# taz.de -- Urteil Europäischer Menschrechtsgerichtshof: Keine Papa-Rechte für leibliche Väter
       
       > Leibliche Väter haben nicht in jedem Fall Anspruch auf die rechtliche
       > Anerkennung ihrer Vaterschaft, sagt der EuGH. Kontakt mit den Kindern ist
       > möglich.
       
 (IMG) Bild: Die „sozial-familiäre Beziehung“ zwischen Vater und Kind ist entscheidend.
       
       MANNHEIM taz | Leibliche Väter haben keinen Anspruch, rechtlich als Vater
       anerkannt zu werden, wenn bereits ein anderer Mann als rechtlicher Vater
       gilt und mit dem Kind zusammenlebt. Dies hat jetzt der Europäische
       Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in zwei Fällen aus Deutschland
       entschieden.
       
       Es ist eine der heikelsten Konstellationen des Familienrechts. Ein Mann
       zeugt ein Kind, will Verantwortung übernehmen, doch ein anderer Mann gilt
       als rechtlicher Vater, weil er Ehemann der Mutter ist oder mit ihrer
       Zustimmung die Vaterschaft anerkannt hat. Nach deutschem Familienrecht hat
       der biologische Vater bisher keinerlei Rechte. So soll die soziale Familie
       geschützt werden.
       
       Der EGMR in Straßburg hatte nun zwei Fälle zu entscheiden. Ein Mann aus
       Willich (NRW) hatte mit seiner damaligen Ehefrau ein Kind gezeugt, das aber
       erst nach der Scheidung geboren wurde. Die Vaterschaft erkannte der neue
       Partner der Frau an, mit dem sie die heute 6jährige Tochter auch gemeinsam
       erzieht. Im zweiten Fall hatte ein Berliner ein Verhältnis mit einer Frau,
       die später schwanger wurde. Sie lebte aber bereits mit einem anderen Mann
       zusammen, der mit ihrer Zustimmung die Vaterschaft anerkannte und die
       Mutter wenige Monate später auch heiratete.
       
       In beiden Fällen scheiterten die leiblichen Väter vor deutschen Gerichten,
       einschließlich Bundesverfassungsgericht: In solchen Konstellationen sei
       kein Anfechtungsrecht der leiblichen Väter vorgesehen. Letzte Hoffnung war
       der EGMR, der als eher väterfreundlich gilt.
       
       Der Gerichtshof stellte nun zwar fest, dass die Verweigerung eines
       Anfechtungsrechts einen Eingriff ins Privatleben der biologischen Väter
       bedeutet. Dieser Eingriff stelle aber keinen Verstoß gegen die Europäische
       Menschenrechtskonvention dar.
       
       Die Richter begründeten dies mit einem Vergleich der Rechtslage in 26
       europäischen Staaten. Zwar sähen nur neun Staaten kein Anfechtungsrecht des
       biologischen Vater vor. Es gebe damit aber "keinen gefestigten Konsens" in
       Europa. Also hätten die Nationalstaaten einen "weiten
       Beurteilungsspielraum" und können zum Schutz der sozialen Familie auch die
       Stellung des rechtlichen Vaters vor Interventionen des leiblichen Vaters
       bewahren.
       
       Auch ein Anspruch auf einen Gentest zur Klärung der biologischen
       Vaterschaft durfte Deutschland den biologischen Vätern verweigern. Ein
       Recht auf einen Test unabhängig von einer Vaterschaftsanfechtung gebe es in
       Europa gar nicht, stellten die Richter fest. Auch hier habe Deutschland
       Gestaltungsspielraum. Gegen das Urteil ist noch ein Rechtsmittel zur Großen
       Kammer des EGMR möglich.
       
       Im Vorjahr hatte der Gerichtshof den biologischen Vätern etwas geholfen.
       Wenn ihre Vaterschaft eindeutig ist, können sie einen Antrag auf ein
       Umgangsrecht mit ihrem Kind stellen. Dem muss auch stattgegeben werden,
       wenn es dem Kindeswohl dient. Das deutsche Familienrecht wurde allerdings
       noch nicht entsprechend angepasst. (Az.: 45071/09 und 23338/09)
       
       22 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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