# taz.de -- TV-Duell Künast gegen Wowereit: "Die Zeit ist vertan"
       
       > Beim Fernsehduell hätten die Berliner Spitzenkandidaten Künast und
       > Wowereit fast für Klarheit in der Koalitionfrage gesorgt. Doch das
       > wollten die Moderatoren doch nicht zulassen.
       
 (IMG) Bild: Künast und Wowereit im Fernsehstudio des RBB
       
       So muss es sein, einen Hauptgewinn im Lotto abzulehnen. Oder wie Fußballer
       die Jahrhundertchance zu versemmeln. Da waren sie so richtig in den Clinch
       gegangen, die beiden Spitzenkandidaten. Die Grüne Renate Künast hatte im
       Studio des RBB gerade versprochen, sie werde ihrer Partei nicht
       vorschlagen, mit der CDU zu koalieren, hat offenbar jede Hoffnung
       aufgegeben, dass ihre Partei doch noch vor der CDU landen und sie mit
       Grün-Schwarz Regierende Bürgermeisterin werden könnte. SPD-Mann Klaus
       Wowereit will Klartext von ihr hören, was denn nun mit der A 100 und ihrem
       Weiterbau sei, denn davon hängt für ihn eine Koalition mit den Grünen ab.
       Es ist gut Stimmung in der Bude.
       
       Doch was machen die beiden Moderatoren dieser als zweites TV-Duell
       angekündigten Sondersendung zur Wahl am 18. September? Sie wollen davon gar
       nichts wissen. "Koalitionsverhandlungen können Sie nach der Wahl führen",
       sagt allen Ernstes RBB-Chefredakteur Christoph Singelnstein. Jetzt soll es
       stattdessen um Wirtschaft gehen, über fehlende Fachkräfte.
       
       Betont lässig war Wowereit am Donnerstagabend kaum 20 Minuten vor der
       Sendung ins RBB-Gebäude in Charlottenburg gekommen, Jacket über der
       Schulter. Er hat es nicht eilig, ins Studio zu kommen, steht noch ein
       Weilchen mit Volker Ratzmann zusammen, dem grünen Fraktionschef, plaudert
       ein bisschen mit ihm. Beide lachen, vergleichen Krawatten – beide tragen
       Rot. Grün komme im Fernsehen nicht gut, erklärt ihm Wowereit. Und will dann
       wissen: „Was trägt denn Renatchen?“ Und Ratzmann, statt klar zu machen,
       dass das doch jetzt wohl Künast gegenüber ein bisschen sehr flapsig sei,
       sagt nur, er wisse das gar nicht.
       
       ## Das Duelle, das längst keins mehr ist
       
       Es hat denn Eindruck, das Duell, das längst keins mehr ist, könnte
       ausfallen und Wowereit und Ratzmann könnten unter sich mal die Koalition
       klarmachen. Die wichtigsten Mitstreiter sind sowieso ebenfalls da,
       Parteichef Michael Müller und Finanzsenator Ulrich Nußbaum bei der SPD,
       Co-Fraktionschefin Ramona Pop und Finanzexperte Jochen Esser bei den
       Grünen.
       
       Aber soweit ist es dann doch noch nicht. Im Studio nennt es Wowereit
       „Irritationen“, dass seine Partei zwischenzeitlich genau wie die Grünen den
       Weiterbau der A 100 ablehnte. Nur einmal werden die Moderatoren konkreter
       und wollen von Künast wissen, welche Straßen Künast denn da anstelle der
       A100 ausbauen oder verbessern wolle.
       
       Die Spannung des Anfangs, die Moderatoren haben sie erfolgreich
       rausgenommen. Dröge plätschert die Sendung dahin, Frage, Antwortbaustein,
       überflüssiges Kurzfilmchen, mit dramatischer Musik unterlegt. Bis Künast
       plötzlich erzählt, man müsse es so machen wie Danni Lowinski und sich um
       die Sorgen der Menschen kümmern - bis [1][zum taz-Interview Anfang Juli]
       kannte Künast überhaupt keine Danni Lowinski und die gleichnamige
       Sat1-Anwaltsserie. Leider sagt sie „Dänni“ statt Danni.
       
       Wowereit erzählt, Künast will nachhaken, zu Recht, etwas kontern – doch
       keine Chance, RBB-Mann Singelnstein sagt: „Frau Künast, Sie hatten
       Gelegenheit!“ Gelegenheit hätten auch die Moderatoren, Wowereit beim Thema
       Wohnungsnot auf die jüngsten Mieterhöhungen beziehungsweise ihre
       Ankündigung bei landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften festzunageln.
       Allein, sie tun es nicht. Künast muss darauf zu sprechen kommen, doch
       Wowereit kommt um eine klare Antwort herum.
       
       ## "Kita muss kostenfrei sein"
       
       Bewundernswert ist, wie offen Künast sagt, dass Verbesserungen in den Kitas
       nicht ohne Gebühren zu machen sind. Wowereit beharrt auf der jetzigen
       Regelung, bei der keiner, auch kein Reicher und Superreicher, außer dem
       Mittagessen etwas für die Kita bezahlen muss. „Wir stehen zur
       Kostenfreiheit", sagt er, „wir sagen: Kita muss kostenfrei sein."
       
       Wenn überhaupt dann beitragsfrei - der Finanzsenator, der die Sendung beim
       RBB mitverfolgt, könnte vorrechnen, wieviele Millionen dieses SPD-Geschenk
       aus dem vergangenen Wahlkampf Berlin kostet.
       
       „Die Zeit ist vertan“, hält Künast Wowereit am Ende vor. Vertan ist vor
       allem wie b[2][ei der Begegnung Wowereits mit dem CDU-Mann Frank Henkel]
       die 45-minütige Sendezeit, in der nicht wirklich Berlin bewegende Themen
       wie der Steglitzer Kreisel zur Sprache kommen, für aktuelleThemen wie
       Autobrände, Attacken in U-Bahnen – am gleichen Tag hatte es im Gericht die
       Plädoyers diesbezüglich gegeben - und die Zukunft der S-Bahn aber unerwähnt
       bleiben.
       
       Ganz zu schweigen von der zentralen Frage, wer nach der Wahl am 18.
       September mit wem koaliert. Wie um das ganz klar zu machen, sagt
       RBB-Programmdirektorin Claudia Nothelle auch am Ende nochmal: „Wir fragen
       Sie nicht jetzt nach Koalitionen.“ Im Ohr klingen einem bei diesen Worten
       die Kölschrocker der „Höhner“, die in einem Klassiker singen: „Wenn nicht
       jetzt, wann dann?“
       
       8 Sep 2011
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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