# taz.de -- Sozialistisches Online-Magazin: „Ada“ schreibt über den Klassenkampf
       
       > „Eine neue linke Stimme“ will „Ada“ sein. Der deutsche Ableger des
       > erfolgreichen US-Magazins „Jacobin“ ist nun online gegangen.
       
 (IMG) Bild: Ada heißt auf Türkisch Insel: Von der Insel aus will das „Ada Magazin“ intellektuelle Expeditionen starten
       
       Ach, wie romantisch! Ein sich küssendes Paar im Hochzeitsdress sitzt auf
       einer Mauer. Eine junge Liebe – Harmonie. Das Foto könnte das Cover eines
       x-beliebigen Heile-Welt-Magazins zieren. Doch weit gefehlt: Das Bild prangt
       neben dem Aufmachertext des am Montag gestarteten Magazins [1][Ada]. Und
       bei Ada geht es nicht um Kuschelkitsch, sondern um harte
       Gesellschaftsanalyse. Das sozialistische Online-Medium will „zeigen, was
       ist und „zeigen, was geändert werden muss.“ Und genau das macht
       Chefredakteurin Sarah Nagel. Sie schildert, wie Hochzeitskitsch Menschen
       von den Härten des Arbeitsalltags ablenken soll.
       
       Anstatt sich vom vermarktbaren Cinderella-Ehetraum korrumpieren zu lassen,
       solle man lieber auf die materielle Ebene der Heiratsgesellschaft
       Deutschland schauen: Ehegattensplitting, das Frauen in schlecht bezahlte
       Minijobs drängt, Kinderbetreuung und Hausarbeit, die ebenfalls nach wie vor
       hauptsächlich von Frauen verrichtet wird und die Ehe als heimeliger
       Rückzugsort gegen den immer weiter ins Private vordringenden Kapitalismus.
       
       Ein kurzer Blick auf die Magazin-Startseite zeigt schnell, in welche
       Richtung es geht: Klassenkampf, Sozialismus, und das laute Nachdenken über
       eine bessere Welt. Gastautor Ralph Neumann analysiert den Zusammenhang
       zwischen der Förderung von Wohneigentum und der Verdrängung
       Einkommensschwacher. An anderer Stelle wird der Einfluss des Freihandels
       auf den internationalen Drogenschmuggel problematisiert.
       
       „Eine linke Stimme zu den aktuellen Entwicklungen“ will Ada laut Sarah
       Nagel sein. Eine Stimme, die auch über aktuelle Diskurse und Grenzen
       hinausschaut. Deshalb auch der Name Ada – türkisch für Insel. Wobei es nach
       Angaben der Redaktion nicht darum geht, auf der Insel zu verbleiben,
       sondern von dort aufzubrechen. Drei bis fünf Texte möchte man künftig
       wöchentlich online stellen. Finanziert wird das Projekt von privaten
       Spendern. Acht Redakteure arbeiten bei Ada – alle ehrenamtlich. Einige sind
       bei der Linkspartei aktiv.
       
       Eines haben jedoch alle gemeinsam. „Wir haben alle Jacobin schätzen
       gelernt“, sagt Nagel. Jacobin ist ein sozialistisches US-Magazin, das seit
       2010 erscheint und mit dem Ada-Magazin kooperiert. Mit einer Auflage von
       40.000 Exemplaren gilt Jacobin mittlerweile als wichtigste Publikation der
       sozialistischen Linken in den USA. Ein Teil der Ada-Texte sind aus Jacobin
       übernommen.
       
       ## Konsequent materialistisch
       
       Bezeichnend für den essayistischen Journalismus des in New York
       erscheinenden Magazins ist die konsequent materialistische Ausrichtung der
       Berichterstattung. Arbeitskämpfe, Ausbeutung und das Leben unter
       kapitalistischen Produktionsbedingungen prägen die Berichterstattung weit
       mehr als identitätspolitische Fragestellungen.
       
       Auch das Ada-Magazin will sich laut Nagel „mehr an materiellen
       Fragestellungen“ orientieren. „Ada übersetzt von Politsprech in
       Normaldeutsch (…) ohne komplexe Gedanken und Argumente unter den Teppich zu
       kehren“ heißt es auf der Homepage des neuen Magazins.
       
       So ganz gelingt das allerdings noch nicht. Mehrere der langgezogenen Essays
       greifen Diskurse auf, die eher innerhalb linker Subströmungen diskutiert
       werden. Besonders niederschwellig ist eine Referenz zur „Zwangsläufigkeit
       der revolutionären Zuspitzung“ jedenfalls nicht.
       
       Auch stilistisch dürfte Ada nicht ganz den deutschen Lesegepflogenheiten
       entsprechen. Ellenlange Essays über geklaute Unterhosen als Metapher für
       die mangelnde Bindungskraft linker Bewegungen mag den Lesegewohnheiten
       US-amerikanischer Jacobin-Abonnenten entsprechen. Deutsche Leser sind
       jedoch zumeist an den Schreibstil gewöhnt, der an den hiesigen
       Journalistenschulen gelehrt wird. Ihnen dürfte der verspielte und wenig
       formalisierte Schreibstil – vor allem in den übersetzten Texten – zunächst
       fremd vorkommen.
       
       Doch dieser Stil könnte auch ein Erfolgsrezept für Ada sein. In Deutschland
       mangelt es zwar nicht an linken Publikationen – wohl aber an linken Texten
       mit unterhaltsamem und nicht-dozierendem Schreibstil. Eine echte Lücke.
       
       29 May 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://adamag.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jörg Wimalasena
       
       ## TAGS
       
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