# taz.de -- Spanische Exklave in Marokko: Hunderte stürmen Ceuta
       
       > Mehr als 600 Geflüchtete sind gewaltsam nach Ceuta eingedrungen. Das Rote
       > Kreuz musste danach 592 Migranten und 22 Polizisten ärztlich betreuen.
       
 (IMG) Bild: Die Grenzzäune bei Ceuta sind sechs Meter hoch
       
       CEUTA/MADRID dpa | Teils mithilfe von Flammenwerfern Marke Eigenbau sind
       mehr als 600 Migranten am Donnerstag ohne Papiere gewaltsam in die
       spanische Nordafrika-Exklave Ceuta gestürmt. Die Grenzbeamten wurden kurz
       vor Sonnenaufgang überrumpelt, als die Flüchtlinge die gut sechs Meter
       hohen doppelten Grenzzäune überwinden konnten und EU-Gebiet erreichten, wie
       ein Sprecher der Vertretung der spanischen Regierung in Ceuta der Deutschen
       Presse-Agentur sagte.
       
       Es sei einer der größten Flüchtlingsanstürme der jüngsten Zeit auf die
       Exklave an der Straße von Gibraltar gewesen, berichteten spanische Medien
       unter Berufung auf die zuständigen Behörden. Dabei seien die Migranten –
       mehrheitlich junge Männer aus westafrikanischen Ländern – so „brutal wie
       noch nie zuvor“ vorgegangen, wurde ein Polizeisprecher von der
       Nachrichtenagentur Europa Press zitiert.
       
       Die Flüchtlinge hätten die Beamten unter anderem mit Stöcken, Blechscheren
       und sogar aus Plastikflaschen selbstgebauten Flammenwerfern attackiert,
       hieß es. Einige der Männer hätten die Beamten auch mit Branntkalk beworfen,
       der beim Kontakt mit der Haut gefährliche Verätzungen verursache. Auch
       Kettensägen seien eingesetzt worden, um die Zäune zu durchschneiden.
       
       Das Rote Kreuz in Ceuta teilte auf Twitter mit, man habe nach dem Ansturm
       592 Migranten und 22 Polizisten ärztlich betreut. Im spanischen Fernsehen
       sah man viele Flüchtlinge mit Schnittwunden, die sie sich mutmaßlich an den
       messerscharfen Klingen an den Grenzzäunen zugezogen hatten. Elf Migranten
       und vier Beamte seien in ein Krankenhaus in Ceuta gebracht worden, so das
       Rote Kreuz.
       
       Die Realität sieht anders aus 
       
       Das spanische Fernsehen berichtete, die Migranten hätten einen toten Winkel
       der Überwachungskameras an den 8,4 Kilometer langen Zäunen ausgenutzt, um
       die wachhabenden Beamten zu überraschen. Den Angaben zufolge versuchten
       Hunderte weitere Migranten, ebenfalls über die Grenzzäune zu klettern. Sie
       seien aber von spanischen und marokkanischen Beamten daran gehindert
       worden.
       
       Den Berichten zufolge liefen die meisten der Migranten nach der
       erfolgreichen Aktion ins Erstaufnahmezentrum in Ceuta. Vor den Kameras des
       spanischen Fernsehens versammelten sich Dutzende jubelnde Afrikaner. Sie
       schwenkten Fahnen und T-Shirts, reckten die Arme in die Höhe und
       skandierten „Bossa, bossa, bossa“ (Sieg, Sieg, Sieg).
       
       Die Realität, die die Flüchtlinge in Ceuta erwartet, ist derweil alles
       andere als paradiesisch. Nach Medienberichten war das Erstaufnahmezentrum
       der Exklave mit rund 600 Insassen schon zuvor völlig überfüllt. In den von
       verschiedenen Organisationen scharf kritisierten Erstaufnahmezentren müssen
       die Flüchtlinge in Spanien monatelang – oft über ein Jahr lang – ausharren,
       bis sie aufs Festland dürfen. Menschenrechtler berichten von Misshandlungen
       und Diskriminierung.
       
       Erst vor wenigen Tagen hatte die Internationale Organisation für Migration
       (IOM) mitgeteilt, dass Spanien zum neuen Hauptziel der illegalen Migranten
       geworden sei. Seit Jahresanfang seien mehr als 22.700 Flüchtlinge über die
       westliche Mittelmeer-Route in Europa angekommen.
       
       Zehntausende leiden Not 
       
       Die Flüchtlingskrise war bis vor kurzem in der spanischen Öffentlichkeit
       noch kein großes Diskussionsthema. Nach dem Ansturm vom Donnerstag warf die
       Parlamentssprecherin der liberalen Partei Ciudadanos, Melisa Rodríguez, dem
       neuen sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez „Vernachlässigung
       der Pflichten“ vor. Man könne ein Land „nicht mit Gesten regieren“, sagte
       sie. Madrid hatte unter anderem angekündigt, die umstrittenen
       messerscharfen Klingen an den Grenzzäunen entfernen zu wollen.
       
       Spanien verfügt in Nordafrika über zwei Exklaven, die beide von Marokko
       beansprucht werden: Ceuta an der Meerenge von Gibraltar und das 250
       Kilometer weiter östlich gelegene Melilla. In der Nähe der beiden Gebiete
       harren Zehntausende notleidende Afrikaner vorwiegend aus Ländern südlich
       der Sahara auf eine Gelegenheit, in die EU zu gelangen.
       
       26 Jul 2018
       
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