# taz.de -- Radverkehr: Auf der Zielgeraden
       
       > Gemeinsames Gesetz oder doch Volksentscheid? Beim Spitzentreffen der
       > Rad-Aktivisten mit Verkehrssenatorin Günther dürfte sich zeigen, wohin
       > die Reise geht.
       
 (IMG) Bild: Ist mehr als ein paar Logos auf die Straße zu pinseln: Radverkehrspolitik in Berlin
       
       Der Titel klingt eher nüchtern. „Dialog Radgesetz beginnt“, schreibt die
       Pressestelle der parteilosen, von den Grünen ins Amt geholten Senatorin
       Regina Günther über das, was am Mittwochmorgen in der Senatsverwaltung für
       Umwelt und Verkehr ansteht. Dabei ist das auf zweieinhalb Stunden
       angesetzte Gespräch mit der Initiative Fahrrad-Volksentscheid und den
       Koalitionsfraktionen weit mehr als ein bloßer Auftakttermin. Denn man muss
       erst wieder Vertrauen aufbauen: „Wir sind enttäuscht von den Grünen“, sagte
       Mitinitiator Heinrich Strößenreuther der taz.
       
       Die Initiative hat ihre Forderungen neben das gelegt, was sich dazu im
       rot-rot-grünen Koalitionsvertrag findet, und hat nur 20 Prozent
       Übereinstimmung gefunden. Das passt für Strößenreuther nicht damit
       zusammen, dass die Grünen im Sommer – vor der Parlamentswahl – die in einem
       Gesetzentwurf gesammelten Forderungen fast komplett übernahmen und ins
       Parlament einbrachten. „Die 80 Prozent Differenz müssen die Grünen
       erklären“, sagt Strößenreuther, „wir sind alles andere als zufrieden.“
       
       Die Grünen-Fraktion, die nach einer Klausurtagung am Wochenende Mobilität
       und Radverkehr als einen ihrer Schwerpunkte bezeichneten, wies das von
       sich: Man habe eigentlich alle Forderungen der Initiative übernommen, hieß
       es.
       
       Vor diesem Hintergrund ist durchaus nicht klar, ob es nicht doch (auch
       unter einer rot-rot-grünen Koalition) einen Volksentscheid über die
       Radforderungen gibt – vor allem Radwege und Stellplätze. Die Initiative
       drängt darauf, das der Senat endlich seine Prüfung abschließt, ob die
       Forderungen nun rechtskonform sind – was ja egal wäre, wenn man nicht daran
       dächte, weiter zu machen.
       
       Ein noch unter der rot-schwarzen Regierung und dem jetzigen Innensenator
       Andreas Geisel (SPD) als Verkehrssenator in Auftrag gegebenes und im Januar
       bekannt gewordenes Gutachten hatte den Gesetzentwurf als nicht
       rechtskonform betrachtet. Die letztliche Entscheidung liegt aber bei der
       Senatsverwaltung für Inneres, also personell weiter bei Geisel. Seine
       Verwaltung konnte am Dienstag noch keinen Termin dafür nennen. „In Kürze“
       soll es soweit sein, sagte sein Sprecher der taz.
       
       Für Strößenreuther sollte das alles längst erledigt sein müssen: „Das ist
       der blanke Hohn, wie sich Rot-Rot-Grün hier zum Thema Partizipation
       verhält.“ Man habe die beanstandeten Passagen nachgebessert. Ein Sprecher
       von Senatorin Günther sagte der taz zur Erwartungshaltung für Mittwoch:
       „Wir hoffen, dass wir auf einen gemeinsamen Nenner kommen.“
       
       Etwas unübersichtlich ist die Diskussion, weil beide Seiten von einem
       Radgesetz reden, aber bislang nicht dasselbe meinen: Es gibt einerseits den
       entsprechenden Gesetzentwurf der Initiative, andererseits das von der
       Koalition und Senatorin Günther angekündigte Rad-Gesetz. Das soll als Dach
       zudem ein Mobilitätsgesetz bekommen. Eigene Gesetze für die anderen
       Verkehrsarten Bus und Bahn, Fußgänger und Auto sind allerdings nicht
       geplant.
       
       Dem Mittwochtermin sollen drei weitere folgen, dann soll der Gesetzentwurf
       stehen. Ursprünglich hatte Günther angekündigt, dass das Parlament ihn
       bereits im März beschließen könnte. Die Initiative will laut Strößenreuther
       nach diesen Treffen klären, ob ihr das dabei Erreichte genügt: „Für eine
       Schmalspurvariante sind wir nicht angetreten.“ Das Volksbegehren weiter zu
       führen, wird sich die Initiative wohl so lange offen halten, bis ihre
       Forderungen mit einem Gesetz beschlossen sind, er spricht von „der
       Rückfallebene Volksentscheid“.
       
       Den nötigenfalls parallel zur Bundestagswahl im September abzuhalten ist
       allerdings schon vom Zeitplan her nicht mehr möglich: Allein fürs Sammeln
       der für einen Volksentscheid nötigen 174.000 Unterschriften ist gesetzlich
       ein Zeitraum von vier Monaten festgeschrieben – selbst wenn diese Menge
       schon in vier Wochen zusammenkäme. Hinzu kommen Auszählung, Prüfung,
       Stellungsnahme von Senat und Abgeordnetenhaus. Ein Volksentscheid ist zwar
       nicht an eine Wahl gebunden, hat aber erfahrungsgemäß mehr Zulauf und
       dadurch größere Erfolgschancen. Die erste Stufe des Verfahrens im
       vergangenen Frühjahr zeigte allerdings, dass das Thema Rad derart bewegt,
       dass ein Volksentscheid nicht an unzureichender Beteiligung scheitern
       dürfte.
       
       14 Feb 2017
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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