# taz.de -- Migrationspakt der Vereinten Nationen: Wien folgt Trump und Orbán
       
       > Die österreichische Regierung lehnt den UN-Migrationspakt aus Sorge um
       > ihre Souveränität ab – und driftet weiter nach rechts.
       
 (IMG) Bild: Kurz' Regierung weist 17 von 23 Ziele des Migrationspakts zurück
       
       Wien taz | Österreichs rechtspopulistische Regierung führt das Land in die
       internationale Isolation. Man werde den [1][Migrationspakt der Vereinten
       Nationen] nicht unterzeichnen, hieß es am Mittwoch aus Wien. [2][Das
       rechtlich nicht bindende Abkommen soll Grundsätze für den Umgang mit
       Geflüchteten festlegen].
       
       Im Dezember soll der Pakt auf einer UN-Konferenz im marokkanischen
       Marrakesch angenommen und im Januar formal beschlossen werden. Dort werde
       sich Österreich der Stimme enthalten, erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz
       (ÖVP). Das Land folgt mit dieser Entscheidung US-Präsident Donald Trump und
       dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán.
       
       Anders als Ungarn, das schon im Juli seine Ablehnung bekundete, hat
       Österreich auf Diplomatenebene an den Verhandlungen aktiv mitgewirkt.
       Sowohl Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), als auch Kanzler Kurz waren zu
       jeder Zeit eingebunden. Begründet wird der Rückzieher jetzt mit der Sorge
       um Österreichs Souveränität. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ), die
       treibende Kraft hinter dieser Entscheidung, erklärte: „Österreich muss in
       der Migrationsfrage souverän und selbstbestimmt bleiben.“
       
       Der Rechtspopulist fürchtet, dass sich aus der Zustimmung
       Völkergewohnheitsrecht entwickeln könnte. Die Koalition weist 17 der
       insgesamt 23 in dem Papier formulierten Ziele zurück. Darunter der Verzicht
       auf „ethnisches Profiling“, also die gezielte Überprüfung von Personen auf
       Grund ihres äußeren Erscheinungsbildes.
       
       ## Wien gegen „Recht auf Migration“
       
       Der Pakt strebt auch an, dass der Statuswechsel von illegal zu legal sowie
       Familienzusammenführungen erleichtert werden. Kurz und Strache wenden sich
       auch dagegen, dass Migranten einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt, zu
       Gesundheitsversorgung oder Bildungsangeboten bekommen sollen und schnell
       Unternehmen gründen können. Auch das Verbot von Sammelabschiebungen lehnen
       sie ab.
       
       Der Pakt, wie UN-Generalsekretär António Guterres in einem Papier dargelegt
       hat, soll weltweit den Umgang mit dem Thema Migration verbessern. Die von
       190 UN-Staaten abgesegnete Präambel spricht von der Migration als „Quelle
       des Wohlstands und der Innovation“. Aus der Feststellung, dass
       Menschenrechte auch für Migranten in vollem Umfang zu gelten haben,
       konstruiert die österreichische Bundesregierung ein „Recht auf Migration“,
       das sie entrüstet ablehnt.
       
       ## „Österreich ist keine Insel“
       
       Wolfgang Benedek, Völkerrechtsprofessor aus Graz, findet es „peinlich, wenn
       ein Industrieland, das demnächst einen Afrikagipfel ausrichten will“, nicht
       an der Lösung der Migrationsfrage mitwirken will. „Österreich ist keine
       Insel“, sagte er im Interview mit dem Ö1-Mittagsjournal. „Wir sind auf
       internationale Kooperationen in diesem Bereich angewiesen, so wie wir auch
       auf Migration angewiesen sind.“
       
       Die Alten- und Krankenpflege sei ohne Zuwanderer nicht lösbar. Benedek hält
       auch das Argument für Unsinn, dass sich Österreich damit dem Druck
       entziehe, die an sich unverbindlichen Regeln aus dem Pakt anzuwenden:
       „Druck wird ohnedies entstehen, wenn alle anderen an einem Strang ziehen
       und Österreich draußen bleibt.“
       
       Auch die Opposition kritisierte den Alleingang der Regierung scharf.
       Österreich habe einen guten Ruf zu verlieren, sagte Andreas Schieder,
       SPÖ-Spitzenkandidat für die kommenden Europawahlen. Beate Meinl-Reisinger
       von den Neos vermutet, dass man mit der Ankündigung vom Skandal ablenken
       wolle, dass beide Koalitionsparteien das gesetzlich geregelte Limit für
       Wahlkampfausgaben laut Rechnungshof weit überschritten haben. Mit einer
       „fadenscheinigen Begründung“ habe sich Österreich von der Tradition des
       Multilateralismus verabschiedet, so Meinl-Reisinger.
       
       [3][Der UN-Migrationspakt: Der vollständige Vertragstext – kommentiert von
       ExpertInnen für Migration.]
       
       31 Oct 2018
       
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