# taz.de -- Greenpeace über erneuerbare Energie: Schön, schöner, Energiewende
> Nach einem Greenpeace-Szenario ist eine Vollversorgung mit Öko-Energie
> bis 2050 bezahlbar und machbar – und ein Jobmotor.
(IMG) Bild: Nebel unten, rauchende Schlote oben: Kohlekraftwerk Mehrum und Windräder im Landkreis Peine.
Berlin taz | Drei Monate vor der entscheidenden Klimakonferenz in Paris hat
die Umweltorganisation Greenpeace ein Szenario für die weltweite
Vollversorgung mit grüner Energie vorgelegt. Die „Energie-(R)evolution“ mit
100 Prozent erneuerbaren Energien bis 2050 sei „technisch möglich,
finanziell attraktiv und kann Millionen neuer Arbeitsplätze schaffen“,
erklärte Greenpeace-Chef Kumi Naidoo am Montag. Es wurde aber auch klar,
was eine globale Energiewende bislang bremst: Mit bis zu 200 Milliarden
Dollar Steuergeld subventionieren die 40 wichtigsten Staaten derzeit
fossile Energien, verkündete gleichzeitig die Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit OECD.
Das optimistische Greenpeace-Szenario basiert vor allem auf dem
Preisverfall und steigendem Ausbau der Stromerzeugung aus Wind, Solar,
Biomasse und Wasserkraft, die bereits 2014 weltweit mehr zugebaut wurden
als Kraftwerke für Kohle, Gas und Öl. Auch wenn die dreckigen Industrien
bislang noch über 80 Prozent der weltweiten Energieversorgung ausmachen,
kann deren CO2-Ausstoß bis 2050 nahezu auf null sinken, hat das Deutsche
Institut für Luft- und Raumfahrttechnik (DLR) für Greenpeace errechnet.
Das Szenario „Energy (R)evolution“, das seit 2005 immer wieder neu erstellt
wird, kommt ohne Atomkraft, die umstrittene Speicherung von CO2 (CCS) und
einen möglichen weltweiten Preis für CO2 aus. Die Wende soll vor allem
gelingen, weil Strom effizienter genutzt wird, der Energieverbrauch sinkt
und Erneuerbare sich weiter durchsetzen. Der Verkehr werde auf Strom
umgestellt und Häuser energetisch saniert, Wasserstoff und synthetische
Brennstoffe auf der Basis von Ökostrom hergestellt. „Eine weltweite
Versorgung mit Erneuerbaren ist nicht mehr Science-Fiction, sondern
entsteht gerade“, heißt es.
Ein gutes Argument für die Energiewende ist das Geld: Jedes Jahr koste zwar
der Aufbau der grünen Infrastruktur weltweit etwa eine Billion Dollar mehr
als die Investitionen in Kohle und Öl – aber das könnten die gesparten
Brennstoffkosten von 1,07 Billionen mehr als ausgleichen. Im Schnitt werde
die Kilowattstunde Strom etwa um 0,2 bis 2 Cent teurer, „aber in Indien und
China lohnt sich die Wende jetzt schon, weil beim Neubau der Infrastruktur
die Erneuerbaren konkurrenzfähig sind“, sagt Greenpeace-Experte Sven Teske.
Dazu kämen etwa 20 Millionen Jobs, die die grünen Energien bis 2030 mehr
schaffen könnten als die 28 Millionen bisher in Kohlegruben und auf
Ölplattformen angebotenen Arbeitsplätze.
## Fossile Subventionen
Das Gutachten basiert auf Daten der Internationalen Energieagentur IEA.
Allerdings kommen die Öko-Krieger zu völlig anderen Ergebnissen: Während
die IEA bis 2050 eine Zunahmen der CO2-Emissionen um etwa 50 Prozent
prognostiziert, sieht Greenpeace bis dahin Emissionen bei faktisch null.
Auch in der Vergangenheit hatte die IEA den Zubau der Erneuerbaren oft
unterschätzt. Das Konzept weist deshalb darauf hin, dass das genaueste
Marktszenario bisher „nicht von der IEA, nicht von Goldman-Sachs oder von
der US-Energiebehörde kam, sondern von Greenpeace.“
Die politische Forderung der Umweltschützer: ein starkes Klimaabkommen in
Paris, das die Emissionen ab 2020 sinken lässt, faire Chancen für
Öko-Energien und den Abbau der fossilen Subventionen. Da stimmt auch
OECD-Generalsekretär Angel Gurria zu: „Die Regierungen geben fast doppelt
so viel Geld für fossile Subventionen aus, wie sie für die Bekämpfung des
Klimawandels versprochen haben“, sagte er. „Es ist an der Zeit, dass sie
mit dem Klimaschutz ernst machen.“
22 Sep 2015
## AUTOREN
(DIR) Bernhard Pötter
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