# taz.de -- Kommentar Stromnetzausbau: Das Kohleschutzprogramm
       
       > Das Thema angeblich fehlender Übertragungsnetze für Strom wird von der
       > Regierung nur vorgeschoben. Tatsächlich hat es wenig mit Erneuerbaren zu
       > tun.
       
 (IMG) Bild: Strommasten in der Nähe Schwerins.
       
       Ausbaukorridor – ein Unwort, das die Politik im Zusammenhang mit den
       erneuerbaren Energien kreiert hat. Dahinter verbirgt sich beispielsweise,
       dass die Bundesregierung pro Jahr nur noch zwischen 2,5 und 3,5 Gigawatt an
       neuer Photovoltaik installiert sehen will. Nachdem über mehrere Jahre
       hinweg der Zubau bei sieben Gigawatt lag, ist das ein gehöriges
       Bremsmanöver. Und warum das Ganze? Der neue Ausbaukorridor für die
       Erneuerbaren, laut Koalitionsvertrag, „erlaubt eine bessere Verknüpfung mit
       dem Netzausbau“.
       
       Doch das Netzthema ist vorgeschoben; die Übertragungsnetze sind nur in
       seltenen Fällen der limitierende Faktor für den Ausbau der Erneuerbaren.
       Für die Photovoltaik zum Beispiel spielen die Hochspannungstrassen
       praktisch keine Rolle: Solarstrom fällt tagsüber an, wenn überall der
       Strombedarf am höchsten ist, und Solarstrom wird vor allem in
       Süddeutschland erzeugt, wo Städte und industrielle Großverbraucher die
       Energie zeitnah abnehmen.
       
       Dass Solarstrom über Hunderte von Kilometern abtransportiert werden muss,
       ist nicht absehbar. Hinzu kommt, dass die südlichen Bundesländer heute
       ohnehin Stromimporteure sind oder es mit Fortschreiten des Atomausstiegs
       sein werden. Das heißt: Jede neue Solarstromanlage im Süden reduziert den
       Bedarf an Fernleitungen. Das gilt für die Windkraft und die in
       Süddeutschland ebenfalls stark gefragte Bioenergie, die die Bundesregierung
       ebenfalls bremsen will.
       
       Das macht deutlich, dass fehlende Übertragungsnetze nie und nimmer als
       Argument taugen, den Ausbau der erneuerbaren Energien insgesamt zu bremsen.
       Lediglich die Windkraft an der Küste und auf See wird ohne neue Netze
       unmittelbar ans Limit kommen. So gesehen ist die gestern vorgestellte
       Trasse Südlink kein zwingendes Resultat der Energiewende insgesamt, sondern
       ein Resultat der Windkraftpläne im Norden.
       
       Wenn die Bundesregierung nun auch die dezentralen Energien bremst, sollte
       sie so ehrlich sein und ihren wahren Beweggrund nennen, anstatt fehlende
       Stromnetze vorzuschieben. Denn Tatsache ist: Je schneller die Erneuerbaren
       zukünftig ausgebaut werden, umso rapider wird der Niedergang der Kohle
       erfolgen. Deshalb ist das Bremsen der Erneuerbaren vor allem eines: ein
       Kohleschutzprogramm.
       
       5 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernward Janzing
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Erneuerbare Energien
 (DIR) Kohle
 (DIR) Energiewende
 (DIR) Strom
 (DIR) Netzausbau
 (DIR) Energiewende
 (DIR) EU-Kommission
 (DIR) Günther Oettinger
 (DIR) Robert Habeck
 (DIR) CO2-Emissionen
 (DIR) Koalitionsvertrag
 (DIR) Streitfrage
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Abgabe auf Solarstrom: Klage gegen EEG-Umlage
       
       Die Solarindustrie zieht vors Verfassungsgericht. Ihrer Ansicht nach
       verstößt die Ökostrom-Abgabe gegen das Gleichbehandlungsprinzip und
       belastet die Falschen.
       
 (DIR) EU-Pläne für erneuerbare Energien: „Totenschein für Bürgerprojekte“
       
       Die EU-Kommission will feste Vergütungen für erneuerbare Energien mit
       wenigen Ausnahmen als unzulässige Beihilfe einstufen. AKW's sollen besser
       fahren.
       
 (DIR) Streit um Ausbau von Stromtrassen: Oettinger rügt Seehofer
       
       Neue Stromleitungen sind „notwendig – und zwar sehr schnell“, sagt
       EU-Energiekommissar Oettinger. Er kritisiert die Antihaltung der
       bayerischen Regierung.
       
 (DIR) Eine Trasse für Deutschland: Ökostrom auf 800 Kilometer
       
       Zwei Netzbetreiber machen einen Vorschlag für den Verlauf der neuen Leitung
       für Windstrom von Nord nach Süd. Aber Seehofer will gar keine Trassen bauen
       lassen.
       
 (DIR) Pro & Contra Energiewende: Sabotiert die GroKo die Energiewende?
       
       Ja, denn das Klimaziel für Deutschland rückt mit den Beschlüssen der Großen
       Koalition in weite Ferne. Iwo, das ist alles sehr pragmatisch.
       
 (DIR) Energiepolitik im Koalitionsvertrag: Das Grummeln der Umweltpolitiker
       
       Wichtige Punkte der Energiepolitik wurden offenbar über Nacht aus dem
       Koalitionsvertrag gestrichen. Fachpolitiker aus Union und SPD sind
       verärgert.
       
 (DIR) Der sonntaz-Streit: „Deutschland droht kein Blackout“
       
       RWE-Chef Peter Terium hatte noch vor Blackouts in Europa gewarnt. Jetzt
       sagt er: Stromverbraucher in Deutschland müssen sich keine Sorgen machen.