# taz.de -- Regionalkrimi im ZDF: Noch so einer
       
       > Regionalkrimis sind die Superheldenfilme der Öffentlich-Rechtlichen. Im
       > Sommerloch hat das ZDF nun „Mordkommission Königswinkel“ versteckt.
       
 (IMG) Bild: Julia Bachleitner (Lavinia Wilson) und Thomas Stark (Vladimir Burlakov)
       
       Die sechste und letzte Folge der besten deutschen Fernsehserie, „Kir
       Royal“: Baby hat seine eigene Klatschkolumne inzwischen selbst so satt, er
       wähnt sich längst mit großer Story auf dem Absprung vom Lokaljournalismus.
       Die Kolumne muss einstweilen weiterlaufen. Zu Sekretärin Edda: „Da hast die
       Gästeliste, die schreibst einfach ab!“ Im Jargon nennt man das „kalt
       schreiben“. Angeblich sind Lokaljournalisten (und Kritiker) dafür besonders
       anfällig.
       
       „Man geht nicht hin, schreibt aber über die Veranstaltung, als hätte man
       sie besucht“, wird das „Kalt schreiben“ in dem Fernsehkrimi erklärt, den
       das ZDF am Montagabend mitten im Sommerloch aus dem Hut zaubert. Eine von
       drei Leichen ist Lokaljournalist, auch er wähnte sich mit großer
       Mafia-Story schon auf dem Absprung. Und behalf sich wie einst Baby: „Im
       Lokalteil wollen die Leute ihren Namen lesen. Und den richtig geschrieben.
       Der Rest ist zweitrangig.“
       
       Der Franzose Pierre Bayard hat vor ein paar Jahren einen Buch-Bestseller
       gelandet: „Wie man über Bücher spricht, die man nicht gelesen hat“. Das
       müsste doch auch bei Filmen funktionieren. Jedenfalls dann, wenn sie so
       vorhersehbar aus einem leidlich bekannten Repertoire an Chargen und Motiven
       nach Schema F konstruiert sind wie „Mordkommission Königswinkel – Liebe bis
       über den Tod“ (Buch: Jürgen Werner, Regie: Thomas Nennstiel).
       
       Da sind zum Beispiel die Amigo-Seilschaften, der Selbstläufer in
       Bayernkrimis. Und wenn man dann noch weiß, dass die von Lavinia Wilson
       gespielte Kommissarin Julia Bachleitner mit einem Landrat verheiratet ist
       und sich so einen phänotypischen Schmierlappen vorstellt – am besten
       residiert er in so einem Architektenhaus, denn im deutschen Fernsehkrimi
       ist moderne Architektur immer ein todsicheres Indiz –, dann ist der ganze
       Film eigentlich schon vor dem inneren Auge abgelaufen. Zumal wenn da im
       Titel schon „Mordkommission“ – oder alternativ „SOKO“ – steht und darauf
       der Name einer reizvollen Provinzgegend folgt, nicht zwingend aber
       vorzugsweise in Bayern oder Friesland.
       
       Regionalkrimis sind die Superheldenfilme der Öffentlich-Rechtlichen. Es
       folgt immer noch einer. Regionalkrimi heißt Lokalkolorit – heißt Dialekt.
       Aber auf keinen Fall zu viel davon, sonst kommen wieder so viele
       Leserbriefe aus den 15 anderen Bundesländern. Die (etwa in diversen
       „Tatorten“) bewährte Lösung: Die Nebendarsteller sprechen Bayerisch, die
       Hauptdarsteller Hochdeutsch. Nicht dass die Schauspielerin Wilson, in
       München geboren und aufgewachsen, kein Bayerisch könnte – ihre Agenturseite
       weist es ausdrücklich aus. Auch der in Moskau geborene Vladimir Burlakov
       ist in München aufgewachsen. Er gehört neben Alina Levshin zu den aus
       Dominik Grafs Russenmafia-in-Berlin-Saga „Im Angesicht des Verbrechens“
       hervorgegangenen Jungstars russischer (respektive ukrainischer) Herkunft.
       Burlakovs Präsenz veredelt aktuell zahlreiche Fernsehspiele. Ob vor drei
       Wochen ein „Mata Hari“-Biopic der ARD oder jetzt diese Krimischmonzette im
       ZDF.
       
       ## Ein Cliffhanger! Ein Cliffhanger!
       
       Der Sender droht übrigens, „Königswinkel“ seriell fortzusetzen. Da versteht
       es sich von selbst, dass die ach so ungleichen Ermittler als Duo wider
       Willen anfangen – sie sollen sich erst noch zusammenraufen. Es versteht
       sich auch, dass sie den Mörder am Ende finden. Dass es aber gleichwohl
       eines Cliffhangers bedarf. So viel hat man inzwischen von den
       amerikanischen Serienmachern gelernt.
       
       Was sich nicht von selbst erklärt: Das Sommerloch ist bei den
       Öffentlich-Rechtlichen Wiederholungszeit, das Fernsehen muss halt mitmachen
       bei der Austeritätspolitik, aber warum werden da eigentlich immer nur die
       wenn auch noch so mäßigen Programme der vergangenen ein bis drei Jahre
       wiederholt? Und nicht die herausragenden Produktionen, das Best-of von wann
       auch immer? So eine 30 Jahre alte Serie hätte doch gerade den Vorzug, dass
       die Jüngeren sie noch nicht und manche Ältere sie nicht mehr kennen. Wie
       wär’s mit „Kir Royal“?
       
       10 Jul 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jens Müller
       
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