# taz.de -- Protest gegen Straßennamen in Berlin: Warum nicht Anton-W.-Amo-Straße?
       
       > Am Samstag laden Aktivisten zum symbolischen Umbenennungsfest der
       > Mohrenstraße in Mitte ein. Schon zum fünften Mal.
       
 (IMG) Bild: Die Mohrenstraße in Mitte soll endlich anders heißen. So zum Beispiel
       
       Zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer der Sklaverei an diesem
       Samstag fordern postkoloniale Gruppen die Änderung des Namens der
       [1][Mohrenstraße]. Als alternativen Namensgeber schlagen sie den ersten
       Schwarzen Akademiker Deutschlands, Anton Wilhelm Amo vor.
       
       „Der Begriff M* ist eine rassistische Fremdbezeichnung“, erklärt Tahir
       Della von der [2][Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD)]. „Er
       wurde im kolonialen Kontext verwendet, um Schwarze Menschen zu
       stigmatisieren. Es war zu keiner Zeit ein neutraler Begriff.“ Es gehe bei
       der Umbenennung nicht nur um die Entfernung rassistischer und
       diskriminierender Bezeichnungen aus dem öffentlichen Raum, sondern auch um
       die Aufarbeitung deutscher Kolonialgeschichte.
       
       Deutschlands koloniale Verstrickungen gehen weit zurück.
       Brandenburg-Preußen besaß schon 1683 eine Kolonie an der heutigen
       ghanaischen Küste, mit dem Namen Groß-Friedrichsburg. Bis die Kolonie 1717
       an die Niederländer verkauft wurde, war Preußen maßgeblich am
       transantlantischen Sklavenhandel beteiligt. In dieser Epoche kam die
       Mohrenstraße zu ihrem Namen und Anton Wilhelm Amo, der als neuer
       Namensgeber vorgeschlagen wird, nach Preußen.
       
       Wie viele andere Afrikaner wurde er als Kind nach Europa verschleppt, um
       dort an den Höfen als „Kammermohr“ den Adel zu belustigen. Amo durfte
       jedoch eine höhere Bildung genießen, wurde Rechtsgelehrter und damit erster
       Schwarzer Akademiker Europas. In seinen Schriften setzte Amo sich für die
       Rechte Schwarzer Menschen in Europa ein.
       
       ## Keine Geschichtsfälschung
       
       Deutsche Kolonialgeschichte sei „ein blinder Fleck im öffentlichen
       Bewusstsein“, so Della. Abwegig sei der Vorwurf, eine Umbenennung würde
       eine „Geschichtsfälschung“ bedeuten: „Durch die Benennung nach
       widerständigen Personen wird die Geschichte erst komplett erzählt“, sagt
       Della.
       
       Geschichte ist besonders wichtig, wenn sie in die heutige Zeit nachwirkt.
       „Kolonialismus wird oft als abgeschlossenes Kapitel bezeichnet, aber die
       Machtverhältnisse tragen sich bis heute fort.“ Della verweist auf die
       ungleichen Handelsbeziehungen zwischen westlichen Industrienationen und
       Ländern des globalen Südens, die in der Ausbeutung der ehemaligen
       Kolonialmächte ihren Ursprung haben und bis heute fortgeführt werden.
       
       Mit der geforderten Umbenennung soll die koloniale Verantwortung
       Deutschlands wieder ein Stück weit ins öffentliche Bewusstsein gerückt
       werden. Erfolge konnten die Aktivisten nach jahrelangem Ringen zuletzt im
       [3][Afrikanischen Viertel im Wedding] feiern, wo die Namen dreier nach
       deutschen Kolonialbeamten benannten Straßen geändert werden.
       
       Leider sieht es so aus, dass auch im nächsten Jahr das Umbenennungsfest nur
       symbolisch bleibt. Denn obwohl im Koalitionsvertrag festgelegt wurde „die
       Rolle Berlins während der Kolonialzeit stärker zu beleuchten“, zeigen weder
       Senat noch Bezirk derzeit wenig politischen Willen, konkrete Schritte in
       Richtung Umbenennung einzuleiten.
       
       17 Aug 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Mohrenstra%C3%9Fe_(Berlin)
 (DIR) [2] http://isdonline.de/
 (DIR) [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Afrikanisches_Viertel
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jonas Wahmkow
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolonialgeschichte
 (DIR) Straßenumbenennung
 (DIR) Berlin-Mitte
 (DIR) Straßennamen
 (DIR) Wedding
 (DIR) Postkolonialismus
 (DIR) Wochenvorschau
 (DIR) Militär
 (DIR) Berlin-Wedding
 (DIR) Schwerpunkt Nationalsozialismus
 (DIR) Straßennamen
 (DIR) Afrika
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Wochenvorschau für Berlin: Willkommen in Bibis veganem Schnitzel-Palast
       
       Wenn geläuterte Influencer wohltätig werden, ist Skepsis angebracht.
       Besser, sich diese Woche mit Afro-deutscher Geschichte auseinanderzusetzen.
       
 (DIR) Kommentar Militarisierte Straßennamen: Berlin-Kreuzberg at its best
       
       Die Friedrichshain-Kreuzberger Grünen wollen keine Generäle auf den
       Straßenschildern – und stoßen mit ihrem BVV-Antrag eine wilde Debatte los.
       
 (DIR) Umbenennung von Straßen im Wedding: Maji-Maji-Allee statt Petersallee
       
       Das Bezirksparlament in Mitte stellt Vorschläge für Straßennamen im Wedding
       vor. Die alten Kolonialisten sollen endlich weg.
       
 (DIR) Kritisches Geschichtsbewusstsein: Die Straßen der NS-Ärzte
       
       In der Gegend um die Asklepios-Klinik in Langenhorn sind noch zahlreiche
       Straßen nach NS-Medizinern benannt. Ein Verein will aktuell drei umbenennen
       lassen.
       
 (DIR) Petition der Woche: Tatort Pimmelstraße
       
       In einem Vorort von Birmingham soll ein altehrwürdiger Weg demnächst anders
       heißen, weil er plötzlich anstößig klingt.
       
 (DIR) Verbrechen der deutschen Kolonialzeit: Protest gegen die Mohrenstraße
       
       An vielen Orten Berlins finden sich Spuren der deutsch-afrikanischen
       Kolonialzeit. Aktivisten wollen das den Anwohnern bewusst machen.