# taz.de -- Kein Kompromiss gefunden: Hartz-IV-Verhandlungen geplatzt
       
       > Regierung und Opposition konnten sich in der Nacht nicht auf eine
       > Neuregelung bei Hartz-IV einigen. Schuld am Scheitern gaben sich die
       > Politiker der unterschiedlichen Parteien gegenseitig.
       
 (IMG) Bild: Huch, Verhandlungen gescheitert. Arbeitsministerin von der Leyen (CDU) erklärt, warum aus ihrer Sicht die Opposition schuld am Hartz-IV-Debakel ist.
       
       BERLIN dpa/rtr/afp | Die Gespräche über eine Hartz-IV-Neuregelung sind
       gescheitert. Koalition und Opposition konnten sich über eine Neuregelung
       auch in einer weiteren Verhandlungsrunde nicht einigen. Für das Scheitern
       machten sie sich gegenseitig verantwortlich. Es zeichnet sich nun ein neues
       Vermittlungsverfahren ab. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen
       (CDU) äußerte Bedauern: "Wir haben eine große Lösung gesucht, diese aber
       mit der Opposition nicht gefunden." Union und FDP hätten sich "weit
       bewegt", von der SPD aber "nur Maximalforderungen gehört." Union und FDP
       würden nun ihre Vorschläge im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und
       Bundestag zur Abstimmung stellen.
       
       SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig sagte: "Wir bedauern es sehr,
       dass die Bundesregierung die Verhandlungen abgebrochen hat." Sie gab
       Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Schuld: "Merkel hat ein Machtwort
       gesprochen, und dieses Machtwort war, die Verhandlungen scheitern zu
       lassen." Die Kanzlerin habe sich Ruhe in der Koalition gewünscht und sei
       deswegen vor der FDP eingeknickt, sagte Schwesig am Mittwochmorgen im ZDF.
       Die Koalition hat nach den Worten Schwesig "gezeigt, dass sie nicht bereit
       ist, Kinderarmut zu bekämpfen und beim Mindestlohn Fortschritte zu machen".
       Die SPD sei der schwarz-gelben Koalition entgegengekommen und habe "ein
       Angebot unterbreitet, das wirklich sehr weitreichend ist", sagte Schwesig.
       
       Der Unterhändler der Grünen, Fraktionsvize Fritz Kuhn, kritisierte nach den
       gescheiterten Verhandlungen: "Die Bundesregierung hat blockiert." Merkels
       Machtwort habe "zur Verhärtung geführt". FDP-Generalsekretär Christian
       Lindner sagte dagegen, seine Partei sei etwa bei der Frage der gleichen
       Bezahlung für Leiharbeiter der Opposition entgegengekommen. Er betonte im
       Deutschlandfunk, die Leiharbeit habe mit der Neuregelung der Hartz-IV-Sätze
       eigentlich nichts zu tun.
       
       Die Verhandlungen wurden am frühen Mittwochmorgen nach mehr als fünf
       Stunden abgebrochen. Beim Hauptstreitpunkt, der Neuberechnung des
       Hartz-IV-Regelsatzes, gab es keinerlei Annäherung. Damit bleibt es vorerst
       bei der Erhöhung um 5 auf 364 Euro. Auch das Bildungspaket für bedürftige
       Kinder muss weiter warten.
       
       In angespannter Atmosphäre wurde um einen Kompromiss noch einmal heftig
       gerungen: Union und FDP wie auch SPD und Grüne legten überarbeitete
       Kompromissvorschläge vor. Die Koalition knüpfte an ihr Angebot an, die
       Kommunen jährlich um vier Milliarden Euro bei den Sozialausgaben zu
       entlasten. Daneben sollen sie pauschal 1,2 Milliarden Euro für das
       Bildungspaket, dessen Verwaltung und für Teile der Unterkunftskosten
       (Warmwasser) auf direktem Weg vom Bund erhalten. Schwarz-Gelb will auch
       Hortkindern für eine Übergangszeit das Mittagessen bezahlen, auf die
       Verrechnung von Übungsleiterpauschalen mit dem Regelsatz verzichten und
       auch mit sich über Mindestlöhne in der Sicherheits- und
       Weiterbildungsbranche reden lassen.
       
       SPD und Grüne legten verschiedene Vorschlagsvarianten für den Regelsatz,
       den Mindestlohn und die gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit von
       Leiharbeitern in Stufen vor. Dies stieß im Koalitionslager aber auf
       Ablehnung. Nachdem die insgesamt siebenwöchigen Verhandlungen zu keinem
       einvernehmlichen Ergebnis führten, wird der Vermittlungsausschuss von
       Bundesrat und Bundestag das Hartz-IV-Paket mit den Vorschlägen der
       Koalition an diesem Mittwoch voraussichtlich annehmen. Union und FDP können
       dabei mit ihrer Mehrheit ein sogenanntes "unechtes Vermittlungsergebnis"
       gegen die Opposition durchsetzen. Da Schwarz-Gelb im Bundesrat aber ohne
       eigene Mehrheit ist, dürfte das Hartz-Paket von der rot-grünen
       Sperrminorität am Freitag in der Länderkammer erneut blockiert werden.
       
       Von der Leyen appellierte an alle Ministerpräsidenten, im Bundesrat
       "abzuwägen, ob es nicht sinnvoll ist, die Kommunen jetzt zu entlasten" -
       und damit für das schwarz-gelbe Angebot zu stimmen. Wechselt kein Land
       seine bisherige Meinung, läuft alles auf ein neues Vermittlungsverfahren
       hinaus. Nur so kann die vom Bundesverfassungsgericht geforderte
       Hartz-Neuregelung doch noch Gesetz werden. Dann müssen alle Beteiligten
       wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren.
       
       Bereits zu Gesprächsbeginn hatte von der Leyen am Dienstagabend von einer
       "letzten Verhandlungsrunde" gesprochen. Damit war klar, dass Schwarz-Gelb
       die Kompromisssuche beenden wollte. Die Koalition habe genügend "großzügige
       Angebote" gemacht. Zuvor hatten die Spitzen von Union und FDP das Ende
       ihrer Kompromissbereitschaft signalisiert. Man werde "eine klare rote Linie
       ziehen", hieß es nach dem Treffen unter Leitung der Bundeskanzlerin. Vor
       den beiden Verhandlungsrunden am Abend hatte Merkel die Bürger bereits auf
       ein Scheitern eingestimmt. Sie sehe "sehr schlechte Chancen" für eine
       kurzfristige Einigung.
       
       9 Feb 2011
       
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