# taz.de -- Prozess gegen Wohnungskündigung: Ein Raucher wehrt sich
       
       > Weil ein Rentner nach Angaben seiner Vermieterin mit seinem Qualm andere
       > Mieter belästigt, soll er seine Wohnung verlieren.
       
 (IMG) Bild: Hauptsache, es qualmt: Friedhelm Adolfs in seiner Wohnung.
       
       DÜSSELDORF taz | Friedhelm Adolfs genießt die Aufmerksamkeit. Lächelnd
       steht er vor dem Düsseldorfer Justizzentrum. Und raucht. Was sonst? Jedes
       Mal , wenn der 75-jährige Rentner Qualm ausstößt, klicken die Kameras. „Wir
       können uns doch nicht alles verbieten lassen“, sagt er. „Wir“ – das sind
       die Raucher dieser Republik.
       
       Für sie steht Adolfs an diesem Mittwochvormittag vor Gericht. Jedenfalls
       ist er davon überzeugt. „Wir müssen alle zusammenhalten“, sagt Adolfs. „Ich
       will mal hoffen, dass es gut ausgeht für uns Raucher.“
       
       Wenn es schlecht ausgeht, verliert Adolfs die Wohnung, in der er seit
       vierzig Jahren wohnt. Seine Vermieterin hat eine „Räumungsklage aufgrund
       einer fristlosen verhaltensbedingten Kündigung“ eingereicht, wie es Richter
       Tobias Rundel juristisch korrekt formuliert. Dass ein Zivilprozess, wie er
       am Düsseldorfer Amtsgericht alle Tage vorkommt, für so ein Medieninteresse
       sorgt, ist der akkurat gescheitelte Richter nicht gewöhnt.
       
       Es ist die Begründung der Räumungsklage, die bundesweit für Aufregung
       sorgt: Friedhelm Adolfs rauche zu viel und lüfte zu wenig. Der frühere
       Hausmeister habe „die Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs und das Gebot
       der gegenseitigen Rücksichtnahme“ erheblich überschritten, weil seit
       eineinhalb Jahren aus seiner Wohnung „permanent ein im gesamten Treppenhaus
       wahrnehmbarer unerträglicher und gesundheitsschädlicher Zigarettenrauch
       herausströmt“, lässt die Vermieterin Brunhilde L. über ihre Anwältin
       Vanessa Griesel mitteilen.
       
       ## Angegilbter Vollbart
       
       Der Grund dafür sei, dass seine Fenster ständig geschlossen seien, die
       Aschenbecher nicht entleert würden und „aus den an der Innentür der Wohnung
       hängenden Anziehsachen ständig kalter Rauch herausströmt“. Auf Beschwerden
       habe er nicht reagiert.
       
       Adolfs bestreitet die Vorwürfe. Er würde ausreichend lüften, sein Fenster
       sei ständig gekippt, beteuert der hagere Mann mit dem angegilbten grauen
       Vollbart. Dass er ein starker Raucher ist, bestreitet Adolfs nicht. Aber
       das sei er schon immer gewesen. Bis zum Tod seiner Frau vor wenigen Jahren
       hätten sie sogar gemeinsam kräftig in der kleinen Parterrewohnung gequalmt,
       ohne dass sich jemand daran gestört hätte.
       
       Adolfs vermutet einen ganz anderen Hintergrund für die Kündigung: Er solle
       entmietet werden, um Platz für Büroraum zu machen. Außer ihm wohnt nur noch
       eine andere Mietpartei in dem fünfgeschossigen Haus, der Rest besteht
       bereits aus Büros. Für seine 42 Quadratmeter zahlt Adolfs 250 Euro Miete
       plus 100 Euro Nebenkosten. So günstig dürfte er kaum ein neues Zuhause
       finden: Auf der Liste der Städte mit den höchsten Mietpreisen in
       Deutschland liegt Düsseldorf auf Platz 5.
       
       ## Zwei Mieteinheiten leer
       
       Anwältin Griesel widerspricht: Adolfs Spekulation entbehre „jeglicher
       Grundlage“. Ihre Mandantin sei „vielmehr zum Schutz der übrigen Mieter zu
       einem Eingreifen verpflichtet“. Andere Mieter hätten sich über den
       Zigarettenrauch im Treppenhaus beschwert und selbst mit Kündigung gedroht.
       Zwei Mieteinheiten stünden „bereits leer und eine Neuvermietung als Wohnung
       oder Büro gestaltet sich als schwierig“.
       
       Was auch immer stimmt: Angesichts der aufgeheizten Diskussion um den
       Nichtraucherschutz hat der Fall längst Symbolcharakter. Daran hat
       Amtsrichter Rundel eine entscheidenden Anteil. Er hatte Anfang Juli Adolfs
       Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Angesichts „der veränderten
       Beurteilung der Gefahren des Passivrauchens“ halte er die Kündigung für
       berechtigt. Doch die nächsthöhere Instanz kippte seine Entscheidung unter
       Berufung auf den Bundesgerichtshof, der Rauchen zum vertragsgemäßen
       Gebrauch der Mietsache zähle.
       
       Ob sich Richter Rundel von der Auffassung des Landgerichts beeindrucken
       lässt, ist ungewiss. Erst am 31. Juli will er mitteilen, ob er die Räumung
       der Wohnung anordnen, die Klage abweisen oder in die Beweisaufnahme
       einsteigen will. In der Verhandlung am Mittwoch lässt sich Rundel nicht
       anmerken, in welche Richtung seine Entscheidung gehen wird.
       
       Adolfs junge Anwältin Nina Plein sagt, sie könne sich „sehr gut vorstellen,
       dass der Richter bei seiner Meinung bleibt“. Klein beigeben will Friedhelm
       Adolf jedoch auf keinen Fall. Zur Not gehe er in die nächste Instanz. „Ich
       gebe nicht auf“, sagte er beim Verlassen des Gerichtsgebäudes. Dann zündete
       er sich erst mal eine Zigarette an.
       
       24 Jul 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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