# taz.de -- Ehe für alle in Irland rechtsgültig: Ja-Wort für bürgerliche Freiheit
       
       > Alle Versuche der Verzögerung haben nichts gebracht. Gegen den Widerstand
       > der katholischen Traditionalisten ist die Ehe für alle jetzt Gesetz.
       
 (IMG) Bild: Ob sie auf dem Weg zu ihrer Braut oder ihrem Bräutigam ist, ist in Zukunft allein ihre Sache
       
       In Irland hat eine neue Ära am Donnerstag begonnen. Wie die
       Präsidialkommission mitteilte, wird die Ehe dort allen
       gleichgeschlechtlichen Paaren offen stehen. Zur Erinnerung: Im Frühsommer
       votierte in einer Volksabstimmung eine überwältigende Mehrheit von fast
       zwei Drittel der Stimmen für die Öffnung der Ehe: Auch homosexuellen Frauen
       und Männern stehe sie nun offen.
       
       Ein knappes halbes Jahr mussten auf höchster Ebene noch behördliche
       Verzögerungen durch dem einheimischen Klerus hörige Beamte, diskret
       gehaltene vatikanische Mahnbriefe und juristische Details geklärt werden.
       Aber jetzt steht fest: Von Mitte November an gibt es die Ehe wie eh und je
       im Irland des bürgerlichen Zeitalters, aber sie ist kein heterosexuelles
       Privileg mehr, sondern eine, Erwachsenen gleich welcher sexuellen
       Orientierung offen stehende Institution.
       
       Das ist für die allermeisten Menschen, nicht nur in Irland, eine
       gewöhnungsbedürftige Sache. Aber in, sagen wir, anderthalb Generationen
       wird man auf die Mitteilung etwa eines Freundes, einer Freundin, er oder
       sie plane zu heiraten, stets nachfragen müssen – einen Mann oder eine Frau?
       Das biologische Geschlecht spielt für das Eherecht, beziehungsweise: für
       das Recht auf die Ehe jedenfalls keine Rolle mehr. Es ist keine schlechte
       ironische Volte der Geschichte der Emanzipation (vor allem) demokratischer
       Gesellschaft von den Schlacken religiöser Bevormundung, dass die Ehe
       ausgerechnet in Irland aus der moralischen Verfügungsmacht des (in diesem
       Fall) katholischen Klerus gerissen wurde.
       
       Irland – das war bis vor 20 Jahren noch der beste Sprengel des Vatikans,
       die dunkelste Glaubenshölle, in der Priester und Bischöfe nicht nur
       glaubten, über Leben und Tod, über die Maßstäbe eines guten Lebens zu
       entscheiden, sondern es auch taten. Die Enthüllungen über epidemischen
       sexuellen Missbrauch durch Priester, über Herzlosigkeiten der Diözesen
       schwangeren, abtreibungsbedürftigen Frauen und die Kaltschnäuzigkeiten eben
       dieser religiösen Nomenklatur einem freien, säkularen Leben gegenüber haben
       dem System selbst die Glaubwürdigkeit fundamental entzogen. Gut so!
       
       ## Beispiel für Europa
       
       Nicht nur die irischen Queers feiern seit der präsidial-kommissarischen
       Mitteilung vom Ende der Woche, in anderen Ländern Europas hat man ohnehin
       längst begonnen, die Kampagne der Freedom-to-marry-Bewegung sehr akkurat zu
       untersuchen: Wie haben die das geschafft? Wie gelang es, dem vor allem
       christlichen Druck standzuhalten, wie ist es ins Werk gesetzt worden, den
       alten ranzigen Panzer der Eheprivilegierung von bevölkerungspolitischen
       Erwägungen (Ehe nur, wo Kinder auf biologisch ‚natürliche‘ Weise gezeugt
       werden können) zu zertrümmern?
       
       Deutschland befindet sich inzwischen rechtspolitisch, im Hinblick auf die
       Entideoligisierung des Eherechts, in der EU ziemlich hinterher. Irgendwo
       zwischen den fundamentalkatholischen Ländern wie Polen und eben säkularen
       Staaten wie Irland, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Schweden, Dänemark
       und den Niederlanden.
       
       Für jene Schwulen und Lesben, die immer noch ihresgleichen glauben
       vorschreiben zu können, dass Ehe für Homos nix ist, könnte weiter gelten:
       Bürgerliche Rechtsgleichheit mag ihnen kein Anliegen sein. Aber ist es
       nicht wenigstens schön, dass in Irland mit der Bewegung für die Ehe für
       alle landesweit auch über Diskriminierungen von Trans*- und
       Intersex-Menschen gesprochen wird – ohne dass gleich ein Priester
       weihwässerlich mit Trübem droht?
       
       31 Oct 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Feddersen
       
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