# taz.de -- Verdeckter Polizeieinsatz bei G20: Undercover im Schwarzen Block
       
       > Ein Polizist soll sich unter die „Welcome to Hell“-Demo gemischt haben –
       > vermummt. Doch Vermummung war der Grund, die Demo aufzulösen.
       
 (IMG) Bild: Sehen Sie hier irgendwelche sächsischen Polizisten?
       
       Hamburg taz | Stimmt es, ist es ein Skandal: Sächsische Zivilpolizist*innen
       sollen undercover bei der G20-“Welcome to Hell“-Demonstration gewesen sein
       – vermummt im schwarzen Block. Die autonome Großdemonstration am Vorabend
       des G20-Gipfels in Hamburg war von der Polizei am Losgehen gehindert und
       auseinander geschlagen worden, weil Teilnehmer*innen der Demo vermummt
       gewesen waren.
       
       Die Aussage, unter den vermummten Demonstrant*innen seien sächsische
       Polizist*innen gewesen, kommt von einem beteiligten Beamten selbst: In
       einem Gerichtsprozess gegen einen G20-Gegner sagte er am Dienstag als Zeuge
       aus.
       
       Der Anwalt des Angeklagten, Lino Peters, schilderte der taz, er habe den
       Zeugen gefragt, wo dieser bei der „Welcome to Hell“-Demo eingesetzt gewesen
       sei. „Als ziviler Tatbeobachter, in der Demo-Gruppe drin, im Bereich der
       vermummten Personen“, habe der Polizist geantwortet. „Und was hatten Sie
       an?“, habe Peters gefragt. „Ein Tuch, das ich bis unter die Nase
       hochgezogen hatte, und ansonsten dunkle Kleidung“, habe die Antwort
       gelautet.
       
       Der Polizist habe außerdem erklärt, dass er und drei weitere Kollegen sich
       extra umgezogen hatten – von bürgerlicher Kleidung zum Black-Block-Dress
       wechselten – ehe sie sich vermummt in den schwarzen Block einreihten. Genau
       diesen schnellen Kleidungswechsel hatten Polizei, Innenbehörde und
       Staatsanwaltschaft im Nachgang des G20-Gipfels bei den Demonstrant*innen
       kritisiert. Die Polizei habe mit so einem Verhalten nicht nicht gerechnet,
       hatte es geheißen, und der Kleidungswechsel sei kennzeichnend für eine
       große Entschlossenheit, Straftaten zu begehen.
       
       ## Die Aufgabe ins Gegenteil verkehrt
       
       Straftaten haben die Polizisten, wenn es denn stimmt, was der sächsische
       Beamte laut Peters ausgesagt hat, durch die Vermummung ebenfalls begangen.
       „Hier wird deutlich, wie die Polizei von zwei Seiten zur Eskalation der
       Lage beigetragen hat“, sagt Peters. „Einerseits behelmt von außen, und
       andererseits verdeckt, aus der Demo heraus.“
       
       Indem die Polizei Straftaten begehe und so auch andere Leute dazu anstifte,
       verkehre sie ihre Ur- und Kernaufgabe, Straftaten zu verhindern, ins
       Gegenteil. Peters geht davon aus, dass neben den vier Polizisten noch
       weitere Beamt*innen vermummt unter den G20-Gegner*innen waren, und im
       Zweifel vielleicht auch mal die erste Flasche geworfen haben. „Ich glaube,
       das hier ist nur die Spitze des Eisbergs“, sagt er.
       
       Auch Christiane Schneider (Linke) geht von weit mehr derartigen Fällen aus.
       Sie hatte den Verdacht am Donnerstagabend im G20-Sonderausschuss der
       Bürgerschaft öffentlich gemacht und gefordert, dass der Senat umfassendes
       Videomaterial zur Aufklärung zur Verfügung stelle. Der Komplex „Welcome to
       Hell“ war allerdings schon in einer vergangenen Sitzung des Ausschusses
       verhandelt worden – ohne dass die eingesetzten Zivilpolizisten unter den
       Demonstrierenden erwähnt wurden.
       
       Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD), Polizeieinsatzleiter Hartmut Dudde
       und Polizeipräsident Ralf Meyer hatten lediglich geschildert, wie sehr die
       Polizei bemüht gewesen sei, die Demo loslaufen zu lassen – was aufgrund der
       Vermummung nicht möglich gewesen sei. Vermummung sei nun mal eine Straftat,
       die die Polizei nicht dulden könne.
       
       ## „Das geht überhaupt nicht“
       
       „Das ist ein Affront gegenüber dem Ausschuss!“, sagt Schneider der taz. „Da
       reden wir stundenlang über ‚Welcome to Hell‘ und später kommt raus, dass
       vermummte Tatbeobachter in der Demo waren.“ Zudem liege der Verdacht nahe,
       dass die Polizist*innen in provokativer Absicht unterwegs gewesen seien.
       „Das geht überhaupt nicht.“ Die sächsische Linke Jule Nagel stellte noch am
       Donnerstagabend eine Kleine Anfrage zum Thema ihre Landesregierung.
       
       Die sächsische Polizei fühlt sich für Anfragen, die den G20-Gipfel
       betreffen, nicht zuständig und verweist nach Hamburg, wo die Verantwortung
       für die Einsatzkoordination liege. Die Hamburger Polizei wollte sich am
       Freitag nicht zum konkreten Vorwurf äußern. Sie sagte aber, es gehöre zu
       den Aufgaben eines Tatbeobachters, sich unerkannt in seinem Umfeld zu
       bewegen. „Dazu gehört im Einzelfall ggf. auch eine dem Umfeld angepasste
       Bekleidung.“
       
       18 May 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katharina Schipkowski
       
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