# taz.de -- US-Geheimdienste und Abhöraffäre: „Totale Überprüfung“ der NSA
       
       > Obama erwägt, die Bespitzelung verbündeter Politiker zu beenden. Derweil
       > kündigt der US-Senat an, die Praxis der Geheimdienste genau zu
       > untersuchen.
       
 (IMG) Bild: Ein Foto aus besseren Tagen
       
       WASHINGTON afp/rtr/dpa | US-Präsident Barack Obama ist bereit, das
       Ausspähen verbündeter Staats- und Regierungschefs zu stoppen, berichtet die
       New York Times. Er reagiere damit auf die sich vertiefende diplomatische
       Krise wegen der Berichte über die jahrelange Überwachung des Handys von
       Bundeskanzlerin Angela Merkel, schrieb das Blatt am Dienstag unter Berufung
       auf Regierungsbeamte und Kongressabgeordnete.
       
       Das Weiße Haus habe zwar am Montagabend (Ortszeit) erklärt, dass mit Blick
       auf die Bespitzelung von Verbündeten durch den US-Geheimdienst NSA noch
       keine endgültige Entscheidung getroffen worden sei. Die Bereitschaft, dies
       zu verbieten, stelle aber einen grundlegenden Wandel der NSA-Aktivitäten
       dar.
       
       Der US-Senat will der Abhöraffäre um internationaler Spitzenpolitikern
       nachgehen. Die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses der Kongresskammer,
       Dianne Feinstein, kündigte am Montag eine „totale Überprüfung“ der Berichte
       an. Präsident Barack Obama sagte seinerseits, er habe eine Überprüfung
       angeordnet, da der Geheimdienst nicht alles tun solle, wozu er technisch
       fähig sei.
       
       „Es ist übermäßig klar, dass eine totale Überprüfung aller
       Geheimdienstprogramme notwendig ist“, erklärte Feinstein. Der
       Geheimdienstausschuss des Senats sei „nicht zufriedenstellend“ über
       „bestimmte Überwachungsaktivitäten“ informiert worden. „Der Kongress muss
       genau wissen, was unsere Geheimdienste machen“, sagte die einflussreiche
       demokratische Senatorin. Die Überwachung von Spitzenpolitiker aus
       verbündeten Staaten durch die NSA lehne sie „total ab“.
       
       ## Uninformierter Obama
       
       Diese Art der Überwachung sei nur gerechtfertigt, wenn die Beziehungen der
       USA zu einem Land von „Feindseligkeiten“ geprägt sei, sagte Feinstein. „Ich
       glaube nicht, dass die Vereinigten Staaten Telefonanrufe oder E-Mails
       befreundeter Präsidenten und Ministerpräsidenten sammeln sollte.“ Ihrem
       Verständnis nach wurde Merkels Mobiltelefon bereits seit 2002 überwacht. „
       wie ich das verstehe, wusste Präsident Obama nicht, dass die Kommunikation
       von Kanzlerin Merkel seit 2002 erfasst wurde.“
       
       Das Weiße Haus habe ihr auch versichert, dass die Überwachung verbündeter
       Regierungen nicht fortgesetzt werde, sagte Feinstein. Sie forderte, dass
       der Präsident künftig jeder Datensammlung dieser Art zustimmen müsse. Das
       Wall Street Journal hatte zuvor berichtet, Obama sei über die Überwachung
       Merkels und anderer Spitzenpolitiker nicht informiert gewesen. Als er im
       Sommer davon im Zuge einer internen Überprüfung erfuhr, habe er sie sofort
       stoppen lassen.
       
       Obama lehnte es in einem Interview mit dem Fernsehsender ABC ab, die
       Berichte über die Überwachung Merkels zu kommentieren. Er bestätigte aber,
       dass die Praktiken der Geheimdienste überprüft werden. In den vergangenen
       Jahren hätten sich die Fähigkeiten der Geheimdienste „weiter entwickelt und
       ausgedehnt“, sagte Obama. Er habe daher eine Überprüfung angeordnet, um
       sicherzugehen, dass die Geheimdienste nicht alles täten, wozu sie fähig
       sind.
       
       ## Sicherheitsinteressen und Datenschutzbedenken
       
       Obamas Sprecher Jay Carney hatte zuvor ebenfalls die Informationen des Wall
       Street Journal nicht bestätigen wollen, wonach der Präsident erst im Sommer
       von der Überwachung von etwa 35 internationalen Spitzenpolitikern erfuhr
       und diese Praktiken daraufhin stoppte. Carney bekräftigte lediglich, dass
       derzeit eine Überprüfung der Arbeit der Geheimdienste laufe, die bis
       Jahresende abgeschlossen sein werde. Dabei sollten Sicherheitsinteressen
       und Bedenken beim Datenschutz in Einklang gebracht werden.
       
       Am Montag begann eine Delegation des Europäischen Parlaments einen
       dreitägigen Besuch in Washington, um in der Spionageaffäre auf Aufklärung
       zu dringen. Noch in dieser Woche wird auch eine Delegation aus Deutschland
       in der US-Hauptstadt erwartet, um die jüngsten Spähvorwürfe anzusprechen.
       Die Gesandten, darunter Vertreter des Kanzleramtes sowie die Präsidenten
       des Bundesnachrichtendiensts und des Bundesamts für Verfassungsschutz,
       sollen auf die vollständige Beantwortung der Fragenkataloge dringen, die
       bereits vor Monaten an die US-Behörden geschickt worden waren.
       
       Der deutsche Europaabgeordnete Elmar Brok, Teil der Delegation in
       Washington, sagte: „Das Vertrauen ist weg“. Jetzt müsse hart daran
       gearbeitet werden, um es zwischen den Spitzenpolitikern und den Völkern
       wiederherzustellen.
       
       ## Syrer hacken Obama-Accounts
       
       Während die Politiker über Sicherheit und Geheimdienste diskutieren, wurden
       am Montag die offizielle Webseite, das Twitter-Konto und das
       Facebook-Profil Obamas kurzzeitig von Hackern geknackt. Zu der Attacke
       bekannte sich die „Syrian Electronic Army“ (SEA), die aus Unterstützern des
       syrischen Machthabers Baschar al-Assad bestehen soll.
       
       Die Aktion solle die weltweite Spionage des US-Geheimdienstes NSA
       vergelten, teilte die Gruppe auf Twitter mit. „Obama hat keine ethischen
       Bedenken dabei, die Welt auszuspionieren, also haben wir die Aufgabe
       übernommen, uns bei ihm zu revanchieren.“
       
       Die SEA veränderte die Links auf Obamas Twitter-Seite und leitete Besucher
       dadurch zu einem Video, das gewalttätige Szenen zeigt. Auch die Links auf
       Obamas offizieller Facebook-Seite führten kurzzeitig zu dem Video. Ein
       Mitarbeiter von Obamas Kampagnen-Team sagte der Huffington Post, dass die
       Gruppe nicht das Twitter-Konto geknackt, sondern sich lediglich Zugang zum
       Link-Verkürzer verschafft habe.
       
       Die SEA hatte sich bereits zu Attacken auf Twitter-Profile großer
       Medienunternehmen bekannt, darunter die Financial Times, der britische
       Sender BBC und die US-Nachrichtenagentur AP. Vor zwei Monaten bekannte sie
       sich auch zu einem Angriff auf die Seite der New York Times, deren
       Nachrichtenportal für mehrere Stunden nicht erreichbar war.
       
       29 Oct 2013
       
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