# taz.de -- Arte-Serie „Injustice“: Naiv im Nebel
       
       > Artes neue Krimireihe „Injustice – Unrecht“ macht es dem Zuschauer nicht
       > leicht: Der Plot ist schwierig, das Verständnis vom Rechtsstaat
       > merkwürdig.
       
 (IMG) Bild: Inspector Mark Wenborn (Charlie Creed-Miles, r.) und Sergeant NickTaylor (Obi Abili).
       
       Gleich mal vorab: Der englische Krimi-Fünfteiler „Injustice – Unrecht!“ hat
       ein Problem. Nämlich Spannung immer wieder über den Informationsrückstand
       des Zuschauers erzeugen zu wollen – was damit ein bisschen so wirkt, als
       schalte man sich etwa bei Folge 150 in eine Soap ein und müsste nun das
       Beziehungsgeflecht der Figuren nach und nach rekonstruieren.
       
       Da ist also dieser clevere Anwalt William Travers (James Purefoy) in der
       englischen Provinz, der mal ein wahnsinnig erfolgreicher Anwalt in London
       war. Da sind seine Ehefrau (Dervla Kirwan) und der neue Mandant (Nathaniel
       Parker) unter Mordverdacht und irgendein Dreiecksverhältnis, in das die
       drei vor 20 Jahren verstrickt waren. Da sind ein explodierendes Auto, ein
       zweiter Mord an einem Tierschützer und dann auch noch dieser kleine Junge,
       der dem Anwalt immer wieder erscheint, der aber wohl tot ist.
       
       So viel Exposition, so viel Nebel, das braucht Zeit. Der Zuschauer erfährt
       nicht vor dem Ende der ersten Folge, dass es der Anwalt war, der den
       Tierschützer getötet hat, aber es dauert bis zum Ende der dritten Folge,
       bis man den ziemlich absurden Grund dafür wissen darf. Und der kann hier,
       um der Spannung willen, auch nicht verschwiegen werden. Denn er hängt
       unmittelbar mit einem zweiten Problem dieser Miniserie zusammen.
       
       ## Was ist Recht? Was Unrecht?
       
       Der Tierschützer war einmal Mandant des Anwalts. Er hatte sich von dem
       Anwalt rauspauken lassen und ihm dann gesagt, dass er den kleinen Jungen
       doch umgebracht hat. Der Anwalt hatte sich deshalb auf den Mandanten
       gestürzt und einen Nervenzusammenbruch erlitten – und der Zusammenbruch,
       erfährt der Zuschauer endlich, ist denn auch der Grund für Travers’ Flucht
       in die beschauliche Provinz .
       
       „Injustice“ stellt nicht nur die Frage nach Recht und Gerechtigkeit – die
       Serie inszeniert das Dilemma, in dem sich Travers befindet. Denn „Wie
       können Sie mit Sicherheit wissen, ob ihr Mandant Ihnen die Wahrheit sagt?“,
       fragt Arte in der Pressemappe. Nur: Was für ein bestenfalls naives
       Verständnis von einem rechtsstaatlichen Strafverfahren kommt denn da zum
       Ausdruck?
       
       ## Das Dilemma des Strafverteidigers
       
       Das englische System des Common Law mag sich vom hiesigen Recht deutlich
       unterscheiden. Doch hier wie dort hängt das Recht auf eine qualifizierte
       Verteidigung natürlich nicht von der Unschuld des Beschuldigten ab;
       verdient auch der vom Anwalt als schuldig erkannte Mandant die beste
       Verteidigung. Und der Angeklagte kann vor Gericht ungestraft lügen – der
       Verteidiger darf die Wahrheitsfindung nicht erschweren.
       
       Das beschworene „Dilemma“ des Verteidigers ist damit ungefähr so fiktiv wie
       der Erfolgsanwalt im Film.
       
       7.2.2012, 20.15 Uhr, Arte: „Injustice - Unrecht“ (Folgen 1 bis 3)
       
       7 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jens Müller
       
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