# taz.de -- Österreichs Flüchtlingspolitik: Schlagbaum runter
       
       > Wien schlägt schärfere Töne an, um Zuwanderer fernzuhalten. Die
       > Schengen-Grenze zwischen Slowenien und Kroatien soll besser kontrolliert
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Innenministerin Johanna Mikl-Leitner will sich „von der Willkommenskultur verabschieden“.
       
       Wien taz | Österreichs junger Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) versucht
       sich in jüngster Zeit als Vorreiter einer restriktiven Flüchtlingspolitik.
       Beim Treffen mit EU-Kollegen in Brüssel reagierte er Montag auf das
       Versagen der Europäischen Union, die Sache zentral zu regeln: „Es kann 2016
       nicht noch einmal so ablaufen, wie es 2015 abgelaufen ist.“ Die
       Schengengrenze müsse dicht gemacht werden oder, wenn das nicht klappt, dann
       sei der Schlagbaum eben an den nationalen Grenzen herunterzulassen.
       
       Als sinnvolle Möglichkeit bezeichnete Kurz auch ein gemeinsames Vorgehen
       Deutschlands, Sloweniens und Österreichs, um die Grenzen besser zu
       schützen. Slowenien gilt als eines der Haupttransitländer für Flüchtlinge,
       die über Griechenland nach Westeuropa kommen.
       
       Ob das bedeutet, dass deutsche Beamte gemeinsam mit Österreichern und
       Slowenen an der Schengengrenze eingesetzt werden sollen, blieb unklar. In
       Berlin erklärte ein Sprecher des Innenministeriums, es würden in Gesprächen
       gemeinsame Möglichkeit ausgelotet. Konkrete Zeitpläne etwa für eine
       deutsche Beteiligung könne er aber nicht nennen.
       
       Die konservative Österreichische Volkspartei teilt sich die Regierung mit
       der sozialdemokratischen SPÖ. „Wir müssen Grenzen setzen, um den
       Flüchtlingsstrom zu stoppen und Österreichs Kapazitäten nicht zu
       überfordern“, hatte der Chef der Österreichischen Volkspartei, Reinhold
       Mitterlehner, am Wochenende erklärt: „Es müssen weniger Flüchtlinge werden
       – bis zum Nullpunkt.“ Innenministerin Johanna Mikl-Leitner appellierte an
       die Sozialdemokraten, „sich von der Willkommenskultur zu verabschieden“. Im
       vergangenen Jahr stellten über 90.000 Personen in Österreich einen
       Asylantrag. Für dieses Jahr erwartet das Innenministerium eine Steigerung
       auf 120.000.
       
       ## Gegen Wirtschaftsflüchtlinge
       
       Von Obergrenzen will bei Österreichs Sozialdemokraten niemand sprechen.
       Jeder weiß, dass das mit der Genfer Flüchtlingskonvention nicht vereinbar
       ist.
       
       Ähnlich wie in Deutschland schießen sich die Politiker auf die sogenannten
       Wirtschaftsflüchtlinge ein – als ob sie es wären, die die humanitären
       Kapazitäten Europas überbeanspruchen würden. Es wird suggeriert, sie seien
       nicht nur viele, sondern könnten auch leicht identifiziert werden. Die
       Statistik belehrt alle, die sie wahrnehmen wollen, eines Besseren: In
       Österreich stammten vergangenes Jahr 70 Prozent der Asylwerber aus den drei
       Kriegsländern Syrien, Afghanistan und Irak. Menschen aus Staaten wie
       Marokko, Algerien und Pakistan, die als sicher gelten, können nicht
       zurückgeschoben werden, da ihre Regierungen sich weigern, Emigranten
       zurückzunehmen.
       
       Man setzt also auf Abschreckung. Ungarn hat neben dem Grenzzaun bereits
       Wartezonen eingerichtet, von wo alle jene, die es doch über die Grenze
       schaffen, zum Schnellrichter nach Szeged verfrachtet und nach Serbien
       zurückgeschoben werden.
       
       Solche Wartezonen schweben jetzt auch der ÖVP vor, die das Flüchtlingsthema
       für den eben anlaufenden Präsidentenwahlkampf entdeckt hat. Österreich
       hilft der slowenischen Polizei bereits seit Oktober mit eigens geschulten
       Polizisten. Auch nach Kroatien sollen österreichische Exekutivbeamte
       verlegt werden. Seit Deutschland nur mehr jene ins Land lässt, die einen
       Asylantrag stellen wollen, hat sich das Problem auch wieder an die
       griechisch-mazedonische Grenze verlagert. Durchgelassen werden allerdings
       nur Syrer, Iraker und Afghanen, weshalb Menschen aus anderen Ländern sich
       gefälschte Papiere besorgen und als Staatsbürger dieser Länder ausgeben.
       
       18 Jan 2016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Leonhard
       
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