# taz.de -- BVerfG über Optionskommunen: Hartz IV selbst machen
       
       > Leverkusen will sich um seine ALG-II-Bezieher allein kümmern, ohne die
       > Arbeitsagentur. Jetzt muss das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
       
 (IMG) Bild: Das Urteil steht noch aus.
       
       KARLSRUHE taz | Sie wollen Arbeitslose allein betreuen, dürfen das aber
       nicht. Fünfzehn Landkreise und die Stadt Leverkusen haben deshalb beim
       Bundesverfassungsgericht geklagt, sie sehen ihre kommunalen Rechte
       verletzt. An diesem Mittwoch fand in Karlsruhe die mündliche Verhandlung
       statt.
       
       Durch die so genannte Hartz IV-Reform wurden Sozial- und Arbeitslosenhilfe
       zusammengelegt. Seit 2005 bekommen Langzeitarbeitslose in Jobcentern Hilfe
       aus einer Hand. In der Regel werden diese Jobcenter gemeinsam von Kommunen
       und Arbeitsagentur getragen.
       
       Viele Kommunen wollen die Arbeitslosen jedoch lieber allein betreuen, ohne
       sich mit der Arbeitsagentur abzustimmen. „Wir sind einfach schneller“,
       sagte Frank Stein, der Kämmerer von Leverkusen. „Wir haben die
       sozialarbeiterische Erfahrung, um mit den Betroffenen an ihren
       Vermittlungshindernissen zu arbeiten“, betonte Joachim Walter, der Landrat
       von Tübingen.
       
       In einem Modellversuch konnten ab 2005 zunächst 69 Städte und Landkreise
       die Betreuung der Hartz IV-Bezieher allein übernehmen. Das Modell bewährte
       sich, deshalb wurde 2010 die Zahl auf 110 so genannte Optionskommunen
       aufgestockt. Damit wird rund ein Viertel der Jobcenter von den Kommunen
       allein getragen.
       
       ## 33 Kommunen nachträglich als Optionskommune zulassen
       
       Mehr war politisch nicht durchsetzbar, weil die Arbeitsagentur weiter an
       der Betreuung der Langzeitarbeitslosen beteiligt sein wollte. Die Folge: 33
       Städte und Landkreise wurden nicht als Optionskommune ausgewählt. Fünfzehn
       von ihnen, darunter Leverkusen und die Landkreise Tübingen, Starnberg und
       Neuss, klagten.
       
       „Das Auswahlverfahren war objektiv willkürlich“, kritisierte Wolfgang Ewer,
       der Anwalt der klagenden Kommunen. Während in manchen Bundesländern jede
       Kommune zum Zug gekommen sei, gingen in Baden-Württemberg und
       Nordrhein-Westfalen wegen der vielen Bewerber viele Städte und Landkreise
       leer aus. Das Auswahlverfahren müsse allerdings nicht wiederholt werden.
       „Wir wollen niemand verdrängen“, betonte sein Kollege Hans-Günter Henneke.
       Es genüge, die noch interessierten 33 Kommunen nachträglich ebenfalls als
       Optionskommune zuzulassen. Die Richter zeigten sich jedoch skeptisch, ob
       dies möglich ist.
       
       Der Landkreis Südwestpfalz/Pirmasens, der bereits als Optionskommune
       zugelassen ist, klagte gegen einen anderen Punkt der Reform. Er stört sich
       daran, dass der Bund die Finanzen der Optionskommunen kontrolliert. „Wenn
       wir so etwas zulassen, hat das fundamentale Auswirkungen auf den
       Bundesstaat“, kritisierte Anwalt Ewer. Die Kommunen seien schließlich Teil
       der Bundesländer, eine direkte Kontrolle durch den Bund sei ein
       Systembruch.
       
       ## Anreize für sparsames Haushalten
       
       Die Bundesregierung will hierauf aber nicht verzichten. „Wir geben pro Jahr
       6,7 Milliarden Euro an die Optionskommunen, das ist ohne eine
       Finanzkontrolle unvorstellbar“, erklärte Arbeits-Staatssekretär Thorben
       Albrecht (SPD). Es müsse schließlich Anreize für sparsames Haushalten
       geben. Ein Finanzkontrolleur des Bundes berichtete zum Beispiel über eine
       Kommune, die dem dem Leiter des Jobcenters 200 000 Euro Jahresgehalt zahlen
       wollte. „Das haben wir beanstandet, seitdem wird wieder wie im öffentlichen
       Dienst bezahlt.“
       
       Eine Mitarbeiterin des Landkreistags monierte dagegen, dass der Bund
       innovative Programme, zum Beispiel Lohnkostenzuschüsse für alleinerziehende
       Migrantinnen in Teilzeitausbildung, erst im Nachhinein beanstande - wenn
       das Geld längst ausgegeben ist. Die Kommunen müssten dann dem Bund die
       Mittel zurückzahlen und blieben auf den Kosten sitzen.
       
       Das Urteil wird erst in einigen Monaten verkündet. Es dürfte wichtige
       Streitfragen bei der Kompetenzabgrenzung von Bund, Ländern und Kommunen
       klären. Für die Hartz IV-Bezieher wird es jedoch wohl keine direkten
       Auswirkungen haben.
       
       15 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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