# taz.de -- Debatte um die Ehe für alle: Hervorragendes Ehe-Theater
       
       > Dass die SPD über die Ehe für alle keinen Koalitionsbruch riskiert, ist
       > verständlich. Spannend wird die Frage, wie sie zukünftig mit der CDU
       > umgeht.
       
 (IMG) Bild: Wird schon wieder.
       
       Was für eine Show! Der Bundesrat [1][fordert die Bundesregierung auf, die
       Ehe für alle einzuführen]. Männer dürfen Männer heiraten. Frauen dürfen
       Frauen ehelichen. Und Frauen auch weiterhin Männer und umgekehrt. Alle
       haben die gleichen Rechte und Pflichten. Super.
       
       Genauer gesagt: Super, wenn es so käme. Schließlich wurde die
       Bundesregierung nur aufgefordert, mal was zu tun. Nur daran halten muss sie
       sich nicht – und wird sie sich auch nicht - zumindest nicht in dieser
       Legislaturperiode.
       
       Also alles nur Theater? Alles nur Symbolpolitik? Ja, aber genau die bringt
       die Diskussion weiter. Denn die Abstimmung im Bundesrat hat gleich mehrere
       Dinge sehr deutlich gemacht. Erstens: Es gibt eine rot-rot-grüne Mehrheit
       in Deutschland. Aber auch zweitens: Mehr als Symbolpolitik kriegt dieses
       Bündnis nicht hin, so lange die SPD am Rockschoß der CDU hängt. Vor allem
       aber drittens: Es gibt eine breite gesellschaftliche Mehrheit für die
       Homoehe – außer eben bei der CDU.
       
       Das ist erstmal nicht schlimm. In einer Demokratie gibt es verschiedene
       Parteien, damit sie unterschiedliche Positionen vertreten. Wenn immer alle
       das selbe fordern würden, wäre das nicht nur langweilig, sondern fatal für
       die politische Debatte. Oder noch deutlicher gesagt: Es ist gut, dass es
       Parteien gibt, die abstrus rückwärtige Ansichten vertreten, damit man weiß,
       warum man andere wählen muss.
       
       ## Ehe auf Zeit
       
       Problematisch wird das nur, wenn eine Politik mit einer breiten
       gesellschaftlichen Mehrheit, diese im Parlament nicht findet, weil Parteien
       in Koalitionen eingebunden sind. Und damit wären wir bei der SPD und in
       Berlin. Denn dort ist sie, sowohl im Bundestag als auch im Berliner
       Abgeordnetenhaus eine Koalition mit der CDU eingegangen. Und in solch einer
       politischen Ehe auf Zeit (wann wird die eigentlich auch für Privatmenschen
       diskutiert?) ist Treue ein Wert an sich. So was schmeißt man nicht gleich
       über Bord, nur weil sich ein attraktiver anderer Partner anbietet.
       
       Was das praktisch bedeutet, zeigt gerade die Berliner SPD. Der Regierende
       Bürgermeister Michael Müller hat seinem Koalitionspartner am Donnerstag in
       einer eindrucksvollen Rede vorgeworfen, die Stadt Berlin nicht verstanden
       zu haben, weil sie sich gegen die Homo-Ehe sperrt. Und dennoch hat er sich
       am Freitag bei der Abstimmung im Bundesrat enthalten, weil er seine
       begriffsstutzigen Partner nicht vollends vergrätzen wollte.
       
       Richtig so! Denn hätte Müller mit Ja gestimmt, wäre die Scheidung von der
       CDU unausweichlich gewesen. Für eine Abstimmung mit rein symbolischem
       Charakter ein hoher Preis. So aber lässt er seiner Partnerin noch einmal
       die Chance, in sich zu gehen. Berlins CDU-Chef und Innensenator Frank
       Henkel hat bereits angekündigt, dass er die Mitglieder seiner Partei
       befragen will. Die Basis der hauptstädtischen Christdemokraten soll darüber
       abstimmen, ob sie für oder gegen die Ehe für alle ist. Deren Votum dürfte
       tatsächlich viel weitreichendere Auswirkungen haben, als das symbolische
       Positionieren der Bundesratsvertreter.
       
       Denn entweder zementiert die CDU-Basis ihr konservatives Weltbild. Dann
       weiß die SPD endgültig: mit denen wird das nichts mehr. Für die nächste
       Koalition kann sie sich den anderen schon flirtenden potentiellen Partnern
       zuwenden. Oder die CDU stimmt für die Homoehe. Dann hätte die Union ihr
       Irland – und das wäre das ganze Theater schon wert.
       
       12 Jun 2015
       
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