# taz.de -- Rundfunkgebühren der GEZ: Die Bürokratie macht keine Fehler
       
       > Die GEZ fordert von Dirk Müller fast 470 Euro, obwohl er eine geistige
       > Behinderung hat und von der Gebühr befreit ist. Er hätte einen Antrag
       > stellen müssen.
       
 (IMG) Bild: Es sei „ein Leichtes, die Schuld nicht bei sich selbst, sondern bei uns zu suchen“, sagt der GEZ-Sprecher.
       
       BERLIN taz | Dirk Müller ist geistig behindert und wohnt in einem
       Pflegeheim der Lebenshilfe. Er bekommt 100 Euro Taschengeld im Monat. Am 4.
       Juni 2012 erhielt Müller eine Zahlungsaufforderung der GEZ, der
       Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten: Er
       soll 467,48 Euro Rundfunkgebühren bezahlen, obwohl er aufgrund eines
       Behinderungsgrads von 100 Prozent befreit sein müsste. Sein Vater und
       Vormund Günter Müller hatte zwei Jahre zuvor einen Formfehler begangen.
       
       „Da wir auch nicht mehr jünger werden und aufgrund der körperlichen und
       geistigen Probleme meines Sohnes mussten wir ihn vor zwei Jahren in ein
       Pflegeheim der Lebenshilfe geben“ sagt der 68 Jahre alte Vater, dessen Sohn
       selbst schon 45 ist. Günter Müller gab dem Heim beim Umzug sämtliche
       Unterlagen mit, unter anderem einen Bescheid des Versorgungsamts Gera, der
       bestätigt, dass Dirk einen Behinderungsgrad von über 80 Prozent hat und
       damit nicht „an öffentlichen Veranstaltungen“ teilnehmen kann, also die
       Voraussetzungen für die Befreiung von der GEZ erfüllt. „Ich hatte den
       festen Glauben, dass Dirk befreit ist“ sagt er.
       
       Doch der Bescheid des Versorgungsamts reicht für die Befreiung nicht aus,
       erklärt ein GEZ-Mitarbeiter gegenüber der taz. Dieser muss zusammen mit
       einem vollständig ausgefüllten „Antrag auf Gebührenbefreiung“ an die
       Gebühreneinzugszentrale geschickt werden. Doch so einen hat die GEZ von den
       Müllers nicht erhalten – und beharrt auf der Zahlung. Sie sieht sich im
       Recht.
       
       Günter Müller ist empört. Nur weil er versäumt hat, ein Formular an die GEZ
       zu senden, soll sein behinderter Sohn 467,48 Euro zahlen. „Das ist doch
       Wahnsinn, wenn sich Ämter gegenseitig unterstellen, nicht autorisiert zu
       sein“, sagt er und bezieht sich damit auf den Bescheid des Versorgungsamts
       der Stadt Gera, der eindeutig das Vorliegen aller Bedingungen für eine
       Gebührenbefreiung bescheinigt.
       
       Doch die GEZ rückt nicht von ihrer Forderung ab, die Zahlungsaufforderung
       sei rechtmäßig. Günter Müller hätte beim Umzug seines behinderten Sohnes
       den Antrag verschicken müssen, so die Stellungnahme. Rückwirkend sei die
       Befreiung nicht mehr durchführbar. Und das, obwohl klar ist, dass Dirk
       Müller schwerbehindert war und ist.
       
       ## „Das hat Methode“
       
       Günter Müller fühlt sich ohnmächtig und wütend. Ihn ärgert auch, dass die
       GEZ die Briefe nicht an ihn, den Vormund, sondern an die behinderten
       Bewohner des Heims selbst verschickt. „Das hat Methode. Das bringt doch
       totale Unruhe in das Heim“, sagt er. Tatsächlich scheint sein Sohn Dirk
       kein Einzelfall zu sein. „Nach einer Ummeldung meldet sich sofort die GEZ“,
       sagt die Heimleiterin. „Eigentlich müssten die gesetzlichen Vertreter die
       Post bekommen, aber die wird an uns geschickt.“
       
       Sie denkt, dass die GEZ gezielt Daten der Heimbewohner beim
       Einwohnermeldeamt abgreift: „Selbst mit einem RF-Merkzeichen [Befreiung von
       der Rundfunkgebührenpflicht, Anm: die Red.] von 100 Prozent brauchen die
       Heimbewohner nochmals eine neue Befreiungsbestätigung durch die GEZ.“
       
       „Ob es in dem Heim, in dem der Sohn von Herrn Müller untergebracht ist,
       ähnliche Fälle gibt, kann ich nicht beurteilen“, sagt ein GEZ-Sprecher:
       „Sollte dies aber wider Erwarten so sein, so ist das zweifellos auf das
       Versäumnis der jeweiligen Betreuer zurückzuführen, rechtzeitig den
       unbedingt notwendigen Befreiungsantrag zu stellen. Falls es dann wegen eben
       dieser Versäumnisse zu Forderungen unsererseits kommt, ist es natürlich ein
       Leichtes, die Schuld nicht bei sich selbst, sondern bei uns zu suchen.“
       
       Nutzen konnte Dirk Müller sein Fernsehgerät bis zum Frühjahr übrigens
       nicht, das Heim erfüllte die technischen Voraussetzungen nicht. Außerdem
       sei er in der ersten Zeit im Heim oft nach Hause gefahren. Es brauche
       einfach seine Zeit, bis sich ein behinderter Mensch an eine neue Umgebung
       gewöhnt. Sein Vater Günter Müller hat jetzt das zuständige
       Betreuungsgericht, das Amtsgericht Weimar, eingeschaltet.
       
       1 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicolas Weisensel
       
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