# taz.de -- Kritik an EU-Parlamentspräsident: EU streitet um Ungarn
       
       > Antonio Tajani wird vorgeworfen, zu wenig Einsatz beim Verfahren gegen
       > Ungarn zu zeigen. Auslöser der Kritik ist sein Brief an Österreichs
       > Kanzler.
       
 (IMG) Bild: Hat einen zu lapidaren Brief geschreiben: Antonio Tajani
       
       Brüssel taz | Zwei Wochen nach dem Votum für ein EU-Rechtsstaatsverfahren
       gegen Ungarn zeichnet sich neuer Streit im Europaparlament ab. Grüne und
       Sozialdemokraten werfen Parlamentspräsident Antonio Tajani und dem
       Fraktionschef der konservativen Europäischen Volkspartei EVP, Manfred Weber
       vor, [1][das Verfahren allenfalls halbherzig voranzutreiben] und hinter den
       Kulissen weiter mit Ungarns Regierungschef Viktor Orbán zu kungeln.
       
       Auslöser des Streits ist ein Schreiben von Tajani an den amtierenden
       EU-Ratsvorsitzenden, Österreichs Kanzler Sebastian Kurz. Der Brief, der der
       taz vorliegt, ist ungewöhnlich lapidar. Er enthält nur drei Sätze und endet
       mit dem Hinweis darauf, welche „Bedeutung das Parlament dieser wichtigen
       Angelegenheit“ beimisst. Tajani vermeidet es jedoch, sich persönlich für
       das EU-Verfahren einzusetzen und auf schnelle Befassung zu drängen.
       
       Dabei geht es um eine Premiere: Zum ersten Mal in seiner Geschichte hatte
       das Europaparlament in Straßburg für das sogenannte Artikel-7-Verfahren
       gestimmt. Damit wollen die Abgeordneten gegen eine „systemische Bedrohung
       der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte“ in Ungarn
       vorgehen. Zugrunde lag dem Beschluss ein Bericht der grünen
       Europaabgeordneten Judith Sargentini.
       
       Die niederländische Politikerin wird seit dem Parlamentsbeschluss von
       Orbán-Anhängern bedroht. Tajani hätte Sargentini öffentlich unterstützen
       müssen, sagt der Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament, Sven
       Giegold. Außerdem müsse sich der konservative Italiener, der zu den engsten
       Vertrauten des früheren Premiers Silvio Berlusconi zählt, entschiedener für
       das EU-Verfahren einsetzen.
       
       ## Tajani müsse sich energischer einsetzen
       
       „Der Präsident muss unzweifelhaft klar machen, dass die Vertreterin des
       Europaparlaments nicht zum Abschuss freigegeben werden darf“, fordert
       Giegold. Bisher verteidige Tajani die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn „nur
       halbherzig“. Kritik kommt auch von den Sozialdemokraten. Tajani müsse sich
       energischer für das Rechtsstaatsverfahren einsetzen und beim Ministerrat
       auf eine rasche Befassung drängen, sagte der Vorsitzende der deutschen
       Gruppe in der S&D-Fraktion, Jens Geier. „Fire and forget – das kann es
       nicht gewesen sein“, sagte er. Auch die EVP müsse sich klar positionieren
       und Orbáns Fidesz-Partei zu Reformen drängen – oder aus der Fraktion
       ausschließen.
       
       Fraktionschef Weber (CSU) hatte sich bei dem Votum vor zwei Wochen zwar für
       das Rechtsstaatsverfahren ausgesprochen. Die meisten CSU-Europaabgeordneten
       hatten jedoch dagegen gestimmt. Zudem hat sich die EVP gegen einen
       Ausschluss der Fidesz aus der Fraktionsgemeinschaft ausgesprochen. Dies
       stelle nun die Glaubwürdigkeit von Weber infrage, heißt es bei Grünen und
       Sozialdemokraten, die sich genau wie CDU und CSU für den Europawahlkampf
       warm laufen.
       
       „Mit Orbán in den eigenen Reihen kann man keinen glaubwürdigen
       proeuropäischen Wahlkampf führen“, sagte Giegold. Der designierte
       Spitzenkandidat der EVP für die Europawahl, Weber, müsse sich entscheiden.
       Allerdings muss sich Weber auch nach CSU-Chef Horst Seehofer richten – und
       der hält Orbán die Stange.
       
       27 Sep 2018
       
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