# taz.de -- Senat reagiert auf Flüchtlingszustrom: Flucht nach vorn
       
       > Wegen der Ungarnkrise erwartet Senat erneut steigende Flüchtlingszahlen.
       > Regierender Müller sagt, Standards bei Unterbringung seien nicht mehr zu
       > halten.
       
 (IMG) Bild: Warten auf einen Schlafplatz: Flüchtlingskind, gestrandet in Berlin.
       
       Berlin bekommt nun doch eine Zeltstadt für Flüchtlinge. In der Spandauer
       Knobelsdorf-Kaserne würden „binnen 48 Stunden“ Zelte für rund 600 Menschen
       aufgestellt, erklärte Sozialsenator Mario Czaja (CDU) am Mittwochnachmittag
       auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz.
       
       Im selben Zeitraum könnten zudem 1.000 Plätze in drei weiteren Objekten zur
       Verfügung gestellt werden. Außerdem werde geprüft, ob man in zwei Hangars
       des ehemaligen Flughafengebäudes Tempelhof kurzfristig eine Notaufnahme mit
       1.500 Plätzen einrichten könne.
       
       Das Gebäude sei zwar „nicht ideal“, ergänzte der Regierende Bürgermeister
       Michael Müller (SPD), aber angesichts der aktuellen Flüchtlingskrise
       „werden wir auch über Standards reden. Die Frage ist, Zelt oder gar kein
       Dach überm Kopf.“ Auch eine temporäre Unterbringung im ICC werde geprüft.
       
       Hintergrund dieser zwar erwartbaren, in ihrer Eile aber doch überraschenden
       Entscheidungen ist offenbar die Lage in Budapest. Berlin müsse sich in den
       kommenden Tagen auf „deutlich mehr Flüchtlinge“ einstellen, so Müller.
       
       Aktuell seien 14.000 Menschen in Zügen auf der Route Budapest–Wien–München
       unterwegs, „weitere Züge sind zu erwarten über unterschiedliche Routen“,
       etwa über Prag und Dresden nach Berlin. Allerdings gebe es derzeit keine
       konkreten Informationen, wann mit Flüchtlingszügen oder auch Bussen zu
       rechnen sei.
       
       ## Sparkassengebäude beschlagnahmt
       
       Klar sei jedoch: „Wir werden die Situation haben, dass jenseits der ohnehin
       schon steigenden Flüchtlingszahlen weitere neue Flüchtlingsgruppen
       hinzukommen“, so Müller. Berlin habe im August 5.300 Flüchtlinge
       aufgenommen, am Dienstag seien es 400 gewesen. Sozialsenator Czaja wies
       darauf hin, dass von den in München ankommenden Flüchtlingen Berlin nach
       dem bundesweiten Verteilschlüssel etwa 5 Prozent übernehmen muss.
       
       Um das mit der Registrierung und Erstaufnahme von Asylbewerbern völlig
       überforderte Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in der Moabiter
       Turmstraße zu entlasten, verkündete Czaja die sofortige Beschlagnahmung des
       ehemaligen Sparkassengebäudes in der Bundesallee 171 in Wilmersdorf.
       
       Das Haus sei für die Erstaufnahme von Flüchtlingen „sehr gut geeignet“, so
       Czaja, weil es große Wartebereiche habe und zudem Tresore, die man für
       Bargeldauszahlungen benötige. Ziel sei, ergänzte Müller, mit der Arbeit
       dort in der kommenden Woche zu beginnen.
       
       Innensenator Frank Henkel (CDU) betonte, die Eskalation der
       Flüchtlingssituation sei „besorgniserregend“. Er sprach sich dafür aus,
       dass vor allem Menschen aus dem Westbalkan in Zusammenarbeit mit dem
       Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) schnell zurückgeführt
       werden. In Berlin mache diese Flüchtlingsgruppe rund 40 Prozent der
       Asylsuchenden aus.
       
       Henkel forderte zudem eine „europäische Regelung“. Er schlug einen
       Verteilungsschlüssel innerhalb der EU-Staaten vor.
       
       2 Sep 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Memarnia
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Ungarn
 (DIR) Lageso
 (DIR) ICC
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Berliner Senat
 (DIR) Schwerpunkt Flucht
 (DIR) Schwerpunkt Flucht
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Schwerpunkt Flucht
 (DIR) Schwerpunkt Flucht
 (DIR) Mittelmeer
 (DIR) Lageso
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Unterkünfte von Flüchtlingen in Berlin: Vom Zeltdorf in die Messehalle
       
       Auch das ICC und zwei Hangars auf dem Flughafen Tempelhof werden nun als
       Flüchtlingsunterkünfte hergerichtet.
       
 (DIR) Nach dem Flüchtlingsgipfel: Czaja will schneller abschieben
       
       Mehr Geld vom Bund: Der Berliner Senat begrüßt das Ergebnis des
       Bund-Länder-Gipfels. Flüchtlinge sollen schneller registriert werden.
       
 (DIR) Rückkehr nach Berlin: Ex-Polizeichef wird Flüchtlingshelfer
       
       Dieter Glietsch kehrt vier Jahre nach seinem Abschied nach Berlin zurück –
       als Co-Chef des Flüchtlingskrisenstabs.
       
 (DIR) Geflüchtete in Ungarn: Ausbruch und Fußmarsch
       
       Mehrere hundert Menschen fliehen aus einem Auffanglager. Weitere
       Flüchtlinge machen sich von Budapest zu Fuß auf den Weg nach Österreich.
       
 (DIR) Neues Zeltlager in Spandau: Die Betten sind gemacht
       
       Die Feuerwehr errichtet über Nacht an der Spandauer Kaserne 71 Zelte.
       Nutzung des ehemaligen Flughafens Tempelhof für Flüchtlinge wird weiter
       geprüft.
       
 (DIR) Train Of Hope: Die Stullen sind geschmiert
       
       AktivistInnen bereiten sich auf die Ankunft von Flüchtlingen vor. Ob und
       wann Züge aus Budapest eintreffen, bleibt am Donnerstag unklar.
       
 (DIR) Kommentar zu Zeltstädten in Berlin: Ab jetzt nur noch miteinander
       
       Die Halbwertszeit für Prognosen ist derzeit extrem kurz. Deshalb muss die
       Politik ihr Verhältnis zu den Bürgern neu definieren. Es geht um
       Zusammenarbeit, auf Augenhöhe.
       
 (DIR) Fluchtwege durch Europa: Italien sagt Kontrollen am Brenner zu
       
       Auf Bitte Bayerns hat Italien eingewilligt, temporäre Grenzkontrollen am
       Brenner einzuführen. In der Ägäis ertrinken 12 Menschen.
       
 (DIR) Flucht-Debatte im SO36: Entschlossener im Auftritt
       
       Den Staat unter Druck setzen oder selber anpacken? Auf einer
       Antifa-/Antira-Vollversammlung wurde über das Engagement in Sachen
       Flüchtlinge diskutiert.
       
 (DIR) Flüchtlingselend in Europa: Gerettet und abgeschoben
       
       Ein Dutzend Flüchtlinge ertrank vor der türkischen Küste, über tausend
       wurden gerettet. Mecklenburgs Innenminister führt Nachtabschiebungen wieder
       ein.
       
 (DIR) Flüchtlingschaos beim Lageso: Helfer bekommen Hilfe
       
       Professionelle Hilfsorganisationen übernehmen schrittweise die Arbeit der
       Freiwilligen von „Moabit hilft“ für die Flüchtlingen in der Moabiter
       Turmstraße.