# taz.de -- Reform der Sicherungsverwahrung: Therapie-Angebot wird Pflicht
       
       > Die Justizministerin legt Eckpunkte für eine Reform der
       > Sicherungsverwahrung vor. Unter anderem sollen Therapieangebote künftig
       > ein Muss sein.
       
 (IMG) Bild: Die Justizministerin hat sich beeilt und erste Eckpunkte eines neuen Gesetzes zur Sicherungsverwahrung vorgelegt.
       
       FREIBURG taz | Die Justizministerin ist schnell. Schon zwei Monate nach dem
       Karlsruher Urteil zur [1][Sicherungsverwahrung] präsentiert Sabine
       Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) Eckpunkte für eine Reform. Das
       zwölfseitige Papier wurde Anfang der Woche an die Bundesländer verschickt
       und liegt der taz vor.
       
       Das Papier bezieht sich auf ein [2][Grundsatzurteil] des
       Bundesverfassungsgerichts von Anfang Mai. Damals erklärten die Richter alle
       Vorschriften zur Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig und ordneten
       eine Neuregelung nach fein austarierten Vorgaben bis Mai 2013 an.
       
       Sicherungsverwahrung ist das schärfste Schwert des Strafrechts: Ein
       Straftäter wird dabei auch nach vollständiger Verbüßung seiner Strafe nicht
       aus dem Gefängnis entlassen, weil er noch als gefährlich gilt. Die Richter
       forderten ein "freiheitsorientiertes und therapiegerichtetes
       Gesamtkonzept". Dessen wesentliche Leitlinien solle der Bundestag
       bestimmen, die Details sollen anschließend die laut Grundgesetz eigentlich
       zuständigen Länder ausarbeiten.
       
       Die Justizministerin hat das Urteil genau studiert und daraus sieben Gebote
       abgeleitet, die in 18 Vorschlägen zur Änderung von Strafgesetzbuch,
       Strafprozessordnung und Strafvollzugsgesetz realisiert werden sollen. Wohl
       am wichtigsten ist das Ultima-Ratio-Prinzip. Wenn eine Sicherungsverwahrung
       angeordnet oder vorbehalten ist, muss schon im vorherigen Strafvollzug
       alles getan werden, die Gefährlichkeit des Täters zu verringern. Ihm müssen
       daher frühzeitig entsprechende Therapien angeboten werden.
       
       ## Karlsruher Vorgabe wird umgesetzt
       
       Auch in der Sicherungsverwahrung müssen Therapien angeboten werden, auch
       solche, die individuell auf den Gefangenen abgestimmt sind. Wenn sich ein
       Gefangener ablehnend zeigt, muss er motiviert werden. Der Vollzug der
       Verwahrung soll "den allgemeinen Lebensbedingungen angepasst" werden,
       "soweit Sicherheitsbelange nicht entgegenstehen", heißt es in den
       Eckpunkten. Damit wird die Karlsruher Vorgabe umgesetzt, dass die
       Sicherungsverwahrung sich deutlich von der Strafhaft unterscheiden soll.
       Was das konkret etwa für die Größe und Ausstattung der Zellen heißt, lässt
       das Papier offen.
       
       "Möglichst früh" soll ein Verwahrter "vollzugsöffnende Maßnahmen" wie
       Ausgänge bekommen. Bisher verweigern vorsichtige Gefängnisleiter solche
       Lockerungen regelmäßig.
       
       Damit die neue Konzeption der Sicherungsverwahrung nicht nur auf dem Papier
       steht, wird der Rechtsschutz deutlich verbessert. Klagen gegen nicht
       ausreichende Therapieangebote oder verweigerte Lockerungen können künftig
       in zwei Instanzen überprüft werden. Wenn die Haftanstalt eine gerichtliche
       Anordnung ignoriert, was häufig der Fall war, kann dann ein Zwangsgeld bis
       zu 10.000 Euro gegen die Anstalt angeordnet werden - auch mehrfach.
       
       Wenn ein Gefangener auch nach gerichtlicher Aufforderung keine
       ausreichenden Therapieangebote erhält, muss er aus der Sicherungsverwahrung
       entlassen werden. Künftig soll die Notwendigkeit der Sicherungsverwahrung
       jährlich statt bisher alle zwei Jahre gerichtlich überprüft werden. Ab zehn
       Jahren Verwahrung muss sogar alle sechs Monate kontrolliert werden.
       
       An mehreren Stellen geht Leutheusser-Schnarrenberger sogar über Karlsruher
       Vorgaben hinaus. So sehen die Eckpunkte vor, dass vor dem Übergang von der
       Haft in die Verwahrung zwingend ein Sachverständigen-Gutachten über die
       Erforderlichkeit erstellt wird.
       
       Andere Karlsruher Vorgaben ignoriert das Eckpunkte-Papier jedoch. So sind
       keine "ausreichenden Besuchsmöglichkeiten" vorgesehen. Auch
       Mindeststandards für die Personalausstattung der Anstalten fehlen.
       
       21 Jul 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Urteil-Sicherungsverwahrung/!70259/
 (DIR) [2] /Urteil-zur-Sicherungsverfahrung/!70172/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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