# taz.de -- Gesetz zur Beschneidung: Nach den Regeln der Kunst
       
       > Der Bundestag hat mit selten großer Mehrheit für ein neues Gesetz
       > gestimmt, das die Beschneidungen von Jungen aus religiösen Gründen von
       > Geburt an erlaubt.
       
 (IMG) Bild: Dafür. Kanzlerin Merkel und andere Abgeordnete im Bundestag.
       
       BERLIN taz | „Unerfreulich“ nannte der SPD-Fraktionsvorsitzende
       Frank-Walter Steinmeier die zahlreichen E-Mails, die seine Fraktion in den
       letzten Monaten erhalten habe. Einerseits sei da von „Kinderschändern“ die
       Rede gewesen, auf der anderen Seite von Antisemitismus. „Beide Vorwürfe
       sind völlig unangemessen“, stellte Steinmeier am Mittwoch im Bundestag
       klar.
       
       Es war eine bemerkenswert sachliche Debatte nach all der Aufgeregtheit,
       seit das Kölner Landgericht im Juni die Beschneidung von Jungs aus
       religiösen Gründen als Körperverletzung gewertet hatte. Es ging um die
       Abwägung zwischen Kinderschutz, elterlichem Erziehungsrecht und
       Religionsfreiheit. Und es gab Raum für Zwischentöne: Die Grünen-Chefin
       Renate Künast etwa sprach von „Zweifeln“, denn gerade ihre Partei und die
       SPD zeigten sich in dieser Frage gespalten. Am Ende aber entschied sich der
       Bundestag mit einer klaren Mehrheit von 434 Stimmen – bei 46 Enthaltungen
       und 100 Gegenstimmen – für den Entwurf der Regierung.
       
       Das neue Beschneidungsgesetz sieht vor, dass Eltern ihren Sohn auch ohne
       medizinische Notwendigkeit beschneiden lassen dürfen, wenn der Eingriff
       „nach den Regeln der ärztlichen Kunst“ erfolgt. In den ersten sechs
       Lebensmonaten sollen Säuglinge statt von Ärzten auch, wie im Judentum
       üblich, von medizinisch und religiös ausgebildeten Beschneidern, den
       Mohelim, beschnitten werden dürfen.
       
       Für einen Alternativentwurf warfen sich die fränkische SPD-Abgeordnete
       Marlene Rupprecht und Katja Keul von den Grünen in die Bresche. Sie wollten
       Beschneidungen aus religiösen Gründen erst ab 14 Jahren erlauben –
       durchgeführt von einem Arzt und unter Narkose. Für Juden, die eine
       Beschneidung durch einen religiös ausgebildeten Beschneider nach acht Tagen
       für unabdingbar halten, wären das gleich drei Zumutungen.
       
       ## Frist oder nicht?
       
       Um die Frage, welche Konsequenzen eine solche Regelung hatte, entspann sich
       ein Streit. „Niemand hat verlangt, Eltern die Staatsanwaltschaft ins Haus
       zu schicken“, nahm Katja Keul ihren Gegenentwurf in Schutz. Man könnte es
       ja wie bei Abtreibungen halten, die unter bestimmten Umständen
       rechtswidrig, aber nicht strafbar seien.
       
       Ein anderer Streit drehte sich um die Frage, ob eine Frist von sechs
       Monaten, wie sie das Gesetz jetzt vorsieht, für jüdische Beschneidungen
       notwendig ist. Abgeordnete von Grünen und SPD sprachen sich für kürzere
       Fristen aus, fanden aber ebenfalls keine Mehrheit.
       
       Die Beschneidungskritikerinnen hoffen, dass die Diskussion dennoch
       weitergeht. Diana Golze von der Linkspartei wünschte sich, dass „die jungen
       Männer, die davon betroffen sind, die Kraft besitzen, die Debatte in die
       Gesellschaft und ihre Religionsgemeinschaften zu tragen“.
       
       12 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
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