# taz.de -- Nachträgliche Sicherungsverwahrung: Für immer wegschließen
       
       > Die Länderjustizminister fordern eine radikalisierte Form der
       > nachträglichen Sicherungsverwahrung. Angestoßen wurde das Konzept von der
       > SPD.
       
 (IMG) Bild: Nachträgliche Sicherungsverwahrung heißt jetzt "nachträgliche Therapieunterbringung".
       
       Die Länder wollen die nachträgliche Sicherungsverwahrung unter neuem Namen
       wieder einführen. Das wird am Mittwoch die Justizministerkonferenz (JuMiKo)
       in Berlin beschließen. Dabei soll es sogar möglich werden, aus der Haft
       Entlassene wieder wegzuschließen.
       
       Bei der Sicherungsverwahrung muss ein Täter auch nach Verbüßung der
       Haftstrafe im Gefängnis bleiben, solange er noch als gefährlich gilt. Das
       Bundesverfassungsgericht hatte jedoch im Mai alle gesetzlichen Grundlagen
       für verfassungswidrig erklärt, weil sich die Verwahrung nicht genug von der
       Strafhaft unterscheide und den Betroffenen zu wenig Therapieangebote
       gemacht würden. Der Bund muss nun eine Neuregelung entwerfen, die Länder
       müssen die Details bis Mai 2013 umsetzen.
       
       Bei einer Sonder-JuMiKo stellte Bundesjustizministerin Sabine
       Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vor vier Wochen ihr Konzept für eine
       therapieorientierte Sicherungsverwahrung vor, das die Länder billigten.
       Strittig blieb aber ein Punkt: die Wiedereinführung der nachträglich
       angeordneten Sicherungsverwahrung. Vor allem die SPD-Justizminister Thomas
       Kutschaty (NRW), Rainer Stickelberger (Ba-Wü) und Jana Schiedek (Hamburg)
       traten dafür ein.
       
       Nach einem der taz vorliegenden Beschlussentwurf wird die JuMiKo jetzt
       Möglichkeiten für eine "nachträgliche Therapieunterbringung" fordern.
       Wahrscheinlich werden nur Berlin und Brandenburg dagegen stimmen. Die große
       Mehrheit der Länder sieht eine "Notwendigkeit, psychisch gestörte Täter,
       deren Gefährlichkeit erst nach dem Strafurteil erkennbar wird, zum Schutz
       der Allgemeinheit unterbringen zu können".
       
       Nach derzeitiger Rechtslage muss die Sicherungsverwahrung schon im
       Strafurteil angeordnet oder vorbehalten werden. Die nachträgliche Anordnung
       während der Haftzeit wurde Ende 2010 für Neufälle abgeschafft. Die Länder
       sehen darin eine "Schutzlücke".
       
       ## Keine echte psychiatrische Krankheit erforderlich
       
       Um keinen Ärger mit dem Bundesverfassungsgericht und dem Straßburger
       Gerichtshof für Menschenrechte zu bekommen, soll die Maßnahme auf Fälle
       "hochgradiger Gefährlichkeit" und "psychisch gestörte" Täter beschränkt
       werden. Als psychisch gestört können nach einer Karlsruher Entscheidung vom
       Oktober aber fast alle infrage kommenden Straftäter eingestuft werden. Es
       sei hierfür nämlich keine echte psychiatrische Krankheit erforderlich.
       
       Die Länder wollen die Therapieunterbringung sogar für Straftäter
       ermöglichen, die bereits aus der Haft entlassen wurden. Sie soll "bis zu
       fünf Jahre nach der Entlassung aus dem Vollzug" noch angeordnet werden
       können. Bisher endete die Möglichkeit zur nachträglichen Anordnung einer
       Verwahrung mit der Freilassung aus der Haft.
       
       Leutheusser-Schnarrenberger wird die Forderung der Länder jedoch
       voraussichtlich ignorieren, wenn sie am Mittwoch auf der JuMiKo ihr Konzept
       zur Reform der Sicherungsverwahrung vorstellt. Allerdings sind die Länder
       damit nicht endgültig ausgebremst. Falls das Gesetz zustimmungspflichtig
       ist - wofür viel spricht, weil die Länder zu teuren Therapieangeboten
       verpflichtet werden -, könnten sie im Vermittlungsausschuss auf ihrer
       Forderung bestehen.
       
       Auch muss sich die Justizministerin noch bei der CDU/CSU im Bundestag
       durchsetzen. Deren rechtspolitische Sprecherin Andrea Voßhoff unterstützt
       die Länder. "Für uns steht der bestmögliche Schutz der Bevölkerung immer im
       Vordergrund", sagte sie der taz.
       
       8 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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