# taz.de -- Kommentar Hartz-IV-Verhandlungen: Das Versagen der Konsensmaschine
       
       > Ohne eine kräftig sabotierende FDP hätten sich Union und SPD wohl einigen
       > können. So macht Hartz IV deutlich, dass die FDP in dieser Regierung ein
       > Irrtum ist.
       
       Der deutsche Parlamentarismus zwingt zum Konsens. Ohne Bundesrat, in dem
       die Opposition oft die Mehrheit hat, wird kaum etwas Grundsätzliches
       entschieden. So regiert in zentralen innenpolitischen Fragen eine Art
       verdeckte Allparteienkoalition - unter Ausschluss der Linkspartei. Dieses
       Konglomerat hat zwar einen schlechten Ruf, sorgt aber für eine gewisse
       Rationalität. Es ist eine Konsensmaschine, die die Abläufe verlangsamt und
       politische Reißschwenks verhindert.
       
       An Hartz IV ist dieses bundesrepublikanische Konsenssystem nun spektakulär
       gescheitert. Die Union behauptet, dass die SPD, wegen einer bloßen Trophäe,
       nämlich ein paar Euro mehr für Hartz-IV-Empfänger, die Verhandlungen habe
       platzen lassen. Die SPD sagt, die schwarz-gelbe Koalition sei intern so
       zerstritten, dass Merkel gar keine Einigung gewollt habe. Denn dann wäre
       ein Koalitionskrach angesagt gewesen, den die Kanzlerin mit Blick auf die
       Schlüsselwahl in Baden-Württemberg unbedingt verhindern musste.
       
       Wer hat recht? Beide. Schwarz-Gelb und Rot-Grün haben sich von
       machttaktischem Kalkül leiten lassen. Und dies, obwohl die Klugen in beiden
       Lagern wissen, dass solch politisches Armdrücken nur Ressentiments gegen
       "die Politik" befördert.
       
       Wenn man genau hinschaut, ist die Schuld aber doch unterschiedlich
       verteilt. Ohne FDP, die eine Annäherung bei Mindestlohn und gleichem Lohn
       für Leiharbeiter kräftig sabotiert hat, hätten sich Union und SPD wohl
       einigen können. So zeigt Hartz IV, dass die FDP in dieser Regierung ein
       Irrtum ist. Außer Blockaden bringen Westerwelle & Co nichts mehr zustande.
       
       Und: Es war richtig von der SPD, die Forderung nach gleichem Lohn mit Hartz
       IV zu koppeln. Das hat eine Einigung zwar noch komplizierter gemacht, aber
       Lohnhöhe und Hartz IV gehören eben zwingend zusammen. Letztlich geht dieses
       Scheitern vor allem auf das Konto der Bundesregierung. Denn es ist ihr Job
       und nicht der der Opposition, das Karlsruher Hartz-IV-Urteil nach einem
       Jahr endlich umzusetzen.
       
       Unter dem Strich gibt es nun fast nur Verlierer. Die Hartz-IV-Empfänger
       wissen nicht, woran sie sind. Die politische Klasse hat sich blamiert. Nur
       die Linkspartei ist fein raus. Schwarz-Gelb hatte sie mit windigen Tricks
       von den Verhandlungen ausgeschlossen. Das dürfte ihr nun erst recht
       zugutekommen.
       
       9 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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