# taz.de -- Plan für europäisches Finanzministerium: Brüssel greift nach der Macht
       
       > Die EU will mehr Macht. Der Plan stößt auf Widerstand in Berlin – nicht
       > wegen mangelnder demokratischer Gestaltung, sondern wegen
       > gemeinschaftlicher Schulden.
       
 (IMG) Bild: Die Brüssler „Europa“ der Künstlerin May Claerhout hält bereits den Euro symbolisch in der Hand: Die EU will es ihr nachtun.
       
       BRÜSSEL taz | Der Fiskalpakt war erst der Anfang. Nur drei Monate nach der
       letzten umstrittenen Reform bereiten die Euro-Chefs schon den nächsten
       Umbau der kriselnden Währungsunion vor. Deutschland könnte dabei endgültig
       die Kontrolle über seine Budgetpolitik verlieren – künftig soll Brüssel das
       letzte Wort haben. Im Gegenzug sollen die Euroländer gemeinsam Schulden
       aufnehmen. Sogar etwas mehr Demokratie will die EU wagen.
       
       „Auf dem Weg zu einer echten Wirtschafts- und Währungsunion“ heißt der
       Bericht, den EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy gestern vorstellte. Das
       Papier ist nur sieben Seiten lang, doch es hat es in sich. Es enthält zwar
       kein Rezept gegen die Krise in Griechenland, Spanien oder Zypern. Dafür
       wird klar, warum Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) von
       Verfassungsänderung und Volksabstimmungen spricht: Die EU soll völlig
       umgekrempelt werden.
       
       „Mehr Europa“, Schäubles Slogan, legt Van Rompuy dabei eigenwillig aus.
       Sein Masterplan, der beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag diskutiert
       werden soll, sieht vor allem mehr Macht für die Brüsseler Exekutive vor.
       Die EU-Kommission und der Ministerrat sollen künftig das Recht erhalten,
       Grenzen für die Neuverschuldung festzulegen und nationale Budgetentwürfe zu
       kassieren.
       
       ## Gemeinsame Haftung und Schulden
       
       Es gehe darum, „nicht nachhaltige Fiskalpolitik zu verhindern und zu
       korrigieren“, heißt es in dem der taz vorliegenden Entwurf. Bei den
       Sparvorgaben aus Brüssel soll „soziale Fairness“ berücksichtigt werden. Der
       eigentliche Clou ist aber, dass parallel zur Kontrolle und Strafe auch eine
       gemeinsame monetäre Haftung eingeführt werden soll. Sogar gemeinsame
       Schulden kann sich Van Rompuy vorstellen – allerdings nur flankiert von
       einer strengen Budgetdisziplin und Wettbewerbsfähigkeit.
       
       Von Rompuy und seine drei Mitstreiter, EU-Kommissionschef Barroso,
       Eurogruppenchef Juncker und EZB-Präsident Draghi, kommen damit Deutschland
       entgegen, das die Vergemeinschaftung der Schulden bisher strikt ablehnt.
       Ihr Vorschlag läuft darauf hinaus, den deutschen Fiskalpakt mit
       Schuldenbremse weiterzuentwickeln und eine zentrale Wirtschaftsregierung
       aufzubauen. Am Ende könnte ein EU-Finanzministerium stehen, auch wenn im
       Entwurf nur von einem „Finanzbüro“ die Rede ist.
       
       Damit die Bürger nicht auf die Barrikaden gehen, machen sich die vier
       EU-Chefs sogar Gedanken über die Demokratie. Mehr als dürre sieben Zeilen
       fallen ihnen dazu allerdings nicht ein. „Die enge Beteiligung von
       Europaparlament und nationalen Parlamenten ist zentral“, heißt es in dem
       Entwurf. Es komme darauf an, öffentliche Unterstützung für
       „europapolitische Entscheidungen mit weitreichenden Folgen für den Alltag
       der Bürger“ zu sichern.
       
       Van Rompuy will seinen Masterplan bis zum Herbst in eine detaillierte
       „Roadmap“ für die EU-Reform ausbauen. Allerdings muss Deutschland
       zustimmen. Die ist zumindest bei der geplanten gemeinsamen Schuldenaufnahme
       fraglich. „Wir sind nicht überzeugt, dass der Weg von Vergemeinschaftung
       von Schulden ein Weg aus der Krise ist“, sagte der deutsche
       Außenamts-Staatsminister Michael Link. Van Rompuys Papier sei keine
       Beschlussvorlage, sondern lese sich „streckenweise wie ein Wunschzettel“.
       
       26 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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