# taz.de -- Nach der Wahl in Berlin: Piraten suchen nach dem Wohlfühlfaktor
       
       > Neue Räume, eine neue Sitzordnung, ein Antrag für Dienstfahrräder. Bei
       > der zweiten Fraktionssitzung der Piraten läuft es trotzdem nicht ganz
       > ohne Konflikte.
       
 (IMG) Bild: So haben sie sich vor kurzem der Presse vorgestellt: die Mitglieder der Piratenpartei.
       
       Die Räume sind noch sehr karg. Grau-blauer Teppich, darauf schwere braune
       Holzschreibtische. Die Wände sind nackt, die Regale leer, in einem Zimmer
       türmen sich aus unerfindlichen Gründen Tischventilatoren. Hier im vierten
       Stock im hintersten Winkel des Abgeordnetenhauses sieht es noch nicht aus,
       als hätte sich jemand dauerhaft eingerichtet. Auch die Ausschilderung in
       den Gängen hat die Verwaltung bislang nicht ausgetauscht, Besucher müssen
       den Schildern in Richtung FDP folgen, um zu den Piraten zu kommen.
       Immerhin: An den Zimmern stehen schon die Namen und das richtige
       Fraktionslogo.
       
       "Es wird für uns wichtiger sein als für andere Fraktionen, dass wir hier
       eine Atmosphäre des Wohlfühlens herstellen", sagt Fabio Reinhardt. Auf
       seinem Schreibtisch in Zimmer 435 stapeln sich Bücher, eine Wasserflasche,
       daneben liegt ein Notebook. Auf dem Tisch gegenüber ist es noch leer. Für
       Reinhardt ist der Wohlfühlfaktor deshalb wichtig, weil die Partei und vor
       allem die Fraktion noch jung sei, man keine Hierarchie oder gewachsene
       Struktur habe und daher Konflikte vermutlich stärker als bei anderen
       ausdiskutiert werden müssten. "Da sollte man eine möglichst angenehme
       Atmosphäre haben, in der man die Sachen ansprechen kann."
       
       Für die angenehme Atmosphäre soll auch eine neue Sitzordnung bei der
       Fraktionssitzung sorgen. In der vergangenen Woche hatte eine Bemerkung des
       Abgeordneten Christopher Lauer Anlass zur Diskussion gegeben. "Ich werde -
       Transparenz hin oder her - an Fraktionssitzungen, die in einem solchen
       Setting stattfinden, nicht mehr teilnehmen", hatte er zu Beginn der Sitzung
       gesagt. Es entspann sich eine Debatte, ob und an welchen Punkten die
       Zusammenarbeit verbesserungswürdig sei. Man einigte sich darauf, dass der
       Fraktionsvorstand sich mit der Problematik befassen soll. Auch ein
       Vorschlag, nach dem sich die Fraktion regelmäßig zum Kochen treffen sollte,
       stieß auf positive Rückmeldungen.
       
       Nun sitzt man im Oktagon. Vielleicht liegt es an der neuen Sitzordnung,
       vielleicht auch daran, dass deutlich weniger Kameras im Raum sind oder dass
       der Stress der ersten Plenarsitzung hinter ihnen liegt - die erste
       Fraktionssitzung nach der konstituierenden Sitzung des Abgeordnetenhauses
       läuft jedenfalls etwas entspannter. Es geht um neue Telefone, eine geplante
       Organklage, um die Rechte einzelner Abgeordneter zu stärken, die Frage, ob
       man grundsätzlich einen Endzeitpunkt für die Sitzung festlegt, um zu
       verhindern, dass sie - wie beim vergangenen Mal - über Stunden ausfranst.
       Antrag abgelehnt.
       
       Ein Konflikt entzündet sich an einer möglichen Fraktionssitzung im
       Wendland, anlässlich der Proteste gegen einen Castortransport Ende des
       Monats. "Wir haben im Wahlprogramm kernspaltungsfreie Energieerzeugung
       gefordert, insofern sehe ich das schon als politischen Auftrag, dort eine
       Fraktionssitzung zu machen", erklärt Alexander Spies. Andere argumentieren,
       dass die Infrastruktur, die man so für eine Fraktionssitzung benötige, die
       Bewegung vor Ort unterstütze. "Auch dort gibt es Berliner
       Einsatzhundertschaften und auch dort werden wir unsere Kontrollfunktion
       massiv ausfüllen können", sagt Alexander Morlang. Christopher Lauer warnt
       dagegen vor Geldverschwendung und negativen Konsequenzen bei einer Prüfung
       durch den Landesrechnungshof. Es fallen deutliche Worte, die Diskussion
       endet im Dissenz.
       
       Grüne Karten für Zustimmung gibt es bei allen wieder gegen Ende: Statt
       eines Dienstwagens für den Fraktionsvorsitzenden wollen die Piraten
       Fahrräder und Monatskarten für ihre gesamte Fraktion. Man hofft, damit auch
       zum Vorbild zu werden. "Es wird spannend, wenn andere Fraktionen auch
       anfangen, das zu machen", sagt der Fraktionsvorsitzende Andreas Baum. Bis
       es soweit ist, wird es vermutlich Frühjahr werden: Die Innenverwaltung muss
       das Verfahren noch genehmigen.
       
       1 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
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