# taz.de -- Kommentar Bundeswehreinsatz im Inland: Ein schäbiges Schauspiel
       
       > Im Namen des Kampfs gegen den Terror soll der Boden für künftige Einsätze
       > der Bundeswehr im Innern bereitet werden. Warnende Stimmen fehlen.
       
 (IMG) Bild: Verteidigungsministerin von der Leyen bei einem Besuch einer Panzerbrigade in Torgelow
       
       Das bislang Undenkbare denkbar machen – das ist der eigentliche Zweck der
       Übung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Innenminister
       Thomas de Maizière. Im Namen des Kampfs gegen den Terror bereiten sie den
       Boden, um künftig die Bundeswehr auch ohne Grundgesetzänderung unterhalb
       der Schwelle des Staatsnotstands [1][militärisch im Inland einsetzen] zu
       können. Dass der grüne Ministerpräsident und bekennende
       Schwarz-Grün-Befürworter Winfried Kretschmann bei diesem Schmierenstück
       mitspielt, verwundert zwar nicht, bleibt aber trotzdem empörend.
       
       Mit der Rückendeckung von Kanzlerin Angela Merkel wollen von der Leyen und
       de Maizière jetzt offensiv den Interpretationsspielraum bei der Auslegung
       des Grundgesetzes nutzen, den das Bundesverfassungsgericht 2012 eröffnet
       hat. Das nicht abwegige Kalkül ist, dass die Karlsruher Richter der
       Bundesregierung schon nicht in die Parade fahren werden.
       
       Es ist das gleiche schäbige Schauspiel, das schon in den Jahren nach der
       Wiedervereinigung aufgeführt wurde, um Out-of-Area-Einsätze der Bundeswehr
       wider den Wortlaut des Grundgesetzes möglich zu machen. Auch damals fehlte
       es an einer verfassungsändernden Mehrheit im Bundestag, also passte die
       Kohl-Regierung sukzessive – und von Karlsruhe sanktioniert – die
       Verfassungspraxis den „neuen Realitäten“ an. Genauso macht es nun die
       Merkel-Regierung – mit gerademal leichtem Murren der SPD-Minister.
       
       Deutschland ist einer der wenigen Staaten weltweit, die sich einer strikten
       Trennung von Militär und Polizei verschrieben haben. Aus guten historischen
       Gründen sind die innerstaatlichen Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr stark
       limitiert. Die Terrorbekämpfung im Innern sollte eine polizeiliche Aufgabe
       bleiben.
       
       Als die Große Koalition 1968 mit den Notstandsgesetzen den Einsatz der
       Bundeswehr im Innern grundsätzlich ermöglichte, gab es einen großen
       gesellschaftlichen Aufschrei. Dabei ging es seinerzeit „nur“ um den
       extremen Ausnahmefall des Staatsnotstands. Doch zu nah war noch die Zeit
       des Nationalsozialismus, zu präsent auch die unrühmliche Rolle, die die
       Reichswehr in der Weimarer Republik gespielt hatte. Inzwischen ist die
       Erinnerung verblasst. Heutzutage gibt es keine Demokratiebewegung, keine
       große außerparlamentarische Opposition, keinen Heinrich Böll, keinen Ernst
       Bloch und keinen Helmut Gollwitzer, die vor der Gefahr einer inneren
       Militarisierung warnen. Sie fehlen.
       
       31 Aug 2016
       
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