# taz.de -- Parteitag in Karlsruhe: Kommt ein Seehofer zur CDU
       
       > Auf dem Parteitag der CSU hatte Horst Seehofer die Bundeskanzlerin
       > brüskiert. Nun erschien er zum Gegenbesuch in Karlsruhe.
       
 (IMG) Bild: Stichelt, bleibt aber höflich: Horst Seehofer beim CDU-Parteitag am Dienstag.
       
       Karlsruhe taz | Angela Merkel nimmt die Versöhnung mit Horst Seehofer in
       die Hand. Sie holt ihn am Eingang des Plenarsaals ab, geleitet ihn zur
       Bühne, Händeschütteln mit dem CDU-Vorstand, sie lächelt etwas breiter, er
       nur schmal. Jetzt ist er dran. „Liebe Angela“, beginnt Seehofer mit ruhiger
       Stimme, „grüß Gott und danke. Für meine Verhältnisse ist das ein sehr
       freundlicher Empfang.“
       
       Nach dem Eklat beim CSU-Parteitag ist das nun der Gegenbesuch bei der CDU,
       auf dem Parteitag in Karlsruhe. Der Saal lacht, Horst Seehofer hat das Eis
       gebrochen. Mit den Delegierten. Aber auch mit der Parteiführung?
       
       Gut drei Wochen zuvor hatte der CSU-Vorsitzende Angela Merkel [1][rüde
       abgekanzlert]. Beim CSU-Parteitag in München ließ Horst Seehofer die
       CDU-Chefin minutenlang neben sich auf offener Bühne stehen, um seine
       Haltung zur Flüchtlingsthematik zu referieren.
       
       Mit einer Mischung aus Brutalität (“damit das klar ist“) und Anbiederung
       (“das weißt du auch, liebe Angela“) führte er den Parteitagsgast vor.
       Seehofers Botschaft: „Wir sind der festen Überzeugung, dass die Zustimmung
       der Bevölkerung nicht auf Dauer zu haben ist, wenn wir nicht zu einer
       Obergrenze der Zuwanderung kommen.“ Als er endlich fertig war, ging Merkel
       nach rechts, unter gerade noch höflichem Applaus, von der Bühne ab.
       
       Der Effekt dieser Brüskierung war erstaunlich. Seehofer, der sich am selben
       Tag seiner Wiederwahl als Parteivorsitzender stellen wollte, hatte sich
       offensichtlich verkalkuliert. Statt als entschiedener Vertreter bayerischer
       Interessen gegenüber der Unionschefin verstanden zu werden, war sein
       ungehobeltes Benehmen den Delegierten eher peinlich. Bei seiner Wahl
       erzielte er sein bisher schlechtestes Ergebnis: desaströse 87 Prozent.
       
       ## Dauerthema Obergrenze
       
       In Karlsruhe nimmt Seehofer die versöhnliche Geste Merkels an und
       gratuliert ihr zu ihrem [2][Erfolg auf dem Parteitag]. Aber die Lust an der
       Provokation ist natürlich trotzdem da. „Mir ist der Rat gegeben worden, du
       kannst doch auch über etwas anderes reden“, sagt er. Grinst er. Und spricht
       natürlich doch nur über das eine Thema: die Obergrenze.
       
       Die CSU hatte vor einigen Wochen einen eigenen Leitantrag zur
       Flüchtlingspolitik verabschiedet. Den vergleicht Seehofer nun mit dem
       gestern verabschiedeten Gegenstück der CDU. Natürlich halte auch die CSU
       von Abschottung „gar nichts“, sagt Seehofer. Habe die Partei auch nie
       betrieben. „Dass Bayern blüht, verdanken wir sowohl den einheimischen
       Bayern als auch den Menschen, die dazu gekommen sind“, sagt er und meint
       damit die Zuwanderer des letzten Jahrhunderts: Heimatvertriebene und
       Spätaussiedler. Mitmenschlichkeit in beiden Parteien? „Übereinstimmung,
       abgehakt“, sagt er. Ein großes Integrationspaket, das beispielsweise
       Wohnungsbau vorschlägt, Ausbildung regelt, sei schon längst beschlossen.
       Die Bayern also schneller als die CDU. Übereinstimmung, abgehakt.
       
       Es ist erstaunlich still im Saal. Die Delegierten lauern. Schlägt er noch
       einmal zu? Wann? Seehofer bleibt bei seinen Späßchen. Das Geld für das
       Integrationsprogramm stellt der Bund. „Ich bedanke mich mit großer
       Liebenswürdigkeit – das muss man ja neuerdings dazu sagen – bei der
       Bundesregierung, bei der Bundeskanzlerin, beim Bundesfinanzminister.“
       
       Die Kamera schwenkt auf Merkel, die guckt verkniffen, die Delegierten
       lachen. Schäuble heizt das Publikum mit wedelnden Armen an. Die Pointe geht
       an Seehofer: „Ich fürchte, das Geld wird mir an anderer Stelle wieder
       abgezogen“. Er lacht.
       
       ## Fotomoment für Seehofer
       
       Dann kommt er aber doch zur Obergrenze. Er spricht von der
       Flüchtlingswelle, davon, dass sie zu groß sei, um sie nicht zu stoppen.
       „Deshalb, liebe Angela, bin ich sehr froh, dass ihr nochmal diese Botschaft
       aufgenommen habt.“ Er spricht die CDU-Formulierung an, nach der die Zahl
       der Flüchtlinge reduziert werden soll. Die Hand legt Seehofer auf sein
       Herz. Aber klar, der CSU-Antrag, in dem die Obergrenze deutlicher steht als
       in der CDU-Variante, der gelte weiterhin. Nur die Zusammenarbeit, die sei
       nun möglich.
       
       Horst Seehofer dankt der Bundestagsfraktion, den Unions-Ministern, Volker
       Kauder und anderen. Dann winkt er sie alle nochmal zu sich, die
       Spitzenkandidaten der kommenden Landtagswahlen, Angela Merkel. Ein
       Fotomoment. In der Mitte steht, natürlich, Horst Seehofer.
       
       15 Dec 2015
       
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