# taz.de -- Ende von ZDF-Serie „Soko München“: Aus für Cordsakkos
       
       > Die ZDF-Serie „Soko München“ hat in 46 Staffeln Geschichte geschrieben.
       > Sie hatte etwa die erste Fernsehkommissarin des Landes. Nun ist Schluss.
       
 (IMG) Bild: Da steht schon wieder jemand nicht mehr auf: Leiche vor Landschaft
       
       Das beige Cordsakko von Kriminalhauptkommissar Göttmann wird man nicht
       vergessen, wenn man einmal das gewaltige Revers bewundert hat. Und die
       Szene, in der der Verwaltungsbeamte der Münchner Polizei durch sein
       Aquarium hindurch auf die Uhr schaut und umgehend zum Mantel greift, wenn
       diese auf 17:30 springt, gehört sowieso zur Fernsehgeschichte.
       [1][Endgültig Feierabend ist nun] für die gesamte „Soko München“. Was als
       „Soko 5113“ im Jahr 1978 im Vorabendprogramm des ZDF begonnen hat, endet am
       29. Dezember nach 46 Staffeln und 674 Folgen mit dem 90-Minüter
       „Countdown“.Das war’s also mit der Vorabend-Action aus der bayerischen
       Landeshauptstadt.
       
       Die war lange kaum zu erkennen in der Serie. Die Wahrzeichen Münchens
       wurden lange eher sparsam eingesetzt. Die Polizei ermittelte damals nicht
       im Schatten der Frauentürme, zu Fuße des Fernsehturms oder vor dem
       geschwungenen Zeltdach des Olympiaparks. Sie arbeitete hinter grauen
       Bürotüren, rauchte an ihren resopalbeschichteten Schreibtischen, und die
       Kulissen von Befragungen bildeten die wuchtigen Schrankwände, die bis weit
       in die 1980er Zeichen für Wohlstand waren.
       
       Vor solchen Schrankwänden wohnten auch die Kommissare, deren Frauen
       durchaus in den Fight gegangen sind, wenn ihnen der Gatte nicht erlaubt
       hat, auch nur ein paar Stunden in der Woche einem Job nachzugehen. Die
       lichtdurchflutete Wohnung eines „Soko-München-Ermittlers“ von heute würden
       die Beamten von damals wahrscheinlich nicht ohne Sonnenbrille betreten.
       
       Die Verbrechen haben sich in den 40 Jahren der Soko ebenso gewandelt wie
       die Gesellschaft. Die Kriminaler von seinerzeit sahen sich als kleine
       Leute. Immer wieder begegneten ihnen Freunde, die es nicht so recht
       geschafft haben und die sie vor dem Absturz in die Drogenkriminalität
       bewahren wollen. Die Ermittler von heute scheinen eher über den Leuten zu
       stehen. Sie sind die Gerechten, weitgehend frei von einem Leben, zu dem
       auch ein Absturz gehören kann.
       
       ## Abflug nach Gran Canaria
       
       Einen solchen erlebte Kommissar Herle. Er hat sich mit der Frau zerstritten
       und gesoffen wie ein Loch. Die Schimpftiraden seines Chefs setzten ihm
       derart zu, dass er es tatsächlich für eine gute Idee gehalten hat, mit dem
       Koffer voller Tausender, den er nach einer gescheiterten Geldübergabe
       findet, abzuhauen. Das Drehbuch zu jener Folge hat [2][ein gewisser Diether
       Krebs] geschrieben. Er spielte Herle, und wer gesehen hat, wie er mit
       dottergelber Windbluse schnittig bekleidet nach Gran Canaria abfliegt,
       konnte wohl ahnen, dass er bald schon als einer der größten TV-Komiker in
       die Unterhaltungsgeschichte eingehen würde.
       
       Fernsehgeschichte schrieb auch Ingrid Fröhlich. Sie gehörte in den ersten
       19 Folgen als Renate Burger zu Soko 5113. Dass sie damit [3][die erste
       TV-Kommissarin des Landes] war, sei damals kein Thema gewesen, erzählt sie
       im Gespräch mit der taz: „Erst später war das eine große Nummer.“ Damals
       sei das für sie eben eine Rolle gewesen wie viele andere. Gefallen hat sie
       ihr schon bald nicht mehr. „Ich war letztlich keine echte Kommissarin. Ich
       saß immer am Schreibtisch, und die Männer sind auf Verbrecherjagd
       gegangen“, erinnert sie sich.
       
       ## Kein Gespür für Frauen
       
       Das war dann auch der Grund, weshalb sie ausgestiegen ist. Die Drehbücher
       seien schon gut gewesen, aber für Frauen hätte man einfach kein Gespür
       gehabt. Auch Dieter Schenk nicht. Der war Kriminaler, bevor er frustriert
       ausgestiegen ist, seine Erinnerungen aufgeschrieben hat und lange der
       [4][wichtigste Ideengeber für die Serie] war. Die Jagd nach Drogendealern,
       der Frust darüber, dass den Hinterleuten oft nichts nachzuweisen war und
       die Mahnung, wie gefährlich Drogenmissbrauch sein kann, waren oft so
       überzeichnet dargestellt, dass literweise Moralin aus den Fernsehröhren
       floss.
       
       Ob es den Machern der „Soko München“, wie die Serie seit 2015 heißt, noch
       um etwas ging, ist schwer auszumachen. Krimimeterware mit Lokalkolorit
       wurde da geliefert. Münchens Sehenswürdigkeiten wurden mehr und mehr zur
       Kulisse, und manch Wahrzeichen wie der langjährige Oberbürgermeister
       Christian Ude bekamen eigens Auftritte ins Drehbuch geschrieben.
       
       ## Viel drin und wenig dran
       
       München war da wichtiger als Soko. Die Abschlussfolge hat ein furioses
       Finale in der Olympiahalle, es geht um den Korpsgeist in der Polizei und
       ein Naziattentat auf eine türkeistämmige bayerische Innenministerin. Diese
       ganz große Nummer mit Scharfschützen und ganz viel SEK ist doch arg
       ausgedacht. Da ist viel drin und wenig dran. Und ein Cordsakko hat auch
       keiner an.
       
       29 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.prisma.de/news/SOKO-Muenchen-Gerd-Silberbauer-ueber-Aus-Die-wahren-Gruende-weiss-ich-bis-heute-nicht,27871075
 (DIR) [2] /Archiv-Suche/!1254690&s=diether+krebs&SuchRahmen=Print/
 (DIR) [3] https://www.bz-berlin.de/kultur/fernsehen/ingrid-froehlich-79-nach-40-jahren-wieder-bei-der-soko
 (DIR) [4] https://www.tvmovie.de/news/soko-muenchen-zdf-zeigt-letzte-folge-der-krimi-reihe-116108
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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