# taz.de -- Syrische Opposition ringt um die Zukunft: Pläne für die Nach-Assad-Ära
       
       > Rund 300 syrische Dissidenten haben sich in Istanbul versammelt, um den
       > internen Streit zu überwinden. Offen ist vor allem, welche Rolle die
       > Muslimbruderschaft übernehmen wird.
       
 (IMG) Bild: Verließ aus Protest gleich zu Beginn die Konferenz der Assad-Gegner: der Oppositionelle Haitham Maleh.
       
       BERLIN taz | Das Treffen sollte die zersplitterte Opposition Syriens einen
       – doch gleich zu Beginn traten die Brüche wieder einmal offen zutage: Noch
       während der Präsident des Syrischen Nationalrates (SNC), Burhan Ghalioun,
       die Konferenzteilnehmer zur Überwindung ihrer Differenzen aufrief, verließ
       der renommierte Oppositionelle Haitham Maleh aus Protest den Saal.
       
       Der SNC maße sich zu viel Macht an, sagte Maleh später vor Journalisten,
       und ließe andere Oppositionelle nicht zu Wort kommen.
       
       Rund 300 Dissidenten hatten sich am Dienstag in einem Vorort von Istanbul
       versammelt. Die Konferenz sollte wenige Tage vor dem Treffen der
       Syrien-Kontaktgruppe am Sonntag zeigen, dass die Opposition eine
       glaubwürdige Alternative zum Assad-Regime bieten kann.
       
       Bislang scheut die internationale Gemeinschaft davor zurück, ihr Gewicht
       hinter eine Opposition zu werfen, die ein Bild von Zerfall und
       Zerrissenheit abgibt.
       
       Zu Zwietracht führen vor allem die offenen Fragen, inwieweit die
       bewaffneten Rebellen unterstützt werden sollen und welche Rolle die
       Muslimbruderschaft in einem künftigen Syrien spielen soll.
       
       ## Religiöser Einfluss
       
       Vor allem säkulare Oppositionelle fürchten sich vor einem zu großen
       Einfluss der Religiösen. Kurz vor Beginn der Konferenz in Istanbul ist die
       Muslimbruderschaft nun in die Offensive gegangen, um die Sorgen zu
       zerstreuen.
       
       „Wir wollen ein demokratisches Syrien, und wir wollen das Land nicht
       alleine kontrollieren“, sagte Riad al-Schakfa, der Führer der syrischen
       Muslimbrüder, am Sonntag vor Journalisten.
       
       Es war das erste Mal, dass die Muslimbrüder konkret Stellung genommen
       haben, wie sie sich die politische Ordnung Syriens nach einem Sturz des
       Assad-Regimes vorstellen.
       
       ## Pluralistische Gesellschaft
       
       Zugleich legte die Partei einen Plan vor, wonach ein „moderner, ziviler
       Staat“ errichtet werden soll, dessen Verfassung auf dem Willen des Volkes
       beruht. Auch sprachen sich die Islamisten für eine „pluralistische
       Gesellschaft“ aus, wo Gleichheit zwischen allen Ethnien und Konfessionen
       herrscht.
       
       Nach dem Willen von Burhan Ghalioun wird das Treffen mit einem „nationalen
       Eid“ enden. Damit sollen sich alle Oppositionellen auf einen Verzicht auf
       Rachepläne und einen nationalen Versöhnungsprozess nach dem Ende des
       Assad-Regimes verständigen.
       
       Außerdem sollen die Teilnehmer des Treffens einem Aktionsplan des SNC
       zustimmen, der neben der Unterstützung der friedlichen Proteste logistische
       und finanzielle Hilfe für die Bewaffnung der Freien Armee Syriens vorsieht.
       
       27 Mar 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gabriela M. Keller
       
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