# taz.de -- Folgen des Handy-Skandals in Dresden: Datensammeln soll erschwert werden
       
       > Nach dem Datenskandal in Dresden sollen die Gesetze geändert werden. Die
       > Opposition, die Bundes-FDP und Sachsens Regierung sind dafür - die CDU
       > mauert noch.
       
 (IMG) Bild: Demonstration im Februar: Wegen der Datensammelwut der Behörden soll nun das Gesetz zur Funkzellenauswertung geändert werden.
       
       Im Bund werden nach dem Dresdner [1][Handydatenskandal] Forderungen nach
       einer Änderung der Strafprozessordnung laut. Die Opposition will das
       Gesetz, das die sogenannte Funkzellenauswertung (FZA) regelt, präzisieren.
       Auch FDP-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sieht
       Änderungsbedarf. Nur die Union hält sich noch zurück. [2][Sachsen selbst]
       hat jetzt Pläne für eine entsprechende Bundesratsinitiative konkretisiert.
       
       Obwohl die sächsische Landesregierung die massenhafte Ermittlung von
       Handyverbindungsdaten bei den Dresdner Antinaziprotesten im Februar
       prinzipiell noch immer als verhältnismäßig und rechtmäßig bezeichnet, hat
       Sachsens Justizminister Jürgen Martens (FDP) ein Eckpunktepapier für eine
       Bundesratsinitiative vorgelegt. Darin will er die Gesetze zur FZA
       präzisieren.
       
       So soll die [3][massenhafte Abfrage] nur noch bei schweren Straftaten
       erlaubt sein. Bisher war von Straftaten von "erheblicher Bedeutung" die
       Rede - ein juristisch schwammiger Begriff. Zudem sollen Vorgaben zur
       Verhältnismäßigkeit und zur Dokumentationspflicht ins Gesetz und
       Landesdatenschutzbeauftragte über solche Maßnahmen informiert werden.
       Künftig soll zudem ein Richter zustimmen müssen, wenn die Daten aus einer
       FZA an andere Behörden weitergegeben werden.
       
       Zustimmung für den Vorstoß kommt von den SPD-Landesjustizministern, die
       sich am Mittwoch bei einem Treffen in Berlin mit dem Thema beschäftigt
       haben. Jeder Vorschlag, der dazu führt, die Bürgerrechte in dem Bereich zu
       stärken, sei willkommen, hieß es. Keinen Bedarf für gesetzliche Änderungen
       sehen dagegen etwa die Unionsländer Bayern und Niedersachsen.
       
       ## Die Grünen wollen einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen
       
       "Die sächsische Regierung treibt das schlechte Gewissen", kommentierte
       Burkhard Lischka, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion,
       die Bundesratsinitiative. Dennoch seien es "Trippelschritte in die richtige
       Richtung." Man werde sich während der Sommerpause mit dem Thema befassen
       und überlegen, wie die Strafprozessordnung geändert werden muss, "um solche
       offensichtlich rechtswidrigen Eingriffe ins Grundrecht künftig zu
       verhindern", sagte er der taz.
       
       Bündnis90/Grüne werden im Herbst einen eigenen Gesetzentwurf dazu vorlegen.
       "Wir wollen dabei über die sächsischen Forderungen hinausgehen", sagte ihr
       rechtspolitischer Sprecher Jerzy Montag der taz. So fordert er eine
       umfassendere Statistikpflicht sowie eine ausführliche Begründungspflicht
       der Richter, die die Maßnahme erlauben.
       
       Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger bezeichnete den
       sächsischen Vorstoß als richtig. "Funkzellenabfragen dürfen nicht beliebig
       vorgenommen werden", sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Die Hürden müssten
       erhöht werden. Ob sie selbst einen Gesetzesentwurf formulieren will und die
       Bundesratsinitiative damit überflüssig macht, ließ sie offen.
       
       Sie hätte es ohnehin schwer, sich gegen die Union durchzusetzen. "Das Recht
       braucht nach jetzigem Kenntnisstand nicht geändert werden", sagte der
       CDU-Abgeordnete Siegfried Kauder, Vorsitzender der
       Bundestags-Rechtsausschusses, der taz. In Dresden spreche einiges dafür,
       dass das geltende Recht nicht ordnungsgemäß angewandt wurde.
       
       Ein Verbot der flächendeckenden FZA fordert die Linkspartei. Diese
       Maßnahmen habe sich als "kriminalpolizeilicher Unfug erwiesen", sagte
       Wolfgang Neskovic, rechtspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, der
       taz. "Einen sinnvollen Anwendungsbereich besitzt die FZA allenfalls in
       juristischen Lehrbuchfällen." Denn nur hier komme ein bei Nacht allein im
       Wald am Tatort telefonierender Mörder vor.
       
       Wie die taz aufgedeckt hatte, wurden bei den Dresdner Antinaziprotesten im
       Februar eine Million Handyverbindungsdaten von über 300.000 Menschen
       ermittelt und gespeichert. Die Polizei wollte so unter anderem Fälle von
       schwerem Landfriedensbruch aufklären - bis heute wurde kein Täter
       ermittelt. In 45 Verfahren flossen Daten aus der FZA auch in Ermittlungen
       gegen Blockierer - was die Landesregierung mittlerweile als Fehler
       einräumt. Die sächsische Sammelwut hatte bundesweit Empörung ausgelöst. Der
       [4][Dresdner Polizeichef] wurde versetzt, vor einer Woche gab es eine
       Aktuelle Stunde im Bundestag. Am Freitag befasst sich der sächsische
       Rechtsausschuss noch einmal mit der Affäre.
       
       7 Jul 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/handygate-im-bundestag/
 (DIR) [2] /1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/sachsen-reagiert-bundestag-debattiert/
 (DIR) [3] /1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/hat-die-polizei-illegal-abgehoert/
 (DIR) [4] /1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/polizeipraesident-gestoppt/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Paul Wrusch
       
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