# taz.de -- Berliner Tafel über Essener Ausschluss: „Allein Bedürftigkeit entscheidet“
       
       > Sabine Werth, die Vorsitzende der Berliner Tafel, kritisiert den
       > Aufnahmestopp für Migranten der Essener Tafel und appelliert an den
       > Bundesverband.
       
 (IMG) Bild: Wartende vor der Essener Tafel. Die hat einen Aufnahmestopp für Migranten verhängt. Andere Tafeln kritisieren diese Maßnahme
       
       taz: Frau Werth, in Essen werden aktuell [1][nur Personen mit deutschem
       Pass neu registriert] – wie schätzen Sie diese Situation ein? 
       
       Sabine Werth: Die Tafeln haben alle dem gleichen Grundsatz zu folgen und
       zwar, dass allein die Bedürftigkeit der Menschen darüber entscheidet, wer
       Unterstützung erhält und wer nicht. Ein Ausschluss nach einem anderen
       Kriterium ist undenkbar.
       
       Sie üben also Kritik am Vorgehen des Essener Verbands? 
       
       Es ist nicht an mir, andere Tafeln zu kritisieren – aber in Berlin wäre
       das, was die Essener gerade veranstalten, undenkbar. Wir dürfen
       rechtspopulistischen Wortführern kein Kanonenfutter liefern. Gleichzeitig
       möchte ich eines klarstellen: Es ist das gute Recht jeder Tafel, die
       Notbremse zu ziehen. Die Tafeln sind rein ehrenamtlich organisiert. Das
       heißt, wir verfügen nur über ein begrenztes Personal und über begrenzte
       Mengen an Lebensmittel, die wir verteilen können. Wenn der Andrang zu groß
       ist, können einer Tafel also die nötigen Ressourcen ausgehen und sie muss
       einen Aufnahmestopp verhängen. Dieser kann aber nur für alle oder für
       niemanden gelten.
       
       Auch wenn Sie selbst keine direkte Kritik an die Essener Tafeln richten
       wollen – wünschen Sie sich in dieser Sache eine Ansage vom Ihrem
       Dachverband? 
       
       Der Dachverband ist der Hüter des Tafelnamens und hier wird einer seiner
       Grundsätze ignoriert und missbraucht. Ich wünsche mir vom Bundesverband,
       dass er öffentlich klarstellt, was unsere Grundsätze sind – und dass ein
       Verstoß gegen diese auch Folgen nach sich ziehen kann. Die letzte
       Konsequenz wäre die Aberkennung des Tafelnamens.
       
       Wie könnte ihrer Meinung nach die Lage der Tafeln allgemein verbessert
       werden? Aufnahmestopps, egal für wen, sind ja sicherlich nicht in Ihrem
       Sinne. 
       
       Meine Forderungen richten sich an die Politik. Die ist dafür
       verantwortlich, allen Menschen in dieser Gesellschaft ein auskömmliches
       Leben zu ermöglichen. Das heißt, dass vor allem für höhere Löhne und höhere
       Renten gesorgt werden muss. Im besten Fall wäre eine Organisation wie die
       Tafeln gar nicht nötig. Aber wir können nicht auf die Politik warten,
       sondern müssen handeln.
       
       Davon abgesehen, dass die Tafeln gerade mit großem Andrang fertig werden
       müssen – mit welchen Herausforderungen haben Sie aktuell zu kämpfen? 
       
       Die Supermärkte werden ständig besser darin, die vorgehaltenen
       Warenbestände zu minimieren und rechtzeitig zu verkaufen – dadurch fällt
       auch weniger für uns ab. Die Krux sind allerdings die Privathaushalte. Sie
       werfen zu viel weg. Es muss aus den Köpfen raus, dass das
       Mindesthaltbarkeitsdatum gleichbedeutend mit dem Verfallsdatum ist. Da
       benötigen wir Kampagnen, um die Leute aufzuklären und zu einem Umdenken zu
       bewegen. Auch wenn zum Beispiel die Foodsaver schon einiges erreicht haben,
       müssen wir da noch viel mehr machen.
       
       23 Feb 2018
       
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