# taz.de -- Eurogipfel in Brüssel: Ein Schritt vor und zwei zurück
       
       > Weil sie erst den Bundestag konsultieren muss, blockiert Angela Merkel
       > den neuen Eurorettungsplan. Ihre Amtskollegen verlieren langsam die
       > Geduld.
       
 (IMG) Bild: Gruppenbild mit Bremserin: Merkel und die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite (v.l.n.r.), Polens Premier Donald Tusk, EU-Präsident Herman Van Rompuy, Sloweniens Premier Borut Pahor (2. Reihe li.) and Portugals Premier Pedro Passos Coelho.
       
       BRÜSSEL taz | Draußen demonstrierten rund 50 "Empörte" gegen die Herrschaft
       der Banken und der Märkte. Drinnen, im hermetisch abgeriegelten
       Justus-Lipsius-Gebäude im Europaviertel, wuchs die Empörung ebenfalls: Was
       als ultimativer Gipfel zur Eurorettung geplant war, verkam am Sonntag wegen
       einer deutschen Blockade zeitweise zur Farce.
       
       "Heute fallen keine Entscheidungen", hatte Angela Merkel vor Beginn des
       Treffens mit ihren 26 EU-Amtskollegen verkündet. Weil sie den Bundestag
       konsultieren muss, soll erst ein zweiter Sondergipfel am Mittwoch
       Beschlüsse fassen. Außerdem gehe es um "technisch zum Teil sehr
       komplizierte Prozesse", rechtfertigte Merkel die Verzögerung.
       
       Dabei stehen die Grundzüge des neuen Eurorettungsplans längst fest: Das
       hoffnungslos überschuldete Griechenland soll durch einen Schuldenschnitt
       von rund 50 Prozent entlastet werden. Zuvor wollen die 17 Euroländer ihre
       Banken mit rund 100 Milliarden Euro rekapitalisieren, damit sie nicht unter
       dem zu erwartenden Griechenland-Schock zusammenbrechen. Außerdem wollen sie
       den Eurorettungsschirm EFSF mit einem Finanzhebel aufblasen, sodass er bis
       zu eine Billion Euro ausleihen kann - genug, um zur Not auch Italien oder
       Spanien unter die Arme zu greifen.
       
       ## Juncker kritisiert Tempo in Berlin
       
       Seit Tagen feilen Experten an an dem Plan, der das gescheiterte
       Hilfskonzept vom letzten Eurokrisengipfel am 21. Juli ersetzen und die seit
       Wochen extrem nervösen Märkte beruhigen soll. Am Freitagabend hatten sich
       schon die Finanzminister in Brüssel getroffen, am Samstag gab es einen
       deutsch-französischen Minigipfel, am Sonntagmorgen zitierten Merkel und
       Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy den italienischen
       Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi zu einem Krisenfrühstück, um ihm neue
       Reformen abzuringen. So einen Gipfelmarathon hatte Brüssel seit Beginn der
       Schuldenkrise in Griechenland noch nicht erlebt.
       
       Doch dann kam nichts, jedenfalls nichts Endgültiges. Zwar traten Merkel und
       Sarkozy nach dem Ende des offiziellen EU-Gipfels gemeinsam vor die Presse.
       Merkel warb für Änderungen am EU-Vertrag, um die "Haushaltsdisziplin
       strenger zu fassen". Sarkozy lobte die deutsch-französische Zusammenarbeit,
       obwohl es zuletzt heftig geknirscht hatte, und sah sogar schon Anzeichen
       einer Entspannung der Eurokrise: Irland habe die Krise hinter sich,
       Portugal sei auf dem richtigen Weg, Spanien gehe es besser.
       
       Aber die Beschlüsse wurden auf Merkels Geheiß zurückgehalten. Und das
       führte hinter den Kulissen zu Streit. "Das Organisationstempo in Berlin ist
       langsamer als in den anderen Hauptstädten", kritisierte Eurogruppenchef
       Jean-Claude Juncker ungewöhnlich offen. Er habe zwar Verständnis dafür,
       dass der Bundestag auf seinem Budgetrecht bestehe, "aber das darf nicht
       dazu führen, dass die EU nicht in der gebotenen Schnelligkeit reagieren
       kann".
       
       ## "Finanzhebel" weiter strittig
       
       Unzufrieden zeigte sich auch die Chefin der Grünen im Europaparlament,
       Rebecca Harms: Merkel habe ein "desaströses Krisenmanagement" hingelegt.
       Obwohl erst am Mittwoch Beschlüsse gefasst werden sollen, müssten bereits
       am Sonntag wesentliche Entscheidungen fallen, sagte Harms.
       
       Auf Unverständnis stieß auch, dass sich Merkel und Sarkozy offenbar immer
       noch nicht auf den "Finanzhebel" für den Eurorettungsschirm EFSF geeinigt
       haben. Sarkozy sagte zwar, dass sich eine "ziemlich breite Einigung"
       abzeichne, und Merkel ergänzte, dass die Europäische Zentralbank nicht
       angezapft werde, Details des neuen, "gehebelten" Rettungsschirms sind aber
       weiter strittig.
       
       Dabei warten die Märkte genau darauf mit Hochspannung. Und die EU-Politiker
       starren gebannt auf die Märkte - was wiederum die "Empörten" aufregt. In
       Brüssel wurden bereits weitere Proteste angekündigt - für den nächsten,
       angeblich letzten Eurokrisengipfel am Mittwoch.
       
       23 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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