# taz.de -- Chinapolitik der EU: Es bleibt inkohärent und konzeptlos
       
       > Der jährliche EU-China-Gipfel ist abgesagt. Die Eurorettung ist
       > wichtiger. Aus Berlin heißt es, es gebe keinen stärkeren
       > Koordinationsbedarf gegenüber Peking.
       
 (IMG) Bild: Keine Zeit für China: Präsident der EU-Kommission Jose Manuel Barroso.
       
       BERLIN taz | Der für Dienstag in der chinesischen Hafenstadt Tianjin
       geplante jährliche EU-China-Gipfel ist von Brüssel abgesagt worden. Der
       Grund: EU-Kommission und -Troika können sich jetzt zwischen den EU-Gipfeln
       zur Eurorettung am Sonntag und Mittwoch nicht auch noch um eine gemeinsame
       China-Politik kümmern. Berichten zufolge herrscht ohnehin Uneinigkeit,
       inwieweit Peking formal für einen Beitrag für den Eurorettungsschirm EFSF
       angefragt werden soll.
       
       Dabei ist die Bundesregierung für eine Aufwertung der strategischen
       EU-Partnerschaft mit China und die "regelmäßige Analyse und Aktualisierung
       der Prioritäten in den EU-Beziehungen zu China". Dies geht aus einer gerade
       veröffentlichten Antwort des Staatsministers im Auswärtigen Amt (AA),
       Werner Hoyer (FDP), auf eine parlamentarische Anfrage der grünen
       Bundestagsabgeordneten Viola von Cramon hervor. Doch einen stärkeren
       Koordinationsbedarf auf EU-Ebene oder die Einrichtung eines europäischen
       oder deutschen China-Beauftragten sieht Hoyer nicht.
       
       Dabei gab es im Juni in Berlin bereits die ersten deutsch-chinesischen
       Regierungskonsultationen. Sie sollen jährlich auf Kabinettsebene
       stattfinden und den vereinbarten strategischen Dialog vertiefen. Während
       Peking im Juni ein Deutschland-Konzept vorlegte, das strittige Fragen
       ausklammert, ist für China laut Hoyer anders als in den Beziehungen zu den
       USA oder Russland kein Koordinator nötig, "weil die Beziehungen zwischen
       Deutschland und China noch keine vergleichbare Intensität" hätten. Auch
       seien die Koordinatoren bei den USA und Russland vor allem für die
       zwischengesellschaftlichen Kontakte zuständig.
       
       Mit anderen Worten: Die Bundesregierung scheint hier an einer Ausweitung
       kein Interesse zu haben. Das dürfte Chinas Machthaber freuen. "Dass jedes
       Ministerium einzeln und bilateral seine Zusammenarbeit mit China
       koordiniert, ist nicht mehr zeitgemäß," sagt von Cramon. "Für eine
       nachhaltigere Außenpolitik durch einen kohärenteren Ansatz bräuchte es
       dringend einen chinapolitischen Gesamtansatz."
       
       Laut Cramon, die Mitglied im Europaausschuss ist, verfolgten die
       Bundesressorts in über 30 Dialogforen ihre jeweils eigenen Ziele in China.
       Auch habe etwa das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
       Entwicklung (BMZ) im Oktober 2009 verkündet, die technische Zusammenarbeit
       mit China zu beenden. Doch jetzt versuche das BMZ seine
       Kooperationsprojekte unter dem Dach anderer weiterzuführen.
       
       Höhepunkt der Inkohärenz und Konzeptlosigkeit deutscher Chinapolitik war
       2007, als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin den Dalai Lama
       empfing. Peking wusste dies auszunutzen und ließ Steinmeier eine bis heute
       unveröffentlichte Erklärung unterzeichnen, in der die Bundesregierung
       Pekings Ein-China-Politik mutmaßlich noch weiter entgegenkam als bisher.
       
       Während Peking damals die in den Staatsmedien verschmähte Kanzlerin
       schnitt, wurde Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy auffällig hofiert. In
       früheren Zeiten, als der Dalai Lama andernorts empfangen wurde, hatten sich
       umgekehrt Berlin und die deutsche Wirtschaft fürs Stillhalten von Peking
       belohnen lassen.
       
       24 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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