# taz.de -- Künasts Vorschlag zu Flugrouten in der Diskussion: Eine Idee hat Verspätung
> Rechtlich kann der Flugbetrieb in Schönefeld auf Ziele in Europa
> beschränkt werden. Umsetzung aber dauert Jahre. Nachtflugverbot einfacher
> zu realisieren.
(IMG) Bild: Populismus oder engagierte Politik? Renate Künast bei der Anti-Flugrouten-Demo in Lichtenrade.
Absurd, überfällig, unrealistisch, brandgefährlich: Die Reaktionen auf den
Vorschlag von Renate Künast zum Großflughafen könnten kaum
unterschiedlicher ausfallen. Die Spitzenkandidatin der Grünen hatte am
Montag vorgeschlagen, Starts und Landungen in Schönefeld auf Ziele in
Europa zu begrenzen, etwa durch Sondergebühren für Langstreckenflieger.
Zudem hatte sie ein garantiertes Nachtflugverbot gefordert.
Rein theoretisch wäre die Neudefinition des Airports möglich - zumindest
rechtlich. "Allerdings müsste dann das Planfeststellungsverfahren geändert
werden", erklärt Christian Otto, Professor am Institut für Stadt- und
Regionalplanung der Technischen Universität. Das würde aber mindestens drei
bis vier Jahre dauern. Bis dahin würde Schönefeld wie geplant fertig gebaut
und genutzt. Denn derzeit ist eine Nutzung des Flughafens als
internationales Drehkreuz festgeschrieben. Davon dürfe der Betreiber nicht
einfach abweichen, sagt der TU-Fachmann für Bau-, Planungs- und
Umweltrecht. Viel leichter sei eine Ausdehnung des Nachtflugverbots. Oder
der Verzicht auf die Parallelabflüge von den beiden Startbahnen. Für beides
brauche es nur den nötigen politischen Willen, sagt der Jurist Otto.
Das räumt selbst der Sprecher der Flughafengesellschaft, Ralf Kunkel, ein.
Allerdings würden dann "ein paar Millionen in den Sand gesetzt" und
tausende Arbeitsplätze gefährdet. Der Betreibergesellschaft geht schon die
jetzige Einschränkung nur ein Kompromiss. Sie wollte ursprünglich einen
24-Stunden-Betrieb. Laut Gerichtsbeschluss ist für Schönefeld künftig ein
Nachtflugverbot von 0 bis 5 Uhr vorgeschrieben, zudem sind Starts in den
Randstunden ab 22 und bis 6 Uhr einschränkt.
Spezielle Gebühren für Langstreckenflugzeuge hat die Betreibergesellschaft
hingegen im Plan. Allerdings sollen sie nicht wie von Künast vorgeschlagen
Zuschläge zahlen. Im Gegenteil: "Für die gibt es ein spezielles
Anreizsystem", sagt Kunkel. Denn nichts fehle den Unternehmern der Region
mehr als gute internationale Flugverbindungen. Deshalb sei eine eigene
Abflugebene für außereuropäische Ziele gebaut worden. "Die ist fertig",
sagt Kunkel. Die Diskussion komme Jahre zu spät.
Auch die Fluggesellschaften hätten bereits in Hangare investiert und
entsprechende Flugzeuge bestellt, sagt Air-Berlin-Sprecher Peter
Hauptvogel. Zwar ließe sich der Verkehr durch politische Rahmenbedingungen
einengen. Aber wenn in den Nachtrandzeiten zwischen 22 und 24 sowie 5 und 6
Uhr nichts mehr ginge, wären internationale Flüge nicht mehr rentabel.
Auch aus der Politik kommt Kritik an Künasts Vorschlag. Der stelle das
komplette Flughafenprojekt infrage, klagt CDU-Fraktionschef Frank Henkel.
Schutz vor Lärm müsse durch eine Änderung der Flugrouten erfolgen.
Das sieht Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) ähnlich. Er warf
Künast Populismus und wirtschaftliche Inkompetenz vor. Beim Fluglärm spiele
es keine Rolle, ob er durch europäische oder interkontinentale Flüge
entsteht.
Dem widersprechen Betroffene. Sie hoffen auf positive Effekte, wenn es
weniger internationale Flüge gibt. "Die Drehkreuzfunktion führt dazu, dass
mit aller Macht Umsteigeverkehr generiert wird", sagt Christine Dorn vom
Verein zur Förderung der Umweltverträglichkeit des Verkehrs. Die derzeit
geplanten Flugrouten mit den starken Kurven seien ohnehin für die schweren
Langstrecken-Maschinen nicht geeignet.
8 Dec 2010
## AUTOREN
(DIR) Gereon Asmuth
(DIR) Svenja Bergt
## TAGS
(DIR) Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
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