# taz.de -- EU-Sondergipfel zur Asylpolitik: Merkel unter Druck
       
       > Merkel rückt vom Grundsatz einstimmiger Beschlüsse ab. Italien legt einen
       > radikalen Plan zur Asylpolitik vor. Spanien warnt vor „Europhobie“ in den
       > Mitgliedstaaten.
       
 (IMG) Bild: Sie will eine Lösung, er will keine „Europhobie“: Angela Merkel und Pedro Sánchez
       
       Brüssel ap | Ein sogenannter [1][Mini-Gipfel von 16 der 28 Staats- und
       Regierungschefs der Europäischen Union] hat am Sonntag Auswege aus der
       Politik-Blockade um die Flüchtlingskrise gesucht. Besonders unter Druck
       stand Bundeskanzlerin Angela Merkel, während Italien eine radikale
       Neuausrichtung der Art und Weise fordert, wie mit Migranten, Flüchtlingen
       und Asylanträgen in der EU umzugehen sei.
       
       Merkel sagte bei ihrer Ankunft in Brüssel, in der angespannten Lage müssten
       statt kaum möglich erscheinender einstimmiger Beschlüsse aller
       EU-Mitglieder auch bi- oder trilaterale Absprachen angestrebt werden. Es
       gehe darum, einander schnell zu helfen und nicht immer auf die Zustimmung
       aller 28 Mitglieder zu warten. Insbesondere das demonstrative Fernbleiben
       der sich strikt gegen die Aufnahme von Flüchtlingen sperrenden
       osteuropäischen Staaten Tschechien, Ungarn, Polen und Slowakei schien das
       zu unterstreichen.
       
       Der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte ging mit einem Plan in
       die Brüsseler Beratungen, den er als „Paradigmenwechsel“ bezeichnete, der
       „effizient und nachhaltig“ sei. Er solle an die Stelle der
       Dublin-Vereinbarungen treten, nach denen Migranten in dem EU-Land ihren
       Asylantrag stellen sollen, das sie zuerst betreten. Dies solle künftig in
       „Hotspots“ in Herkunftsländern oder in jenen Transitländern geschehen, von
       denen aus Flüchtlinge – oft mit Hilfe von Menschenschmugglern – die
       Überfahrt über das Mittelmeer versuchen. Italien wolle das Problem „in
       einer strukturellen Art“ angehen, sagte er.
       
       Italien hatte zuletzt seine [2][Häfen für Rettungsschiffe mit Flüchtlingen
       gesperrt] und hielt daran auch am Wochenende fest. Eine spanische
       Hilfsgruppe, Proactiva Open Arms, teilte mit, vor der libyschen Küste
       müssten rund 1.000 Flüchtlingen von sieben Booten gerettet werden, die
       italienische Küstenwache habe aber Hilfe von Proactiva abgelehnt. Italien
       wolle mit der libyschen Küstenwache zusammenarbeiten, die die Flüchtlinge
       dann zurück nach Nordafrika bringen solle.
       
       ## UN-Organisationen sind skeptisch
       
       Die zur rechtspopulistischen italienischen Regierung gehörende
       Fünf-Sterne-Bewegung warf den anderen EU-Staaten vor, vor allem Italien und
       Griechenland mit der Flüchtlingskrise im Stich zu lassen. „Die
       Migranten-Heuchelei versenkt Europa“ überschrieb sie einen Blogbeitrag am
       Sonntag. Darin heißt es weiter: „Es ist Zeit für Europa, sich selbst wieder
       zu finden in den Prinzipien, die jedermann predigt, aber nur wenige
       ernsthaft praktizieren.“ Es gehe um Europas Zukunft als „politische
       Gemeinschaft und ihre Werte.“
       
       Scharfe Kritik an der neuen italienischen Regierung übte der spanische
       Ministerpräsident Pedro Sanchez. Diese sei „antieuropäisch“ und stelle ihre
       nationalen Eigeninteressen über Bemühungen, eine einheitliche EU-Linie zu
       finden. Der Zeitung El País sagte er, die EU stehe vor der Herausforderung,
       ein Gegenmittel gegen „Europhobie“ zu finden, die es in einigen
       Mitgliedstaaten gebe.
       
       Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte, „die Methode, die wir
       annehmen werden“, werde auf der Zusammenarbeit „vis-à-vis mit Transit- und
       Herkunftsländern außerhalb der Europäischen Union“ beruhen. Er erwähnte
       ausdrücklich Libyen, das zur zentralen Drehscheibe für Migranten und
       Flüchtlinge geworden ist, die über das Mittelmeer vor allem Italien und
       Malta zur erreichen versuchen. Als weitere Hotspot-Länder wurden in Brüssel
       Algerien, Ägypten, Marokko, Niger und Tunesien in Afrika und Albanien auf
       dem Balkan genannt.
       
       UN-Organisationen wie die Internationale Organisation für Migration und das
       Flüchtlingshilfswerk haben sich skeptische zu Plänen geäußert, Flüchtlinge
       nach jenen zu filtern, die wegen Krieg und Gewalt oder Armut und
       wirtschaftlicher Not ihre Heimat verlassen.
       
       24 Jun 2018
       
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