# taz.de -- Anschlag auf Flüchtlingsunterkunft: Mit scharfer Handgranate
       
       > In Baden-Württemberg kam es zur Attacke auf ein Flüchtlingsheim – mit
       > einer Handgranate. Justizminister Maas spricht von einer „neuen Qualität
       > der Gewalt“.
       
 (IMG) Bild: Einsatzkräfte der Feuerwehr sichern die Flüchtlingsunterkunft in Villingen-Schwenningen ab.
       
       Villingen-Schwenningen dpa/afp | Die Gewalt gegen Asylsuchende hat eine
       neue Dimension erreicht: Unbekannte verübten einen Anschlag mit einer
       Handgranate auf eine Flüchtlingsunterkunft im baden-württembergischen
       Villingen-Schwenningen. Nach dpa-Informationen wurde die scharfe
       Handgranate in der Nacht zum Freitag über einen Zaun auf das Gelände der
       Erstaufnahmestelle im Schwarzwald-Baar-Kreis geworfen. Der
       Sicherheitssplint war gezogen, die mit Sprengstoff gefüllte Granate
       explodierte jedoch nicht. Menschen kamen nicht zu Schaden.
       
       Ein Sicherheitsmann bemerkte die Granate gegen 1.15 Uhr auf dem Boden und
       alarmierte die Behörden. Die Granate wurde von Entschärfern des
       Landeskriminalamtes kontrolliert gesprengt, wie ein Polizeisprecher
       mitteilte. Ob ein Zünder vorhanden war, ist bisher nicht bekannt. 20
       Bewohner des Einrichtung mussten kurzzeitig ihre Wohnungen verlassen. Die
       Kriminalpolizeidirektion Rottweil hat eine Sonderkommission „Container“
       eingerichtet. Die Ermittlungen laufen in alle Richtungen.
       
       Innenminister Reinhold Gall (SPD) forderte die Mitarbeiter in seinem
       Zuständigkeitsbereich auf, sich von der grassierenden „Hysterie“ in der
       Flüchtlingskrise nicht anstecken zu lassen. In einem internen Schreiben
       hieß es: „Wir werden die Lage bewerten wie sie ist und nicht wie sie
       scheint, wir werden dem Rechtsstaat weiter konsequent Geltung verschaffen,
       wir werden Vernunft walten lassen, wo andere Aktionismus an den Tag legen.“
       
       ## „Das Ausmaß der Gewalt ist erschreckend“
       
       Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat sich erschüttert über den
       Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Baden-Württemberg mit einer
       Handgranate gezeigt. „Das Ausmaß der Gewalt ist erschreckend“, erklärte
       Maas am Freitag in Berlin. „Wir können alle nur dankbar sein, dass dieses
       Mal niemand verletzt wurde.“ Die Täter dürften nicht ungestraft davon
       kommen. „Sie müssen konsequent ermittelt und bestraft werden“, forderte
       Maas.
       
       „Der Anstieg von Angriffen gegen Flüchtlinge, Helfer oder Polizisten ist
       insgesamt dramatisch“, erklärte Maas. Die „neue Qualität der Hetze und
       Gewalt“ müsse allen Demokraten ein Ansporn sein, noch entschiedener für
       eine offene und tolerante Gesellschaft einzutreten. „Sprengkörper auf
       Flüchtlingsheime fliegen heute schon, wir dürfen nicht abwarten, bis es die
       ersten Toten gibt“, mahnte der Justizminister.
       
       Auch weitere Politiker zeigten sich besorgt. „Also das ist wirklich
       unfassbar, dass jetzt schon mit Handgranaten - quasi mit militärischen
       Waffen - auf Asylsuchende losgegangen wird“, sagte Ministerpräsident
       Winfried Kretschmann (Grüne) am Freitag in Stuttgart. „Wir müssen einfach
       alles dafür tun, dass wir Extremismus [...], der die rote Linie
       überschreitet und zu Gewalt übergeht, dass wir den gesellschaftlich radikal
       ächten.“
       
       „Der Angriff mit einer Handgranate ist eine neue, erschreckende Kategorie
       des Hasses, die ein schrillendes Alarmsignal sein muss“, erklärte auch
       Grünen-Chefin Simone Peter. „Der Kampf gegen rechten Terror muss von der
       Kanzlerin zur Chefsache gemacht werden“, forderte Peter. „Die
       Sicherheitsbehörden müssen mit einer schlagkräftigen Task Force die rechte
       Gewalt stoppen, bevor es die ersten Toten zu beklagen gibt.“
       
       Baden-Württembergs CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf nannte die Attacke einen
       „Anschlag gegen die Menschlichkeit.“ Die Tat müsse mit der ganzen Härte des
       Rechtsstaates verfolgt und bestraft werden. „Das ist Terrorismus“,
       twitterte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD).
       
       ## Übergriffe der vergangenen Jahre
       
       Im Südwesten gab es nach Auskunft des Innenministeriums vom Freitag im
       vergangenen Jahr 68 Übergriffe gegen Flüchtlingsunterkünfte. In Deutschland
       wurden im gleichen Zeitraum mit 173 Gewalttaten mehr als sechsmal so viele
       Übergriffe verzeichnet wie noch 2014, hatte das Bundeskriminalamt (BKA) am
       Donnerstag mitgeteilt. Besonders extrem ist die Zunahme bei den
       Brandstiftungen, wo die Zahl im Jahresvergleich von 6 auf 92 stieg. Seit
       dem 1. Januar 2016 hat das BKA weitere 10 Gewalttaten gegen Asylunterkünfte
       erfasst.
       
       Die Gesamtzahl der Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte stieg um mehr
       als das Fünffache von 199 auf 1005. Davon wurden 901 Taten als politisch
       motivierte Kriminalität (PMK) dem rechten Spektrum zugeschrieben. Im
       gesamten Jahr 2014 waren es noch 199 Straftaten gewesen, von denen 177 als
       PMK-rechts gewertet wurden.
       
       Bestätigte Brandanschläge, mutmaßliche und solche, bei denen nicht
       ausgeschlossen werden kann, dass es sich um Brandstiftung handelt, werden
       in [1][dieser Liste] aufgezählt und auf [2][dieser Karte] dargestellt. Die
       Liste wird immer wieder aktualisiert.
       
       29 Jan 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Liste-der-Brandanschlaege-auf-Unterkuenfte/!5235937/
 (DIR) [2] http://umap.openstreetmap.fr/de/map/brandanschlage-auf-fluchtlingsunterkunfte-2015_54350#6/51.611/11.602
       
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