# taz.de -- BGH-Verhandlung Wowereit gegen „Bild“: Der Drink, der Zeitgeschichte war
       
       > Karlsruher Richter müssen entscheiden, wann die Freizeit von Politikern
       > im öffentlichen Interesse ist. Im Fall Wowereit tun sie sich schwer.
       
 (IMG) Bild: „Wowi“ ging etwas trinken, die Presse kam mit – darf sie das?
       
       KARLSRUHE taz | Wie gut ist das Privatleben von Politikern vor
       Pressefotografen geschützt? Das muss der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall
       des ehemaligen Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Wowereit (SPD),
       entscheiden. Nach der Verhandlung am Dienstag deutet sich eine
       Grundsatzentscheidung an, die aber erst am 27. September verkündet wird.
       
       Der Hintergrund: Im Januar 2013 musste Wowereit eine Vertrauensabstimmung
       im Berliner Abgeordnetenhaus überstehen. Anlass waren die ständigen
       Verzögerungen beim neuen Berliner Flughafen BER. Am Abend vor der
       Abstimmung saß Wowereit aber noch entspannt mit Freunden in der Paris Bar,
       einem Künstlerlokal in Charlottenburg. Dort wurde er fotografiert, wohl
       durch die Scheibe hindurch. Zwei Tage später druckte die Bild-Zeitung drei
       Fotos mit der Überschrift „Vor der Vertrauensabstimmung ging's in die
       Paris-Bar“.
       
       Wowereit sah sein Persönlichkeitsrecht verletzt und klagte gegen die
       Bild-Zeitung auf Unterlassung. Vor den Berliner Gerichten hatte er in zwei
       Instanzen Erfolg. Doch Bild ging in Revision zum BGH und berief sich auf
       die Pressefreiheit.
       
       ## Privat oder öffentlich
       
       Maßstab für den Fall ist das Kunsturhebergesetz. Danach dürfte das Foto von
       Wowereit ohne dessen Zustimmung nur verbreitet werden, wenn es um ein
       „Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ geht und wenn keine
       „berechtigten Interessen“ Wowereits verletzt wurden.
       
       Bild-Anwalt Achim Krämer betonte das große Interesse der Öffentlichkeit.
       „Die Leute wollen wissen, ob Wowereit vor einer solchen Abstimmung in die
       Kirche geht und sich eine Bußpredigt anhört – oder ob er in der Paris Bar
       sitzt und entspannt seine Drinks genießt.“ Außerdem seien die Bilder auf
       derselben Seite durch einen längeren Artikel ergänzt worden, der Wowereits
       Vita „vom Party-Bürgermeister zum Bruchpiloten“ nachzeichnete.
       
       Wowereits Anwältin Cornelie von Gierke betonte dagegen, in der Paris Bar
       habe es sich um eine „rein private Situation“ gehandelt. „Er war hier
       gerade nicht in berufliche Pflichten eingebunden.“
       
       Der Vorsitzende Richter Gregor Galke ließ nicht erkennen, wozu der Senat
       tendiert. Die Richter konnten sich am Dienstag offensichtlich auch nicht
       einigen. Zunächst war ein Urteil für 16 Uhr angekündigt, dann wurde der
       Termin aber auf 27. September verschoben.
       
       2008 hatte der BGH entschieden, dass die SPD-Politikerin Heide Simonis am
       Tag, an dem ihre Wiederwahl als Kieler Ministerpräsidentin scheiterte, beim
       Einkaufen fotografiert werden durfte. „Danach ging Heide erstmal shoppen“,
       titelte die Bild-Zeitung. Der BGH sah damals ein „erhebliches Interesse der
       Öffentlichkeit“ am Verhalten Simonis unmittelbar nach ihrem Amtsverlust.
       
       27 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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