# taz.de -- Piratenpartei in Berlin: Abgeordnetenhaus gekapert
       
       > Die Piraten schaffen auf Anhieb etwa 9 Prozent und damit erstmals den
       > Einzug in ein Landesparlament. Sie wollen das Parlament vor allem in
       > Sachen direkte Demokratie aufmischen.
       
 (IMG) Bild: Jubel ohne Grenzen bei den Piraten.
       
       BERLIN taz | Die Piratenpartei zieht erstmalig in ein Landesparlament ein.
       Mit etwa 9 Prozent schaffte die Partei bei der Abgeordnetenhauswahl am
       Sonntag in Berlin deutlich den Sprung über die Fünfprozenthürde. Darüber
       hinaus wird erwartet, dass ihr der Einzug in mehrere Bezirksparlamente
       gelingt. Es ist das erste Mal, dass die Partei bei den Wahlen zum Berliner
       Abgeordnetenhaus angetreten ist.
       
       Ein Erfolg des vor fünf Jahren gegründeten Landesverbands der Piraten hatte
       sich bereits in den vergangenen Wochen abgezeichnet. Nachdem erstmals Mitte
       August ein Umfrageinstitut die Partei bei 4,5 Prozent gesehen hatte, stieg
       der Wert in den darauffolgenden Wochen weiter an. Zuletzt hatte das
       Info-Institut für die Piratenpartei in einer drei Tage vor der Wahl
       veröffentlichten Umfrage 9 Prozent prognostiziert. Bei den vorangegangenen
       Bundestagswahlen im Herbst 2009 hatte die Partei berlinweit 3,4 Prozent der
       Wählerstimmen geholt, bei der Europawahl einige Monate zuvor waren es noch
       2 Prozentpunkte weniger gewesen.
       
       Die Piratenpartei will das Parlament vor allem in Sachen Transparenz und
       direkte Demokratie aufmischen. So wollen sie zum Beispiel erreichen, dass
       sämtliche mit der Landesregierung abgeschlossenen Verträge öffentlich sind,
       ebenso wie die Vertragsverhandlungen. Darüber hinaus sollen
       parlamentarische Ausschusssitzungen live im Internet übertragen werden, und
       auf einer "Online-Demokratieplattform" sollen Bürger die Möglichkeit haben,
       sich auch außerhalb von Wahlen verbindlich an Entscheidungsprozessen zu
       beteiligen.
       
       "In den ersten Sitzungen wird man von den Piraten was hören. Es wird keine
       Schonfrist geben", hatte Spitzenkandidat Andreas Baum vor der Wahl im
       taz-Interview angekündigt. Zu wirtschafts- und finanzpolitischen Themen
       sowie dem Bereich Umweltpolitik gibt es im Wahlprogramm jedoch keine
       Aussagen.
       
       ## Nachnominierung nicht möglich
       
       Unter den voraussichtlich 15 Piraten, die nun ins Abgeordnetenhaus
       einziehen, ist lediglich eine Frau. Bei der Listenaufstellung am
       Jahresanfang hatte nur eine Frau kandidiert. Ob das die Kräfteverhältnisse
       im Landesverband widerspiegelt, ist unklar: Die Piraten lehnen die
       "Erfassung des Merkmals Geschlecht" laut ihrem Grundsatzprogramm ab.
       
       Dass die Piratenpartei insgesamt nur 15 Kandidaten auf ihrer Landesliste
       hat, könnte ihnen in den nächsten fünf Jahren zu schaffen machen. Denn mit
       dem Wahlergebnis dürfte - je nach Zahl der Überhang- und Ausgleichsmandate
       - kein Spielraum für Nachrücker bleiben. Wenn also Abgeordnete ihr Mandat
       aufgeben, beispielsweise durch Wegzug, blieben die Sitze leer. Eine
       Nachnominierung von Kandidaten ist nicht möglich.
       
       "Unser Ziel ist es, ins Abgeordnetenhaus einzuziehen", hatte dazu der
       Pressesprecher der Piratenpartei, Benjamin Biel, vor kurzem gesagt. Anders
       als erwartet, hat der Einzug der Piraten voraussichtlich keinen Einfluss
       auf mögliche Koalitionen anderer Parteien: Eine Fortsetzung der bisherigen
       Koalition aus SPD und Linkspartei wäre nach den Zahlen, die bis
       Redaktionsschluss vorlagen, auch dann nicht möglich gewesen, wenn die
       Piraten den Einzug ins Landesparlament verfehlt hätten.
       
       18 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
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