# taz.de -- Sanierung von Wohnraum: Mit Gesetzen gegen Luxus
       
       > Kein Innenkamin, keine Fußbodenheizung: Mit Milieuschutz sollen
       > Luxusmodernisierungen verhindert werden. Doch das gelingt nicht in jedem
       > Fall.
       
 (IMG) Bild: Wozu noch Luxussanierung? Ist doch alles da, was man zum Leben braucht.
       
       BERLIN taz | Der Eigentümer hatte Luxuriöses vor: 140 Quadratmeter Wohnraum
       sollte das Dachgeschoss bieten, mit großzügigem Grundriss, breiter Terrasse
       und behaglichem Kamin. Doch das Vorhaben in einem Kiez, in dem junge
       Familien bereits 42 Prozent ihres Einkommens für die Wohnkosten aufwenden,
       wurde nicht genehmigt. Im Stadtteil St. Georg in Hamburg gilt Milieuschutz:
       Untersagt werden unter anderem „Maßnahmen, die geeignet sind, zur
       Verdrängung der Bewohner beizutragen“. Das berichtet Ursula Groß,
       Stadtplanerin im Bezirk Hamburg-Mitte.
       
       Laut Paragraf 172 des Baugesetzbuches, der sogenannten Erhaltungssatzung,
       können Gemeinden Umbaugenehmigungen versagen, wenn der Erhalt der
       „Zusammensetzung der Wohnbevölkerung“ gefährdet ist. Dieser sogenannte
       Milieuschutz gewinnt anlässlich der Gentrifizierungsdebatte wieder an
       Bedeutung.
       
       Doch es gibt juristische Probleme. Jens-Holger Kirchner (Grüne),
       Stadtentwicklungsstadtrat in Berlin-Pankow, wagt sich in Sachen
       Milieuschutz besonders weit vor. Kirchner erließ unlängst konkrete
       Prüfkriterien, wonach in bestimmten Quartieren im begehrten Stadtteil
       Prenzlauer Berg der Einbau von Innenkaminen, Fußbodenheizungen, zweiten
       Bädern und der Anbau eines zweites Balkons nicht mehr genehmigungsfähig
       sind. Auch die Zusammenlegung von Wohnungen zu größeren Wohnungen wird
       untersagt. „Wir wollen damit Luxusmodernisierungen unterbinden“, meint
       Kirchner zur taz.
       
       Die Immobilienwirtschaft setzt nun auf die Gerichte. „Das
       Verwaltungsgericht wird das Verbot von Innenkaminen und Fußbodenheizungen
       kassieren“, sagt Dieter Blümmel vom Berliner Dachverband Haus & Grund. Dass
       kleinere Wohnungen nicht mehr zu größeren Wohnungen zusammengelegt werden
       können, übersteige zudem die Kompetenzen der Erhaltungssatzung, glaubt
       Blümmel.
       
       ## Was steht unter Luxusverdacht?
       
       Die Frage, welche Modernisierung die laut Paragraf 172 „zeitgemäße
       Ausstattung“ einer „durchschnittlichen Wohnung“ übersteige und daher in
       Luxusverdacht gerate, ist in der Tat nicht so einfach zu sagen. Erst
       kürzlich urteilte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg nach langem
       Hin und Her, dass der Einbau von Aufzügen etwa grundsätzlich zu genehmigen
       sei.
       
       Zudem gibt es regionale Unterschiede. In den 14 Erhaltungsgebieten in
       München mit rund 170.000 EinwohnerInnen gelten etwa ein „Wellnessbereich
       mit Schwimmbad“, eine „Video-Gegensprechanlage“ und „Balkone über acht
       Quadratmeter“ als Luxus, so eine Dokumentation der Münchner
       Stadtentwickler. In Hamburg sind den Planern schon Aufzüge, die nicht
       barrierefrei, sondern nur über Stufen zu erreichen sind, ein Dorn im Auge.
       
       Damit eine Gemeinde die Erhaltungssatzung überhaupt anwenden darf, müssen
       Gutachter zuvor feststellen, dass in einem Wohngebiet ein hoher
       Aufwertungsdruck herrscht.
       
       In Hamburg-Wilhelmsburg beispielsweise kamen die Prüfer zu dem Ergebnis,
       dass ein „Verdrängungsdruck“ „nicht vorhanden“ sei. Damit dürfen sich die
       Planer hier nicht auf den Milieuschutz berufen. In St. Pauli und St. Georg
       in Hamburg seien seit Anwendung der Erhaltungsverordnung nur noch in einem
       Fall Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt worden, berichtet Groß.
       
       ## Weitere Änderungen im Mietrecht notwendig
       
       In München müssen sich in den Erhaltungsgebieten Käufer, die eine Immobilie
       erwerben, dazu verpflichten, dass sie in den ersten sieben Jahren die
       Wohnung nur den Mietern zum Kauf anbieten. Andernfalls macht die Stadt von
       ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch. Mit ähnlichen Verfahren will auch Stadtrat
       Kirchner in Berlin-Pankow Umwandlungen und die Spekulation mit
       Eigentumswohnungen verhindern.
       
       Um die Wohnkosten bundesweit einzudämmen seien aber zusätzlich Änderungen
       des Mietrechts notwendig, sagt Daniela Wagner, baupolitische Sprecherin der
       Grünen im Bundestag. Die Grünen und auch die SPD fordern eine Begrenzung
       der Neuvertragsmieten vor allem in Gebieten mit nachweisbarem
       Wohnraummangel, sodass sie höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen
       Vergleichsmiete liegen.
       
       16 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Dribbusch
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