen noch
       dementieren. „Im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags erfolgt durch den
       Niedersächsischen Verfassungsschutz bereits eine fortlaufende inhaltliche
       Prüfung der Partei und ihrer Teilorganisationen“, erklärte aber Frank
       Rasche, Pressesprecher der Behörde der taz.
       
       Einzelne Angehörige des Landesverbandes der AfD, die in
       rechtsextremistischen Organisationen tätig seien oder diese organisatorisch
       unterstützen würden, fielen bereits jetzt unter den Beobachtungsauftrag des
       Verfassungsschutzes, sagte Rasche.
       
       Bereits seit zwei Monaten soll das LfV die AfD nach Information des NDR als
       Prüffall behandeln. Das Landesamt orientiert sich damit am Bundesamt für
       Verfassungsschutz (BfV). Aufgrund der Einstufung kann das Landesamt
       systematisch Informationen über die Partei aus öffentlich zugänglichen
       Quellen erfassen und auswerten.
       
       ## Der Verfassungsschutz schwieg
       
       Hierfür werden unter anderem Zeitungsartikel, Publikationen,
       Internetbeiträge, Twitternachrichten und Reden herangezogen. Im Gesetz wird
       dieses Vorgehen als „Verdachtsgewinnungsphase“ bezeichnet, die nur
       eingeleitet werden kann, wenn schon „tatsächliche Anhaltspunkte“ für
       verfassungsfeindliche Bestrebungen vorliegen.
       
       Dass das Innenministerium oder der Verfassungsschutz den neuen Status nicht
       schon Anfang Juli öffentlich machten, dürfe einem Urteil des Kölner
       Verwaltungsgerichts geschuldet sein. Im Februar dieses Jahres entschied das
       Gericht, dass das BfV die AfD zwar als Prüffall behandeln dürfe. Es
       öffentlich zu machen, sei aber nicht rechtens gewesen. Denn die Bezeichnung
       „Prüffall“ habe in der Öffentlichkeit eine negative Wirkung.
       
       In den vergangenen Jahren war die AfD in Niedersachsen insbesondere durch
       die internen Machtkämpfe zwischen der amtierenden Landesvorsitzenden Dana
       Guth und dem abgewählten Landeschef Armin Paul Hampel aufgefallen. Guth
       sitzt als Fraktionsvorsitzende im Landtag, Hampel im Bundestag.
       
       Immer wieder fielen jedoch auch Positionen und Kontakte des Landesverbandes
       sowie der Landtagsfraktion nach ganz weit rechts auf. Im vergangenen Jahr
       hatte das Landesinnenministerium schon den [1][Landesverband der
       AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“] offiziell als
       Beobachtungsobjekt eingestuft. Die JA-Bundesführung zog die Notbremse und
       löste den niedersächsischen Landesverband auf.
       
       Als Mitarbeiterin der Landtagsfraktion ist aber weiterhin eine Frau [2][aus
       der rechtsextremen Identitären Bewegung angestellt]. Im Februar 2018 fragte
       die taz bereits wegen dieser Beschäftigung bei der Fraktion nach. Erst nach
       einem weiteren Nachfassen entschuldigt sich der damalige AfD-Pressesprecher
       für das Ausbleiben einer Antwort.
       
       Zu dem Arbeitsverhältnis wollte er trotzdem nichts erklären, da dies einzig
       „eine Regelung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber“ sei und die Fraktion
       „die Privatsphäre seiner Mitarbeiter“ schützen müsse.
       
       ## Die AfD weiß von nichts
       
       Am vergangenen Mittwoch ging Landesinnenminister Boris Pistorius (SPD) die
       AfD im Landtag in einer Rede scharf an. Anlass war eine AfD-Demonstration
       am Tag der offenen Tür des Landtags Ende August. Unter dem Motto „Es
       reicht“ nahmen auch Rechtsextreme daran teil. „Diese AfD ist längst auf dem
       Weg nach rechts außen“, sagte Pistorius bei der Plenarsitzung.
       
       Auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Johanne Modder berichtete von der Demo.
       Mehrmals seien Besucher der AfD-Veranstaltung „mit geballter Faust“ auf die
       Gegendemonstranten losgegangen. Zudem sei in Reden gegen Ausländer gehetzt
       worden.
       
       Die Vorwürfe wies der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD, Klaus
       Wichmann, im Landtag zurück. Extremistische Bestrebungen hätten in der AfD
       keinen Platz, beteuerte er. Auch zu der Meldung, die Partei werde in
       Niedersachsen zum Prüffall, äußerte er sich umgehend. Seine Sicht der
       Dinge: Der Innenminister instrumentalisiere den „Verfassungsschutz für
       parteipolitische Zwecke“.
       
       Es ginge „nicht darum, das Grundgesetz zu schützen, sondern allein darum,
       einen lästigen Mitbewerber auszuschalten“, sagte er und erklärte, dass die
       Partei „rechtliche Schritte prüfen“ werde.
       
       Erst im vergangenen Jahr gab Wichmann allerdings selbst eine „Handreichung
       des Landesvorstandes der AfD-Niedersachsen zur möglichen Beobachtung durch
       den VS“ an die Mitglieder heraus. Darin gab er Hinweise dazu, [3][wie
       „gefährliche Formulierungen“ vermieden werden könnten], um nicht eine
       Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu begründen.
       
       Kurz zuvor hatte ein Gutachten des Rechtswissenschaftlers Dietrich
       Murswiek, das die AfD selbst in Auftrag gegeben hatte, belegt, dass
       zahlreiche Beispiele vorlägen, die nach Murswieks Einschätzung eine
       Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz rechtfertigen würden.
       
       Die Einstufung als Prüffall sei ein „überfälliger Schritt“, sagte die
       Fraktionsvorsitzende der niedersächsischen Grünen, Anja Piel am Mittwoch.
       Auch sie verweist auf die AfD-Proteste vor dem Landtag: „Die AfD in
       Niedersachsen hat mit einer Demonstration voll Hetze und Hass vor wenigen
       Wochen am Landtag die Reste ihrer bürgerlichen Maske fallen gelassen.“
       
       Es sei ebendiese Partei, so sagte es Piel in ihrer Rede im Landtag, die
       „nicht mehr allein durch andauernde verbale Grenzüberschreitungen den
       Nährboden für die Gewaltbereitschaft rechtsextremistischen Kreise“ liefere.
       
       12 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
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