# taz.de -- Krieg in Nahost: „Israels Regierung blufft“
       
       > Eine Bodenoffensive bringt überhaupt nichts, meint Yagil Levy, Soziologie
       > der Offenen Universität Israel. Das israelische Truppenaufgebot hält er
       > für eine Drohung.
       
 (IMG) Bild: Zigtausende Reservisten sind mobilisiert worden: israelischer Panzer in der Nähe der Grenze zum Gazastreifen
       
       taz: Herr Levy, Israels Verteidigungsminister Ehud Barak erklärte gleich zu
       Beginn der Gaza-Operation, dass die israelische Armee fast alle
       Fadschr-Raketen zerstört hat. Trotzdem dauern die Angriffe auf Tel Aviv an.
       Lügt Barak – oder wusste er es nicht besser? 
       
       Yagil Levy: Die Raketen, die auf Tel Aviv abgeschossen werden, sind nicht
       zwingend Fadschr-Raketen, sondern andere Modelle, die noch nicht komplett
       vernichtet wurden.
       
       Was könnte Israel mit einer Invasion in Gaza erreichen? 
       
       Eine Bodenoffensive bringt überhaupt nichts. Mit dem Einmarsch von
       Fußsoldaten kann nichts erreicht werden, was die bisherigen Angriffe nicht
       schon erledigt hätten. Ich halte das Truppenaufgebot für nichts anderes als
       eine Drohung. Die Regierung blufft.
       
       Das kostet sie viel Geld. Zigtausende Reservisten sind mobilisiert worden.
       Wozu diese ungeheure Zahl? 
       
       Um den Bluff überzeugender zu machen. Sehen Sie sich einen Vergleich an:
       Bei der letzten Offensive vor vier Jahren sind rund 10.000 wehrpflichtige
       Soldaten mobilisiert worden. Diesmal sind 75.000 Soldaten an die Front
       gerufen worden. Wir können davon ausgehen, dass es hier um eine
       Machtdemonstration geht, die die andere Seite dazu bewegen soll, möglichst
       schnell klein beizugeben.
       
       Angenommen, die Regierung entscheidet sich für die Bodenoffensive. Was
       könnte das Ziel eines solchen Krieges sein? 
       
       Das einzige Ziel ist, Tod und Zerstörung im Gazastreifen zu verbreiten, um
       so die Verhandlungsposition Israels gegenüber der Hamas zu stärken und
       diese so dazu zu bringen, zu tun, was Barak forderte. Die Hamas soll auf
       den Knien um einen Waffenstillstand betteln. Eine solche Operation hat kein
       konkretes, erreichbares Ziel. Man muss sich nur den früheren Krieg ansehen,
       der nichts anderes brachte als zahlreiche Tote und der uns im Anschluss den
       „Goldstone-Bericht“ der UN-Bericht zu Kriegsverbrechen in Gaza bescherte.
       
       Glauben Sie, dass 75.000 israelische Soldaten ein guter Grund für die Hamas
       sind, sich vor einem eventuellen Sturz zu fürchten? 
       
       Dass 75.000 Soldaten mobilisiert wurden, bedeutet nicht, dass sie alle nach
       Gaza geschickt werden. Ein Teil wird Israels Grenzen bewachen müssen, vor
       allem die Grenzen nach Ägypten. Davon abgesehen muss sich die militärische
       Hamasführung nicht fürchten. Sie wird genau das tun, was sie beim letzten
       Mal getan hat, nämlich abtauchen, was zur Folge hatte, dass die Armee nicht
       die Hamasaktivisten tötete, sondern unschuldige Zivilisten.
       
       Wie sehen Sie die Entwicklungen in den kommenden Tagen? 
       
       Meiner Meinung nach werden die Verhandlungen, die Israel mit Vermittlung
       der Ägypter und vielleicht der Europäer indirekt mit der Hamas führt, einen
       Waffenstillstand ergeben, der uns mehr oder weniger die Situation bringt,
       die schon vor Beginn der Operation bestand. Einziger Unterschied ist
       vielleicht ein Legitimitätszuwachs für die Hamas – und damit die
       Möglichkeit besserer Absprachen an den Grenzübergängen.
       
       20 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
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