# taz.de -- Stadt schließt Vertrag mit Muslimen: Islam gehört jetzt zu Hamburg
       
       > Schulfrei an islamischen Feiertagen, Religionsunterricht,
       > Bestattungsrituale – Hamburg hat einen Vertrag mit Muslimen geschlossen.
       > Und hofft auf Nachahmer.
       
 (IMG) Bild: Freitagsgebet in Hamburg.
       
       HAMBURG taz | „Etwas Selbstverständliches, das große Aufmerksamkeit
       erringt“, gelte es heute vorzustellen, befand Hamburgs Bürgermeister Olaf
       Scholz (SPD) und ergänzte: Etwas, wo man sich einst fragen werde, warum es
       bislang in Deutschland nicht geschehen sei. Das „Etwas“ ist der erste
       Staatsvertrag eines Bundeslandes mit Muslimen, der, so Scholz, „ein Signal
       der Bereitschaft zu einem kooperativen Miteinander“ setze.
       
       Die elfseitige Vereinbarung, die das Zusammenleben zwischen den rund
       120.000 Muslimen und den etwa 1,7 Millionen Nichtmuslimen in der Hansestadt
       regeln soll und noch vom Hamburger Senat und der Bürgerschaft abgesegnet
       werden muss, umfasst Fragen der Religionsausübung, des Schulunterrichts,
       der Bestattungsrituale und der Anerkennung des Grundgesetzes.
       
       Der Rat der islamischen Gemeinschaften (Schura), die Türkisch-Islamische
       Union (Ditib), der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) und die
       alevitische Gemeinde bekennen sich zu den „Wertegrundlagen der
       grundgesetzlichen Ordnung“, zur „Ächtung von Gewalt und Diskriminierung
       aufgrund von Herkunft, sexueller Orientierung, Glauben“ und „religiöser und
       politischer Anschauungen“ sowie „zur Gleichberechtigung der Geschlechter“.
       
       Hamburg erklärt im Gegenzug das Opferfest, das Zuckerfest zum Ende des
       Ramadans und Aschura zu Feiertagen – sie werden damit dem Reformationstag,
       Fronleichnam und dem Buß- und Bettag gleichgestellt. Arbeitnehmer erhalten
       dadurch das Recht, an diesen drei Tagen Urlaub zu nehmen, Schüler dürfen
       dem Unterricht fernbleiben. Verbrieft wird den islamischen
       Religionsgemeinschaften zudem das Recht, in Zukunft an der Konzeption und
       Gestaltung des schulischen Religionsunterrichts stärker mitzuwirken.
       
       ## „Wichtiger Schritt zur Anerkennung“
       
       Mehr als fünf Jahre wurde der Vertrag verhandelt. Kurz nachdem 2005
       ähnliche Verträge mit der evangelischen und der katholischen Kirche und
       zwei Jahre später mit der jüdischen Gemeinde von Hamburg abgeschlossen
       wurden, hatte der damalige Bürgermeister Ole von Beust (CDU) eine
       entsprechende Initiative in Gang gesetzt und sie unter Schwarz-Grün
       verhandelt, bevor der SPD-Senat die Gespräche jetzt zum Abschluss brachte.
       
       Entsprechend viel Applaus gab es am Dienstag über alle Partei- und
       Konfessionsgrenzen hinweg, auch die Vertreter der muslimischen und
       alevitischen Verbände waren voll des Lobes. Schura-Funktionär Daniel Abdin
       bewertete den bevorstehenden Vertragsabschluss als „wichtigen Schritt hin
       zur institutionellen Anerkennung des Islam in Deutschland“, und Aziz
       Aslandemir von der Alevitischen Gemeinde Deutschland sagte: „Wir hoffen,
       dass dieser Vertrag auch für andere Bundesländer als Initialzündung
       angesehen wird.“
       
       Das Hamburger Modell lässt sich allerdings nicht ohne Weiteres auf andere
       Bundesländer übertragen, weil diese ganz andere Landesverfassungen
       besitzen.
       
       „Eine kleine Revolution“ sei der Hamburger Staatsvertrag aber schon, meint
       der Düsseldorfer Islamwissenschaftler Michael Kiefer, der in
       Nordrhein-Westfalen an der Einführung eines konfessionellen islamischen
       Religionsunterrichts mitgewirkt hat. „In allen anderen Bundesländern sind
       alle Übereinkünfte mit Muslimen bisher weit unterhalb dieser Ebene
       angesiedelt“.
       
       Auch in Nordrhein-Westfalen habe man sich durch eine Hilfskonstruktion
       darum herumgemogelt, Muslime als eigene Religionsgemeinschaft anzuerkennen.
       Das Hamburger Beispiel besitze daher starke Symbolkraft.
       
       14 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) M. Carini
 (DIR) D. Bax
       
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