# taz.de -- Flüchtlingsdebatte in Europa: Merkels deutsche Werte für Afrika
       
       > Die Kanzlerin will in Afrika zeigen, dass „uns Werte leiten“. Doch die
       > Regierung arbeitet mit Despoten zusammen. In Afrika ist das längst
       > bekannt.
       
 (IMG) Bild: Ein Selfie, das 2015 um die Welt ging: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einem Flüchtling in Berlin-Spandau.
       
       Berlin taz | Wenn die EU in der Flüchtlingsfrage nicht weiterweiß, sucht
       sie ihr Heil in Afrika. Denn darauf, die Flüchtlinge schon dort
       festzuhalten, können sich alle Regierungen bemerkenswert gut einigen. Auch
       bei ihrer Regierungserklärung am Donnerstag kam Merkel auf Afrika zu
       sprechen: Migration sei die „Schicksalsfrage für Europa“, sagte sie. Und
       entweder werde diese Frage so bewältigt, dass man „auch in Afrika und
       anderswo daran glaubt, dass uns Werte leiten“, oder „niemand wird mehr an
       unser Wertesystem glauben“.
       
       Da ist Merkel leider etwas spät dran. In Afrika hat sich längst
       herumgesprochen, dass den Europäern eine Sache noch wichtiger ist als ihre
       Werte: dass die Afrikaner bleiben, wo sie sind.
       
       Eindrücklich zu besichtigen war dies etwa beim EU-Afrika-Gipfel in Abidjan
       im November. Kurz zuvor [1][hatte CNN das Video von einer
       Sklavenversteigerung in Libyen veröffentlicht]. Für viele der afrikanischen
       Führer war ausgemachte Sache: Verantwortlich für die Sklavenhalter sind die
       Europäer. Schließlich bezahlen und trainieren sie die Libyer, damit die die
       Bootsflüchtlinge wieder einfangen – und deren Martyrium weitergeht.
       
       ## Grenzschutzpartner der EU sind autoritäre Herrscher
       
       Zu den autoritären Herrschern des Kontinents hat Europa beste Beziehungen –
       nicht zuletzt, weil es auf diese auch als Grenzschutzpartner setzt.
       
       Kein Staat der Welt hat einen Präsidenten, der mit doppeltem
       internationalen Haftbefehl gesucht wird – außer Sudan. Aber das Land liegt
       zwischen dem Horn von Afrika und dem Mittelmeer, also auf einer der
       wichtigsten Fluchtrouten der Welt. So wurde dem Diktator Omar al-Baschir
       von der EU ein All-inclusive-Paket angeboten, wenn er die Grenzen zumacht:
       Geld, Schuldenerlass, Polizeitrainings, Biometrie-Hightech – und
       diplomatische Hilfe bei der Aufhebung des Haftbefehls.
       
       Kaum ein Regime Afrikas produziert mehr Flüchtlinge als jenes in Eritrea,
       mit seinem jahrelangen, brutalen Zwangsarbeitsdienst. Den deutschen
       Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hinderte das nicht, den Diktator
       Isayas Afewerki in Asmara zu besuchen. Die deutsche Entwicklungsagentur GIZ
       lässt heute eritreische Richter und Staatsanwälte in der
       Schlepperbekämpfung trainieren.
       
       ## Freizügigkeit nur dann, wenn es den Europäern passt
       
       Kein Staat Afrikas lässt mehr Menschen hinrichten als Ägypten. Regimegegner
       „verschwinden“, Demokratie gibt es nicht. Doch Militärmachthaber Abdel
       Fattah a-Sisi darf nach Berlin zum Staatsbesuch kommen, deutsche Polizisten
       trainieren ihre ägyptischen Kollegen in Kairo.
       
       Kein Staat der Welt hat 2017 mehr Flüchtlinge neu aufgenommen als das
       weitab von Europa gelegene Uganda. Versorgen kann es sie aber selbst nicht.
       Was die EU gibt, reicht bei Weitem nicht aus, damit die Menschen dort satt
       werden. Länder, die als „Migrationspartner“ wichtig sind, bekommen dafür
       umso mehr.
       
       Europa ist stolz auf seine Freizügigkeit. In Afrika aber soll es
       Freizügigkeit nur dann geben, wenn es den Europäern passt. Im Senegal etwa
       hat Spanien seit vielen Jahren kurzerhand seine eigenen Grenzpolizisten
       stationiert, damit von dort gar nicht erst jemand zu den Kanarischen Inseln
       abfahren kann. Und eines der ärmsten Länder der Welt, Niger, hat die EU
       dafür bezahlt, es kurzerhand unter Strafe zu stellen, Menschen in Richtung
       Libyen zu bringen. Denn wer nicht nach Libyen kommt, der kommt auch nicht
       nach Europa.
       
       28 Jun 2018
       
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