# taz.de -- Berlinale-Tipps der taz-Autoren: Worauf wir uns am meisten freuen
       
       > Jedes Jahr dasselbe Chaos: Es gibt so viele Events und Vorführungen, dass
       > man gar nicht mehr weiß wohin. Unsere Filmexperten helfen mit
       > Empfehlungen.
       
 (IMG) Bild: Shane Carruths Trip: „Upstream Color“
       
       ## Beherzte Aschenputteligkeit
       
       Wenn „Girls“-Erfinderin Lena Dunham das It-Girl aller
       Twentysomething-Großstädterinnen zwischen Dauerpraktikum und
       Beziehungsstress ist, dann darf man Greta Gerwig als Klassensprecherin
       ihrer prekären Generation guten Gewissens eine beherzte Aschenputteligkeit
       attestieren. Kein weiblicher Körper im aktuellen US-amerikanischen Kino
       bringt awkwardness, eines dieser tollen englischen Worte, dessen suggestive
       Nuancen sich unmöglich in die deutsche Sprache übersetzen lassen, so
       geistesgegenwärtig wie Gerwig zum Ausdruck. Gerwig schafft es, ein diffuses
       soziales Unbehagen mit unverrückbarer Autorität zu verkörpern. Darum darf
       man sich dieses Jahr besonders auf ihre Tanzeinlagen in Noah Baumbachs
       Nouvelle-Vague-Hommage [1][„Frances Ha“] freuen. Poetry in Motion. ANDREAS
       BUSCHE 
       
       ## Was passierte nach Sunrise und Sunset?
       
       Mit Trilogien ist es ja so eine Sache: Der dritte Teil scheint dazu
       prädestiniert, zu enttäuschen. Nun lässt sich Richard Linklaters
       „Before“-Reihe allenfalls augenzwinkernd mit dem „Herrn der Ringe“ oder
       Nolans „Dark Knight“-Serie vergleichen, was die Hoffnungen für [2][„Before
       Midnight“] eben um so größer werden lässt. 1995 sind sie sich in „Before
       Sunrise“ bzw. einem Zug nach Wien zum ersten Mal begegnet und haben die
       Nacht durchgequatscht: Celine (Julie Delpy) und Jesse (Ethan Hawke), erst
       neun Jahre später in Paris, beziehungsweise „Before Sunset“ haben sie sich
       wiedergesehen. Beide Male haben sie uns, den Zuschauer, anschließend mit
       der quälenden Frage zurückgelassen: Wie geht es weiter? Und „Before
       Midnight“ liefert nun endlich eine Antwort. Es ist, als würde das Leben,
       das man selbst nicht gelebt hat, wenigstens für neunzig Minuten auf der
       Leinwand erlebbar. BARBARA SCHWEIZERHOF 
       
       ## Alleskönner mit Soloshow
       
       James Franco kann alles. Er ist Schauspieler, Regisseur, Autor, Musiker und
       vor allem auch Künstler. Das nervt zwar, ist aber zur gleichen Zeit
       unglaublich spannend. Zur Berlinale zeigt die Galerie Peres Projects
       Francos Solo-Show [3][„Gay Town“], in welcher er mit Themen wie Pubertät,
       Öffentlichkeit/Privatsphäre und Stereotypen spielt. Viele seiner Arbeiten
       sind unterwegs entstanden, in Hotelzimmern oder anderen temporären Orten.
       Neben seiner Kunst ist der 34-Jährige auch mit drei Filmen im
       Panorama-Programm der Berlinale vertreten – „Interior. Leather Bar“,
       „Lovelace“ und „Maladies“. ENRICO IPPOLITO 
       
       ## Bewusstseinserweiterungen und Verwandlungen
       
       Vor neuen Jahren hat Shane Carruth mit seinem Debütfilm „Primer“ manchen
       verwirrt und viele begeistert. Vier Tech-Nerds erfinden in ihrer Garage
       eher aus Versehen eine Zeitmaschine. Daraus machte Carruth eine
       Mikrobeobachtung zu Rissen in Raum, Zeit und Psyche. Jetzt ist im Panorama
       Carruths zweiter Film, [4][„Upstream Color“], zu sehen. Hier wird die
       Protagonistin womöglich zur Pflanze, wirklich Eindeutiges ist selbst von
       den Fans des Films, der schon in Sundance lief, nicht zu erfahren. Klingt
       jedenfalls nach einem ziemlichen Trip, einem Werk, das eine Erfahrung ist
       und sich der Beschreibung entzieht. EKKEHARD KNÖRER 
       
       ## Clips aus 36 Meisterwerken
       
       Ich freue mich darauf, am Sonntag, den 10. Februar – etwas abseits des
       Potsdamer Platzes und der Berlinale, aber dann doch nicht zu weit entfernt
       – in der Galerie Nolan Judin erstmals die Videoinstallation
       [5][„Magnificent Obsession – The Love Affaire Between Movies and
       Literature“] (2011/2012) des Schweizer Cinéasten und Künstlers Matthias
       Brunner zu sehen. Die Einladung verspricht eine sinnreiche und sinnliche
       Kompilation von Clips aus 36 Meisterwerken des europäischen und
       amerikanischen Kinos der 50er- und 60er-Jahre in Vierfachprojektion, wobei
       die glorreiche Nouvelle Vague das Herz der Installation ist, die damit auch
       mein Herz hat. BRIGITTE WERNEBURG 
       
       ## Jafar Panahi dreht weiter
       
       Der iranische Regisseur Jafar Panahi darf keine Filme drehen, es ist ihm
       per Gerichtsurteil untersagt. Er tut es – mit Hilfe von Ko-Regisseuren –
       trotzdem. 2011 lief „Dies ist kein Film“ in Cannes, eine Arbeit, in der er
       seine eigene Situation reflektierte, das drohende Berufsverbot, die
       mögliche Haftstrafe. Das war noch vor dem Berufungsverfahren, inzwischen
       ist das harsche Urteil gegen ihn bestätigt. Mit [6][„Pardé“] nimmt er
       dennoch am Wettbewerb der Berlinale teil. Und auch diesmal wird der Film
       widerspiegeln, in welcher prekären Lage Panahi sich befindet: Die beiden
       Hauptfiguren werden gesucht und verstecken sich in einem Haus am Meer. Als
       dritte Figur tritt ihnen der Regisseur selbst entgegen. CRISTINA NORD 
       
       ## Im Hellen von den Großen lernen
       
       Die Berlinale ist immer auch eine Prüfung. Spätestens ab Mittwoch schleppt
       man sich tagsüber wie ein von ew’ger Nacht umwölkter Polarkreisbewohner von
       Kinosaal zu Kinosaal, nur damit sich nachts die Bilder zu grotesken
       Genremixes vermischen können. Um dem Realitätsverlust entgegenzuwirken, ist
       es empfehlenswert, zwischendrin ein paar Veranstaltungen des [7][Berlinale
       Talent Campus] einzuschieben. Die finden (meist) im Hellen statt und sind
       mit echten Menschen. In diesem Jahr sprechen Hochkaräter wie Ken Loach oder
       Jane Campion über ihr Schaffen. Und ein Panel (HAU1, 13.2., 20 Uhr) ist dem
       großen, im Jahr 2012 verstorbenen Chris Marker gewidmet. Hingehen! ANDREAS
       RESCH
       
       6 Feb 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.berlinale.de/en/programm/berlinale_programm/datenblatt.php?film_id=20133801
 (DIR) [2] http://www.berlinale.de/en/programm/berlinale_programm/datenblatt.php?film_id=20138159
 (DIR) [3] http://www.peresprojects.com/exhibit-press/335/
 (DIR) [4] http://www.berlinale.de/en/programm/berlinale_programm/datenblatt.php?film_id=20132176
 (DIR) [5] http://www.nolan-judin.de/ausstellungen/2013/matthias-brunner/ueber.html
 (DIR) [6] http://www.berlinale.de/en/programm/berlinale_programm/datenblatt.php?film_id=20137882
 (DIR) [7] http://www.berlinale-talentcampus.de/
       
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