# taz.de -- Internationaler Strafgerichtshof: Gbagbo tritt vor seine Richter
       
       > In Den Haag beginnt das Vorverfahren gegen den Ex-Präsidenten der
       > Elfenbeinküste. Es geht um „indirekte Mittäterschaft“ an
       > Kriegsverbrechen.
       
 (IMG) Bild: Dürfte nicht ungeschoren davonkommen: Ivorischer Expräsident Gbagbo heute bei der Eröffnung des Vorverfahrens
       
       BERLIN taz | Zum ersten Mal in seiner über zehnjährigen Geschichte hat der
       Internationale Strafgerichtshof in Den Haag ein Vorverfahren gegen ein
       ehemaliges Staatsoberhaupt begonnen. Laurent Gbagbo, Präsident der
       Elfenbeinküste von 2002 bis 2011, wird der „indirekten Mittäterschaft“ an
       Mord, Vergewaltigung, unmenschlichen Handlungen und Verfolgung inden
       Monaten nach den Präsidentschaftswahlen vom 28. November 2010 beschuldigt.
       
       Damals erkannte Gbagbo seine Wahlniederlage gegen den heutigen Präsidenten
       Alassane Ouattara nicht an. Er ging gegen Ouattaras Anhänger mit Gewalt
       vor, bis er am 11. April 2011 von Ouattara-treuen Rebellen mit
       Unterstützung französischer Truppen im Keller seines Präsidentenpalastes in
       Abidjan festgenommen wurde. Tausende von Menschen waren zwischenzeitlich
       getötet worden.
       
       Die Anklage wirft den „Pro-Gbagbo-Kräften“ vor, zwischen dem 28. November
       2010 und dem 8. Mai 2011 zwischen 706 und 1.059 Menschen getötet, über 25
       vergewaltigt, mindestens 520 wahllos verhaftet und 90 misshandelt zu haben.
       Noch nach Gbagbos Verhaftung hätten Gbagbo-treue Milizen aus liberianischen
       Söldnern bis zum 8. Mai 120 bis 220 Zivilisten umgebracht.
       
       Die Anklageschrift hebt vier Vorfälle besonders hervor: Angriffe auf
       Demonstranten mit mindestens 41 Toten vom 16. bis 19. Dezember 2010;
       Beschuss einer Frauendemonstration im Abidjaner Stadtteil Abobo am 3. März
       2011 mit mindestens 7 Toten; Beschuss des Marktes Abobo am 17. März mit
       über 25 Toten; Massaker an mindestens 80 Zivilisten im Stadtteil Yopougon
       am 12. April, dem Tag nach Gbagbos Verhaftung.
       
       ## 
       
       Es habe dafür einen „gemeinsamen Plan zwischen Gbagbo und seinem engsten
       Umfeld“ gegeben, der „von einer organisierten Struktur aus den
       Streitkräften mit Verstärkung durch Jugendmilizionäre und Söldner umgesetzt
       wurde“. So seien in Abidjan Angehörige „oppositioneller“ Ethnien durch
       Markierungen an Häuserwänden zwecks späterer Angriffe identifiziert worden
       – „D für Dioula, B für Baoulé, mit weißer Kreide, oder mit schwarzen
       Kreuzen“.
       
       Zum „engsten Umfeld“ gehörten laut Anklage Gbagbos Ehefrau Simone Gbagbo
       sowie Jugendminister Charles Blé Goudé. Beide sitzen derzeit in der
       Elfenbeinküste in Haft.
       
       ## Zuständigkeit des Strafgerichtshofs erweitert
       
       Gbagbo war nach seiner Verhaftung im April zunächst unter Hausarrest
       gestellt worden. Am 29. November 2011, ein Jahr nach der umstrittenen Wahl,
       wurde er ohne Vorwarnung nach Den Haag ausgeflogen. Das Vorverfahren, das
       die Stichhaltigkeit der Anklage zwecks Zulassung der Hauptverhandlung
       prüft, hätte eigentlich schon am 18. Juni 2012 beginnen sollen, wurde aber
       dann auf Bitten der Verteidigung mehrmals verschoben.
       
       Auch die Anklageschrift ist zwischenzeitlich erweitert worden, nachdem die
       Richter ihre Zuständigkeit auf die gesamte Zeit des ivorischen
       Bürgerkrieges ab 2002 ausweiteten. Die aktuelle Version sollte erst im
       Vorverfahren vorgestellt werden.
       
       Die Verteidigung versucht seit Beginn, den Fortgang des Verfahrens
       aufzuhalten. Erst sollte es aus Gesundheitsgründen ausgesetzt werden, dann
       wurde die Zuständigkeit des Strafgerichtshofs angefochten. Dann klagte die
       Verteidigung über zu wenig Zeit zur Einsicht in die Beweismittel. Am 7.
       Februar beantragte sie die Verschiebung des Vorverfahrens, am 15. Februar
       die komplette Aufhebung des Verfahrens und die sofortige Freilassung ihres
       Mandanten.
       
       Das Vorverfahren sollte heute Nachmittag um 14.30 Uhr beginnen und täglich
       nachmittags fortgesetzt werden. Vertreter von Opfern dürfen teilnehmen.
       Zeugenvernehmungen sind nicht vorgesehen.
       
       19 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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