# taz.de -- Spitzentreffen zum Fiskalpakt: Jetzt alle am Steuern
       
       > Die Kanzlerin kann frohlocken: Zwar wurde die Entscheidung über den
       > Fiskalpakt noch einmal vertagt, aber bei relevanten Punkten zeichnen sich
       > Übereinstimmungen ab.
       
 (IMG) Bild: Wie geht der Politikersprech so schön: verhalten optimistisch. Gabriel und Steinmeier.
       
       BERLIN taz | Volker Kauder klang fast euphorisch, als er sich für ein
       Statement vor die Mikrofonphalanx der Reporter vor dem Kanzleramt stellte.
       Ein „sehr gutes Gespräch“ sei das mit der Opposition gewesen, lobte der
       hartgesottene Unions-Fraktionschef, mehr noch, man sei auf einem „sehr
       guten Weg“. Kauder machte nach dem Spitzentreffen zu Fiskalpakt und
       Finanztransaktionssteuer mit den Partei- und Fraktionschefs der Opposition
       auffällig gute Stimmung.
       
       Und tatsächlich, auch wenn SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier oder
       sein Grünen-Kollege Jürgen Trittin später skeptischere Töne anschlugen:
       Kauder und Kanzlerin Angela Merkel könnten zu Recht frohlocken. Die Spitzen
       von Koalition und Opposition haben bei ihrem gut zweistündigen Treffen zwar
       eine Einigung noch mal vertagt. Doch bei relevanten Punkten zeichnen sich
       immer mehr Übereinstimmungen ab.
       
       Bei der Finanztransaktionssteuer hätten Union und FDP beteuert, zur
       Verabredung der vergangenen Woche zu stehen, sagte Steinmeier. Dass diese
       Verabredung angezweifelt würde, sei „offensichtlich ein Missverständnis“
       gewesen. Damit spielte der Sozialdemokrat auf den Hickhack der vergangenen
       Tage an.
       
       ## Misstrauen ausgeräumt
       
       Die Verhandler hatten bereits bei ihrem letzten Gespräch vereinbart, dass
       sich die Regierung für eine Finanztransaktionssteuer auch in einem Teil der
       EU einsetzt. Danach soll bei An- und Verkäufen sämtlicher Finanzprodukte
       eine Minimalsteuer von 0,1 bzw. 0,01 Prozent fällig werden. Das würde vor
       allem Spekulanten treffen, die etwa Aktien häufig kaufen und verkaufen. Die
       FDP hatte sich bis zuletzt dagegen gewehrt. Am Wochenende lancierte der
       Spiegel eine Äußerung von Kanzleramtschef Ronald Pofalla, wonach eine
       Steuer in dieser Legislaturperiode nicht mehr umgesetzt werde. Daraufhin
       hatten sich Opposition und Koalition mit Verdächtigungen überzogen.
       
       Dieses Misstrauen scheint nun ausgeräumt: Die Regierung habe zugesagt,
       bereits beim Ecofin-Treffen am 22. Juni Pflöcke für die Steuer einzusetzen,
       sagte Steinmeier. Mit dieser Vereinbarung hat die Opposition einen
       wichtigen Erfolg eingefahren.
       
       Auch Trittin gab sich verhalten optimistisch. „Das Europa der Austerität
       geht zu Ende“, sagte er. Die Koalition habe Zugeständnisse bei der
       Umwidmung von EU-Strukturfondsmitteln und bei der Aufstockung des Kapitals
       der Europäischen Investitionsbank gemacht. Beides gehört zu Initiativen für
       mehr Wirtschaftswachstum, welche SPD und Grüne ebenfalls für ihr Ja zum
       Fiskalpakt fordern. Auch hier gibt es also Annäherungen – auch wenn
       Steinmeier betonte, diese lägen bisher vor allem „in den Überschriften“.
       
       Bei einem dritten Punkt weicht die Front der Opposition auf: SPD und Grüne
       fordern einen Tilgungsfonds, in den alle EU-Staaten einen Teil ihrer
       Schulden überweisen sollen. Weil alle Staaten die Haftung übernähmen,
       sänken die Zinsen für Schuldenstaaten. Doch die SPD geht angesichts
       juristischer Probleme vorsichtig auf Distanz. Den Grünen ist der Fonds
       wichtiger. Merkel bleibe die Antwort schuldig, so Trittin, wie der
       Zinsdruck auf Länder wie Spanien gemildert werden könne.
       
       Beide Seiten wollen zügig weiterreden: Donnerstag trifft Merkel die
       Ministerpräsidenten der Länder, auch soll ein Zeitplan für den Bundestag
       besprochen werden. Ein neues Spitzengespräch ist für den 21. Juni
       vereinbart.
       
       13 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Einigung beim Fiskalpakt: Am Kern der Krise vorbei
       
       Gegen die Dramatik der Krise wäre ein Mechanismus der gegenseitigen Haftung
       für europäische Schulden nötig. Doch in diesem Punkt sind SPD und Grüne
       feige.
       
 (DIR) Einigung von Koalition und Opposition: Fiskalpakt kann kommen
       
       Regierung und Opposition haben sich im Streit um den Fiskalpakt geeinigt.
       Zusätzlich soll eine Finanztransaktionssteuer eingeführt werden – notfalls
       auch nur in einem Teil der EU-Staaten.
       
 (DIR) Fiskalpakt und SPD-Linke: „Rote Geranien auf Merkels Misthaufen“
       
       Der SPD-Linke Klaus Barthel hält den Kompromiss mit Angela Merkel derzeit
       für nicht zustimmungsfähig. Er hofft auf Nachbesserungen.
       
 (DIR) Entscheidung über Fiskalpakt Ende Juni: Der Zeitplan steht
       
       Bundesregierung und Opposition sind sich einig: Bundestag und Bundesrat
       entscheiden Ende Juni über den Fiskalpakt und den Euro-Rettungsschirm ESM.
       
 (DIR) Regierungserklärung zum G20-Gipfel: Deutschlands endliche Stärke
       
       Die Bundeskanzlerin erklärt die Strategie für den kommenden G20-Gipfel.
       Deutschland soll führen, aber nicht alle Verantwortung alleine stemmen.
       
 (DIR) Einigung bei Finanztransaktionssteuer naht: „Attac wird trotzdem noch gebraucht“
       
       Attac-Gründer Peter Wahl über die Annäherung von Regierung und Opposition
       bei der Finanztransaktionssteuer, angedeutete Ausnahmen und taktische
       Schlaumschlägereien.
       
 (DIR) Kommentar Fiskalpaktpoker: Einig im Geiste
       
       Koalition und Opposition sind sich bei den Verhandlungen um den Fiskalpakt
       näher gekommen. Der Streit um Details dient überwiegend der Imagepflege.
       
 (DIR) Debatte Fiskalpakt: Der Mut, Nein zu sagen
       
       Mit der Abstimmung über den europäischen Fiskalpakt stehen für die Grünen
       Profil und Glaubwürdigkeit auf dem Spiel. Die Partei muss das Spardiktat
       ablehnen.
       
 (DIR) Eurokrise und Finanztransaktionssteuer: Gezerre um neue Steuer
       
       Noch ist die geplante Finanztransaktionsteuer nicht beschlossen. Die
       Opposition fordert mindestens einen Kabinettsbeschluss.
       
 (DIR) Koalitionszwist um Spekulationssteuer: Zu früh gefreut
       
       Die Finanztransaktionsabgabe kommt wohl nicht mehr in dieser
       Legislaturperiode. Die Opposition droht deshalb mit der Ablehnung des
       Fiskalpaktes.